Rn 99
Ähnl wie beim echten Vertrag zugunsten Dritter lässt sich der Bereicherungsausgleich nach Abtretung einer tatsächlich nicht bestehenden Forderung über eine Parallelwertung zu den Anweisungsfällen bewerkstelligen (so die hM BGH NJW 12, 3373 Rz 7 – Rückforderung überzahlter Abschleppkosten bei Zession an Abschleppunternehmen; NJW 05, 1369 – abgetretene Versicherungsleistung; BGHZ 122, 46, 52; 105, 365, 368 ff; Staud/Lorenz § 812 Rz 41 mwN; AnwK/v Sachsen Gessaphe § 812 Rz 160; Erman/Buck-Heeb § 812 Rz 36; Larenz/Canaris Schuldrecht BT II/2, § 70 V 1a; aA MüKo/Schwab § 812 Rz 209; Reuter/Martinek 489 ff mwN; Tiedtke WM 99, 517 – Leistungskondiktion Schuldner/Zessionar; vgl auch v Olshausen FS Eisenhardt, 277, 279). Denn ebenso wie beim echten Vertrag zugunsten Dritter will der Putativschuldner mit der Zahlung in erster Linie die aus dem fortbestehenden Rechtsverhältnis zu seinem Vertragspartner resultierende Verbindlichkeit erfüllen, so dass sich die Abtretung bei verständiger Wertung der Leistungsbeziehungen aus seiner Sicht idR als bloße Erfüllungsmodalidät erweist, die er auf Veranlassung des Zedenten zu berücksichtigen hat. Weil der Zedent seinerseits die Abtretung idR zur Erfüllung einer eigenen Verbindlichkeit ggü dem Zessionar vornimmt, ist es nicht zuletzt mit Blick auf die Regelung in § 404 gerechtfertigt, den Bereicherungsausgleich innerhalb der fehlerhaften Kausalbeziehungen vorzunehmen (so zuletzt grds BGH NJW 06, 1731 mwN). Besteht die abgetretene Forderung nicht, muss der Schuldner folglich beim Zedenten kondizieren (aA MüKo/Schwab § 812 Rz 208), der sich bei Mängeln im Valutaverhältnis an seinen Vertragspartner, den Zessionar halten muss. Demgegenüber kommt eine Direktkondiktion nach § 812 I 1 Alt 1 in Betracht, wenn der Schuldner im Einzelfall mit der Zuwendung auch im Verhältnis zum entspr informierten Zessionar einen eigenen Leistungszweck verfolgt (BGH NJW 05, 1356 [BGH 10.02.2005 - VII ZR 184/04] – Erwerber zahlt auf die vom Bauträger an die Bank abgetretene Forderung, um Freistellung von einer Globalgrundschuld zu erreichen; vgl auch BGH NJW 89, 161 [BGH 08.06.1988 - IVb ZR 51/87] – Direktkondiktion, wenn Schuldner auf Drängen des Zessionars mehr zahlt als geschuldet, ohne dass der Zedent Einfluss hierauf genommen hat; iE ebenso für die Konstellation, dass der Schuldner bei wirksamer Abtretung irrtümlich und ohne Veranlassung durch den Zedenten Zahlungen an den Zessionar auf andere, nicht abgetretene Forderungen des Zedenten erbringt: BGH NJW 06, 1731 [BGH 26.01.2006 - I ZR 89/03]; mit Recht krit zu dieser – allerdings iE zutreffenden – Entscheidung, weil es dort schlicht um fehlgeleitete Zahlungen und damit um eine condictio indebiti gem § 812 I 1 Alt 1 ging v Olshausen FS Eisenhardt, 277). Das ist iÜ auch dann der Fall, wenn der Schuldner einer tatsächlich nicht bestehenden Forderung an den pfändenden Vollstreckungsgläubiger zahlt, um dessen Einziehungsrecht zu entgehen, zumal dann eine den Durchgriff hindernde Anweisung des Vollstreckungsschuldners fehlt, an den Vollstreckungsgläubiger zu zahlen (BGHZ 82, 28, 31; NJW 02, 2871 mwN; zu den weiteren Besonderheiten bei der Forderungspfändung s AnwK/v Sachsen Gessaphe § 812 Rz 165f).
Rn 100
Ist die Abtretung unwirksam, so kann der Berechtigte (Zedent) gem § 816 II direkt vom Nichtberechtigten (Zessionar) kondizieren, wenn der Schuldner nach Maßgabe der Vorschriften in §§ 409, 408, 407 mit befreiender Wirkung an diesen gezahlt hat (iE § 816 Rn 18 f). Bei Zahlungen ohne befreiende Wirkung kommt es aus den bereits für den Bereicherungsausgleich bei widerrufener Anweisung für maßgeblich erachteten Erwägungen (s Rn 95 ff) grds darauf an, ob der vermeintliche Zedent den Rechtsschein einer wirksamen Abtretung – darin liegt der der Anweisung vergleichbare Akt – zurechenbar veranlasst hat (so zutr AnwK/v Sachsen Gessaphe § 812 Rz 164; Lorenz JuS 03, 842 f; vgl auch BGH NJW 06, 1731 [BGH 26.01.2006 - I ZR 89/03] – Zahlung an den vermeintlichen Zessionar auf tatsächlich nicht abgetretene Forderungen; aA v Olshausen FS Eisenhardt, 277, 285 ff). In der Praxis wird diese Differenzierung indes nur selten zum Tragen kommen, weil § 409 I für die wichtigsten Veranlassungstatbestände der Anzeige bzw urkundlichen Offenlegung mit den soeben aufgezeigten Konsequenzen für den Bereicherungsausgleich die befreiende Wirkung der Schuldnerzahlung anordnet. Deshalb sieht sich der Zessionar bei Zahlungen ohne Tilgungswirkung idR der Aufwendungskondiktion (iE Rn 66 ff) des Schuldners ausgesetzt (iE ebenso BGHZ 113, 62, 70; HP/Wendehorst § 812 Rz 260).