Rn 64
Die Erlangung eines Vermögensvorteils ›durch Eingriff‹ ist zumeist schon deshalb rechtsgrundlos, weil sie tatbestandsmäßig nur im Widerspruch zur rechtlichen Güterzuordnung erfolgen kann (dazu Rn 61 f). Dabei darf allerdings nicht übersehen werden, dass sich ein Behaltensgrund aus anderen Gründen, insb aus gesetzlichen Bestimmungen ergeben kann. IdS kondiktionsfest ist deshalb der Gutgläubige – wegen § 816 I 2 allerdings nur der entgeltliche – Erwerb vom Nichtberechtigten, wie sich bspw aus §§ 892 f, 932 ff, 1207, 1244, 2366 f BGB; 366 HGB ergibt (HP/Wendehorst § 812 Rz 139; AnwK/v Sachsen Gessaphe § 812 Rz 89; vgl auch Erman/Buck-Heeb § 812 Rz 80; Grüneberg/Sprau § 812 Rz 44). Keinen eigenständigen Behaltensgrund liefern hingegen die Vorschriften in §§ 946 ff, wie § 951 I 1 zu entnehmen ist (zum Behaltensgrund des gutgläubigen Erwerbs in diesen Fällen s Rn 81 f).
Rn 65
Bei der Verwertung schuldnerfremder Sachen durch Zwangsvollstreckung scheidet eine Kondiktion gegen den Ersteigerer aus, dem der Zuschlag nicht nur kraft Hoheitsaktes das Eigentum am Gegenstand der Versteigerung (vgl §§ 815, 817 ZPO; 90 ZVG), sondern auch einen Behaltensgrund verschafft. Demgegenüber kann der Vollstreckungsschuldner, sollte der Titel im Nachhinein weggefallen sein, oder ein Dritter, auf dessen Vermögen zugegriffen wurde, den ausgekehrten Erlös vom Vollstreckungsgläubiger mit der Eingriffskondiktion herausverlangen (BGH NJW 13, 2519, 2520), weil seine materielle Berechtigung am verlorenen Eigentum sich am Versteigerungserlös fortsetzt, den der Vollstreckungsgläubiger mithin rechtsgrundlos (zu Eigentum) erlangt hat (hM BGHZ 66, 150; zum Meinungsstand Erman/Buck-Heeb § 812 Rz 75f). Wer als Berechtigter aus dem Grundstück Meistbietender bleibt und unter Einbeziehung seines Ausfalls den Zuschlag erhält, erlangt den gesetzlichen Bietvorteil (§ 85a III ZVG) ohne rechtlichen Grund, soweit seine ausgefallene Grundschuld nicht (mehr) valutiert (BGHZ 158, 159). Die Herausgabe des Erlangten steht demjenigen zu, dem bei einem um den rechtsgrundlosen Bietvorteil erhöhten Bargebot der Mehrerlös im Teilungsverfahren und nach Erfüllung schuldrechtlicher Rückgewährpflichten zugefallen wäre (BGH MDR 11, 1380 [BGH 22.09.2011 - IX ZR 197/10] Rz 8f). Nach Beendigung der Zwangsvollstreckung setzen die materiellen Bereicherungsklagen lediglich diejenigen rechtlichen Möglichkeiten fort, die das Rechtsbehelfsregime der Einzelzwangsvollstreckung auch vorgesehen hätte (zur verlängerten Vollstreckungsgegenklage BGH NJW 13, 3245 [BGH 15.08.2013 - I ZR 80/12]).