Rn 63
Kondiktionsgegenstand ist wie bei § 812 I 1 Alt 1 das ›erlangte Etwas‹ (vgl Rn 28 ff). Der erlangte Vorteil geht allerdings nur dann iSd § 812 I 1 Alt 2 ›auf Kosten‹ des Bereicherungsgläubigers, wenn er unmittelbar aus dem unbefugten Eingriff in dessen geschützte Rechtsposition stammt (BGHZ 71, 86, 99; ähnl BGHZ 99, 385, 387 – Entreicherung und Bereicherung müssen auf ›demselben historischen Vorgang‹ beruhen). Insb der BGH hat gegen skeptische Stimmen in der Lit (MüKo/Schwab § 812 Rz 44; Koppensteiner/Kramer 86 f; wohl auch AnwK/v Sachsen Gessaphe § 812 Rz 87) immer wieder die eigenständige Bedeutung des Kriteriums der Unmittelbarkeit betont, um die Parteien der Nichtleistungskondiktion festlegen und den Kondiktionsanspruch des Bereicherungsgläubigers auf dasjenige beschränken zu können, was der vermeintliche Bereicherungsschuldner tatsächlich aus dessen Vermögen (und nicht von einem Dritten) erlangt hat (BGHZ 94, 160, 165; vgl auch BGHZ 99, 385, 390; zuletzt BGH BauR 02, 775, 779; zutr zur Bedeutung des Unmittelbarkeitskriteriums insb HP/Wendehorst § 812 Rz 133 f, 152 ff). Daran ist richtig, dass der aus dem Eingriff resultierende Vorteil nicht notwendig dem Eingreifenden zufließt (Schulbeispiel: Der Hausmeister verfeuert versehentlich fremde Kohle; die durch den Eingriff bedingte Bereicherung tritt – unmittelbar – beim Hauseigentümer ein), so dass dem Unmittelbarkeitsgedanken bei der Ermittlung des Bereicherungsschuldners Bedeutung zukommen kann. Des Weiteren lässt sich mit seiner Hilfe die Kondiktion von sog Reflexvorteilen vermeiden, wie sie bspw entstehen können, wenn ein Unternehmer bei der behördlichen Genehmigung eines Produktes davon profitiert, dass ein anderer Unternehmer im Zusammenhang mit der Genehmigung eines ähnlichen Produkts den erforderlichen Forschungsaufwand bereits betrieben hat (BGHZ 107, 117, 118 ff; vgl auch Karlsr NJW-RR 00, 1005, 1006 – Filmproduzent profitiert von der Schulung seiner Schauspieler durch einen Dritten; vgl auch BGH BauR 02, 775, 779).
Durch den erlangten Vorteil wird idR auch der Passivlegitimierte bei der Eingriffskondiktion bestimmt. Zu Schwierigkeiten hat dies in den Anweisungsfällen (s.u. Rn 85 ff) insb im Bankverkehr (s.u. Rn 91 ff) geführt, wenn durch eine unwirksame, eine widerrufene oder eine wegen Zuvielzahlung oder Doppelzahlung missglückte Anweisung der Empfänger des Geldes dieses nicht durch Leistung des Anweisenden erhalten hat. Hier muss der Bank (als dem Angewiesenen) ein Anspruch aus Nichtleistungskondiktion gegen den Zahlungsempfänger zustehen, weil jedenfalls seit der Umsetzung der ZahlungsdiensteRL durch § 675u eine Kondiktionssperre gegenüber dem (angeblich) Anweisenden eingetreten ist. Der BGH (BGHZ 176, 234) hat schon bisher dieses Ergebnis bejaht, allerdings bei Gutgläubigkeit des Zahlungsempfängers diesem Schutz gewährt.