Rn 105
Seit Jahrzehnten sorgen zwei Entscheidungen des BGH für Diskussionsstoff. Im sog ›Idealheimfall‹ (BGHZ 40, 272 ff) hatte der Grundstückseigentümer C bei B ein schlüsselfertiges Haus bestellt. B beauftragte A im Namen des C mit der Ausführung der Bauleistungen; A wusste nicht, dass B keine entspr Vollmacht hatte. Ähnl war es im ›Elektrogerätefall‹ (BGHZ 36, 30 ff), in dem A im Auftrag des abermals vollmachtlos für C handelnden B Elektrogeräte in das Gebäude des Grundstückseigentümers C eingebaut und solcherart gem §§ 946, 951 I 1 das Eigentum hieran verloren hatte (im Unterschied zum Idealheimfall wusste A allerdings, dass er nicht im Auftrag des C tätig werden sollte; eingehend zu den sich hieraus ergebenden Konsequenzen Staud/Lorenz § 812 Rz 61). Beiden Fällen ist gemein, dass A mangels Genehmigung des Vertretenen (§ 177 I) keine vertraglichen Ansprüche gegen C zustehen. Das führt zu der Frage nach den für den Bereicherungsausgleich maßgeblichen Leistungsbeziehungen (s Rn 78, 81 ff), die sich allein durch die Anwendung des Leistungsbegriffs nicht verlässlich beantworten lässt. Denn ob die Zuwendung als eine Leistung des A an C angesehen werden kann, hängt weitergehend davon ab, aus welcher Sicht man den Zuwendungsvorgang betrachtet. A will an C leisten, weil er sich hierzu vertraglich verpflichtet glaubt, wohingegen C aus seiner Sicht annehmen muss, dass A die Zuwendungen auf Geheiß seines Vertragspartners B und damit für diesen eine Leistung erbringt (vgl hierzu Rn 87).
Rn 106
Der BGH hält in stRspr den objektiven Empfängerhorizont für maßgebend und stellt zum Schutz des gutgläubigen Empfängers darauf ab, als wessen Leistung C die Zuwendung objektiv ansehen darf (BGH NJW 05, 60 f; BGHZ 67, 232, 241; 58, 184, 188; 40, 272, 277 f; NJW 74, 1132 f; iE ebenso BGHZ 36, 30, 35; dem folgend Reuter/Martinek 453 ff; Erman/Buck-Heeb § 812 Rz 14; AnwK/v Sachsen Gessaphe § 812 Rz 179; MüKo/Schwab § 812 Rz 184). Weiß C nichts vom vollmachtlosen Vertreterhandeln des B, hat der Bereicherungsausgleich demnach – wie bei der Durchlieferung – innerhalb der sich so nach seiner Vorstellung ergebenden Leistungsbeziehungen, also zwischen B und C sowie zwischen A und B stattzufinden. Demgegenüber soll es nach aA auf den Willen des Zuwendenden A ankommen (Canaris FS Larenz [73], 799, 827; Staud/Gursky § 951 Rz 11; Staud/Lorenz § 812 Rz 61; Medicus Rz 687 f; Staake WM 05, 2113, 2117 ff; Wilhelm 148 ff), so dass A die von ihm beabsichtigte Leistung an C gem § 812 I 1 Alt 1 direkt bei diesem kondizieren kann. Zur Begründung verweisen die Anhänger dieser Auffassung darauf, dass C jedenfalls dann nicht schutzwürdig sei, wenn er seinerseits schon vor der Inempfangnahme der Zuwendung oder überhaupt noch nicht an B gezahlt habe. Andernfalls, also wenn C (erst) im Vertrauen auf eine Leistung des B an diesen zahlt, soll er sich ggü A gem § 818 III auf den Wegfall der Bereicherung berufen und den gezahlten Preis vom Wertersatzanspruch des A abziehen dürfen (so insb Flume AcP 199, 1 ff, 29 ff, 34 mwN; Medicus BürgR Rz 688).
Rn 107
Der Rechtssprechungspraxis ist zu folgen. Sie setzt mit Recht bei der gebotenen Auslegung der Tilgungsbestimmung an, die den Bezug zum bereicherungsrechtlich relevanten Kausalverhältnis schafft und als Willenserklärung bzw geschäftsähnliche Handlung allg Auslegungskriterien (§§ 133, 157) unterliegt (BGHZ 106, 163, 166). Dann aber ist es jedenfalls dogmatisch konsequent, auch für die Ermittlung der bereicherungsrechtlich relevanten Leistungsbeziehung den Erklärungswert der Tilgungsbestimmung nach der Empfängersicht zu bestimmen. Die von der Gegenansicht hiergegen ins Feld geführten Bedenken, auf solche Weise werde der Empfänger undifferenziert und letztlich über Gebühr vor der bereicherungsrechtlichen Inanspruchnahme durch A geschützt (vgl Staud/Lorenz § 812 Rz 61) tragen nicht. Im Gegenteil: Gerade für die praktisch besonders bedeutsamen Fälle des vollmachtlosen Vertreterhandelns bestimmt § 179, dass der Zuwendende sich an den falsus procurator halten muss. Mit der darin zu Tage tretenden gesetzlichen Wertung wäre es nur schwer in Einklang zu bringen, ihm zugleich einen auf § 812 I 1 Alt 1 gestützten Bereicherungsanspruch gegen den Empfänger zuzubilligen (ebenso AnwK/v Sachsen Gessaphe § 812 Rz 179; Esser/Weyers Schuldrecht II/2, § 48 III 6b, 63; Koppensteiner/Kramer 38). Diese objektive Bestimmung schützt zudem nicht nur den Empfänger, sondern stellt sicher, dass entlang der Leistungsbeziehungen, wie sie sich für den Verkehr darstellen, abzuwickeln ist. Deshalb kann sich ein vorläufiger Insolvenzverwalter, auf dessen auf seinen Namen laufenden Vollstreckungstreuhandkontos Zahlungen eingehen, nicht darauf berufen, dass ihm selbst gegenüber kein Leistungszweck verfolgt wird, wenn die treuhänderische Funktion des Kontos nicht offenkundig ist (BGH ZIP 15, 1179; dazu Würdinger, EWiR 15, 449). Soweit erwogen wird, dem Zuwendenden (A) die Anfechtung der von ihm lediglich als Bote überbrachten Tilgungsbestimmung des Sc...