I. Verweisungen auf §§ 812 ff.
Rn 17
Der Bereicherungsanspruch ist zunächst Folge der der durch §§ 812 ff normierten Kondiktionstatbestände. Darüber hinaus verweist das Gesetz an zahlreichen Stellen auf das Bereicherungsrecht, zB in §§ 346 2, 516 II 3, 527 I, 528 I, 531 II, 547 I 2, 628 I 2, 682, 684 1, 852 1, 951, 977, 988, 993, 1301 1, 1390 I 1, 1973 II 1, 2021, 2196 I, 2287 I, 2329 I 1, ZPO § 717 III, WG Art 89, ScheckG Art 58, InsO 81, 143 II, 144 II, 183 II, AnfG § 11 II, ZVG § 50, VerlG § 37 2, PatG § 141 3, GebrMG § 15 III 2. Dabei handelt es sich immer dann und deshalb in aller Regel um Rechtsfolgenverweisungen, wenn sich der Verweisungsnorm unmittelbar die Anordnung des Bereicherungsausgleichs entnehmen lässt (Erman/Buck-Heeb Vor § 812 Rz 8; HP/Wendehorst Vor §§ 812 ff Rz 16f). Andernfalls liegt eine Rechtsgrundverweisung vor, so etwa in § 531 II (BGHZ 140, 275, 277; Staud/Lorenz Vor § 812 Rz 34; MüKo/Kollhosser § 531 Rz 3), § 951 I 1 (stRspr BGHZ 40, 272, 276; 55, 176, 177) und § 1301 (BGHZ 45, 258, 262 ff). Demgegenüber beinhaltet § 852 1 nach zutreffender, allerdings bestr Auffassung eine Rechtsfolgenverweisung (stRspr BGHZ 71, 86, 97 ff; 98, 77, 83 ff; HP/Wendehorst § 812 Rz 33; AnwK/v Sachsen Gessaphe Vor §§ 812 Rz 19; Erman/Buck-Heeb Vor § 812 Rz 8; aA Ebert, NJW 03, 3035, 3036 f [LG München I 25.02.2003 - 33 O 1562/03]; v Caemmerer FS Rabel I, 333, 394 ff).
Rn 18
Die Unterscheidung zwischen Rechtsfolgen- und Rechtsgrundverweisung ist bedeutsam. Denn die Annahme einer Rechtsfolgenverweisung führt in dem hier interessierenden Kontext dazu, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 812 nicht erfüllt sein müssen und dem Gläubiger ohne weiteres ein Bereicherungsanspruch nach Maßgabe der §§ 818 ff zusteht. Hinzu kommt, dass die Kondiktionssperren der §§ 814, 815, 817 2 nicht greifen (HP/Wendehorst § 812 Rz 33). In alledem tritt der Sinn und Zweck einer Rechtsfolgenverweisung auf das Bereicherungsrecht offen zu Tage: Der unverklagte gutgläubige Schuldner soll in Abweichung von den sich gemeinhin aus der Anwendung der allg Vorschriften ergebenden Rechtsfolgen (bspw § 280 I) verschuldensunabhängig (nur) in dem Umfang auf Herausgabe bzw Wertersatz haften, in dem er noch bereichert ist – § 818 III (AnwK/v Sachsen Gessaphe Vor § 812 Rz 18).
II. Konkurrenzen.
Rn 19
Die Kondiktionstatbestände des § 812 konkurrieren in vielfältiger und unterschiedlicher Weise mit den sonstigen Vorschriften des Zivilrechts. Im Grundsatz gilt: Vertragliche Ansprüche auf Erfüllung (BGH WM 68, 776), Rückgewähr der vertraglich geschuldeten Leistung (BGH NJW 03, 2451, 2453 [BGH 17.06.2003 - XI ZR 195/02]), Schadensersatz wegen einer Leistungsstörung nach §§ 280, 281 (zum alten Recht: BGH WM 63, 750) sowie allg aus dem Gesichtspunkt der Sachmängelhaftung (BGH NJW 63, 806) gehen bereicherungsrechtlichen Ausgleichsansprüchen vor und schließen diese aus (vgl auch BGHZ 44, 321, 323; WM 72, 888, 889, jeweils mwN). Insb der Anwendungsbereich der Zweckverfehlungskondiktion (condictio ob rem – § 812 I 2 Alt 2) wird zudem durch die vorrangigen Instrumentarien der (ergänzenden) Vertragsauslegung (§§ 133, 157) und der Vertragsanpassung gem § 313 II (Störung der Geschäftsgrundlage – zur Abgrenzung iE Rn 49 f) begrenzt (BGH WM 72, 888, 889; BAG NJW 87, 918 [BAG 09.07.1986 - 5 AZR 44/85]). IÜ bestehen Berührungspunkte insb mit den gesetzlichen Schuldverhältnissen der Geschäftsführung ohne Auftrag und des Eigentümer-Besitzer-Verhältnisses. Die Erörterung der sich hieraus ergebenden Abgrenzungsprobleme erfolgt im Zusammenhang mit den Ausführungen zu den einzelnen Kondiktionstatbeständen (zum Verhältnis zwischen Bereicherungsrecht und Öffentlichem Recht Grüneberg/Sprau Einf v § 812 Rz 9 ff; Erman/Buck-Heeb Vor § 812 Rz 19 ff).