Rn 4
Die Kondiktionssperre des § 814 erfordert, dass der Zuwendende im Zeitpunkt der Leistungserbringung positive Kenntnis davon hatte, zur Leistung nicht verpflichtet zu sein. Bezugspunkt für diese Kenntnis kann nach dem Vorgesagten (Rn 3) das Nichtbestehen der mit der Leistung in Bezug genommenen Verbindlichkeit oder das Bestehen einer dauernden Einrede sein (§ 813 I), darüber hinaus gem § 142 II nach erfolgter Anfechtung die Anfechtbarkeit des Kausalgeschäftes, sofern das Anfechtungsrecht zumindest auch dem Leistenden zustand (BGH NJW 08, 1878, 1879 [BGH 13.02.2008 - VIII ZR 208/07] Rz 15 ff mwN; MüKo/Schwab § 814 Rz 13; HP/Wendehorst § 814 Rz 8). Allerdings wird in der freiwilligen Erbringung der Leistung in diesen Fällen zumeist eine Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts nach § 144 zu sehen sein, so dass es auf § 814 idR nicht ankommt (hierzu und grds zur Anwendbarkeit der condictio indebiti auf den Bereicherungsausgleich nach wirksamer Anfechtung des Kausalgeschäftes s § 812 Rn 34 mwN). Die Kondiktion des Täuschenden, der um die Anfechtbarkeit des Rechtsgeschäfts weiß, ist gemäß § 814 ausgeschlossen (Jerger, Der Ausschluss der Rückforderung erbrachter Leistungen zulasten des Täuschenden, 16).
Rn 5
Positive Kenntnis ioS liegt nicht schon dann vor, wenn der Leistende die tatsächlichen Umstände kennt, aus denen sich seine Nichtschuld ergibt (BGH ZRI 22, 58 Rz 21; ZIP 21, 1768 Rz 22; NJW 02, 3772, 3773; BGHZ 113, 62, 70; MüKo/Schwab § 814 Rz 12; AnwK/v Sachsen Gessaphe § 814 Rz 5; Staud/Lorenz § 814 Rz 4). Entscheidend ist vielmehr, dass er aus diesen Umständen subjektiv den rechtlichen Schluss zieht, die sodann gleichwohl erbrachte Leistung nicht zu schulden (BGH ZRI 22, 58 Rz 21; ZIP 21, 1768 Rz 22; NJW 09, 580, 582 Rz 17; NJW 97, 2381), wofür allerdings abseits präziser Rechtskenntnisse eine Parallelwertung in der Laiensphäre ausreicht (allgM BGH NJW-RR 14, 1133, 1135 [BGH 13.05.2014 - XI ZR 170/13] Rz 109; NJW 03, 2601, 2603; BAG NZW 07, 321 Rz 34; Kobl OLGR 00, 195, 196; Staud/Lorenz § 814 Rz 4 mwN). Die Kondiktionssperre des § 814 greift also nicht, soweit der Leistende sich irrtümlich zur Leistung verpflichtet glaubt, und zwar selbst dann nicht, wenn dieser Irrtum (grob fahrlässig) verschuldet ist (BGH NJW 81, 277, 278; 72, 283, 286; Ddorf WM 02, 74, 77; Köln MDR 98, 1411; MüKo/Schwab § 814 Rz 12 mwN). Ebenfalls keine ›Kenntnis von der Nichtschuld‹ liegt vor, wenn die zu tilgende Verbindlichkeit zwischen den Parteien streitig ist (Ddorf NJW-RR 01, 1028, 1029 [OLG Düsseldorf 18.02.2000 - 22 U 140/99]; AnwK/v Sachsen Gessaphe § 814 Rz 5). Ob bereits bloße Zweifel am Bestehen der mit der Leistung in Bezug genommenen Verbindlichkeit den Kondiktionsausschluss gem § 814 zu rechtfertigen vermögen, dürfte eine Frage des Einzelfalles sein (grds dafür AnwK/v Sachsen Gessaphe § 814 Rz 5 mwN), die dann keiner Beantwortung bedarf, wenn der Leistende durch sein Verhalten beim Empfänger unbegründetes Vertrauen in den Bestand der Leistungspflicht geweckt hat und deshalb jedenfalls nach Treu und Glauben (§ 242) an der Rückforderung des Geleisteten gehindert ist (so BGHZ 32, 273, 278).
Rn 6
Auch positive Kenntnis der Nichtschuld führt nicht zum Kondiktionsausschluss, wenn die Leistung unter Vorbehalt erfolgt, soweit der Leistende damit – ggf konkludent – zu erkennen gibt, die Verbindlichkeit unter Aufrechterhaltung der Rückforderungsmöglichkeit nicht anerkennen zu wollen (BGH NJW 12, 2882, 2883 [BGH 11.07.2012 - VIII ZR 138/11] Rz 20; NJW-RR 92, 1214, 1216; WM 88, 1494, 1496 [BGH 08.06.1988 - IVb ZR 51/87]; NJW 84, 2826 f [BGH 08.02.1984 - IVb ZR 52/82]; AnwK/v Sachsen Gessaphe § 814 Rz 8; Staud/Lorenz § 814 Rz 7; Grüneberg/Sprau § 814 Rz 5). Ob dem Vorbehalt ein dahingehender Erklärungswert zukommt, ist ebenfalls eine Frage des Einzelfalles und muss aus der Sicht des Empfängers unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ermittelt werden (Saarbr MDR 04, 329 f [OLG Saarbrücken 19.08.2003 - 3 U 109/03]; Karlsr WM 97, 1049, 1050 [OLG Karlsruhe 22.11.1996 - 3 U 52/95]). Die schlichte Mitteilung, die Leistung erfolge ›ohne Anerkennung einer Rechtspflicht‹, lässt für sich genommen nicht ohne Weiteres darauf schließen, dass die Rechtswirkungen des § 814 ausgeschlossen sein sollen (Kobl NJW 84, 134, 135 [OLG Koblenz 20.09.1983 - 3 U 1636/82]). Der Erklärung eines ausdrücklichen Vorbehalts steht es gleich, wenn sich aus den Umständen ergibt, dass die Leistung nicht freiwillig, sondern erkennbar unter Druck, etwa zur Abwendung der Zwangsvollstreckung (RGZ 147, 17, 21; Staud/Lorenz § 814 Rz 8 mwN) oder anderer empfindlicher Übel erfolgt (vgl BGH NJW 95, 3054 [BGH 27.04.1995 - I ZR 116/93]; Ddorf NJW-RR 01, 1028 [OLG Düsseldorf 18.02.2000 - 22 U 140/99]; Kobl NJW-RR 02, 784, 785; Grüneberg/Sprau § 814 Rz 5 mwN). Nichts anderes kann für die Fälle gelten, in denen der Schuldner nur deshalb leistet, weil er das Nichtbestehen der zu tilgenden Verbindlichkeit im Zeitpunkt der Leistungserbringung nicht beweisen kann und der Empfä...