Gesetzestext
Die Rückforderung wegen Nichteintritts des mit einer Leistung bezweckten Erfolgs ist ausgeschlossen, wenn der Eintritt des Erfolgs von Anfang an unmöglich war und der Leistende dies gewusst hat oder wenn der Leistende den Eintritt des Erfolgs wider Treu und Glauben verhindert hat.
A. Normzweck und Anwendungsbereich.
Rn 1
Was § 814 für die condictio indebiti ist, ist § 815 für die condictio ob rem. Auch § 815 enthält zwei Kondiktionssperren, die beide ihre Rechtfertigung in dem Verbot widersprüchlichen Verhaltens finden (Anwk/v Sachsen Gessaphe § 815 Rz 1). In Alt 2 schlägt sich überdies die originär durch § 162 I manifestierte Sanktionierung einer treuwidrigen Einflussnahme auf die Durchführung des vereinbarten Rechtsgeschäfts nieder (HP/Wendehorst § 815 Rz 1).
Rn 2
Durch das für beide Alternativen des § 815 maßgebliche Tatbestandsmerkmal ›Nichteintritt des mit der Leistung bezweckten Erfolgs‹ ist klar, dass § 815 die gem § 812 I 2 Alt 2 in gleicher Weise verankerte Zweckverfehlungskondiktion (condictio ob rem) betrifft (s dort § 812 Rn 45). Bei der condictio ob causam finitam resultiert der erstrebte und letztlich verfehlte Erfolg der Schuldtilgung – hiervon abweichend – nicht aus einer gesonderten Zweckabrede, sondern aus dem zugrunde liegenden Kausalgeschäft (zur Abgrenzung zwischen der condictio ob rem und der condictio ob causam finitam § 812 Rn 32, 43). Schon daraus ergibt sich, dass § 815 die Fälle der condictio ob causam finitam nicht umfasst. Hinzu kommt, dass § 815 in beiden Alternativen das Ausbleiben des mit der Zweckabrede erstrebten Erfolgs voraussetzt, wohingegen bei der condictio ob causam finitam der Zweck der Zuwendung, nämlich die Erfüllung einer kausalen Verbindlichkeit, zunächst erreicht wird und erst nach der Erbringung der Leistung durch die Beseitigung des anfänglich bestehenden Rechtsgrundes in Wegfall gerät. In Erwägung dieser strukturellen Unterschiede ist auch eine von Teilen der Literatur (Soergel/Mühl § 815 Rz 1; Erman/Buck-Heeb § 815 Rz 1; Enneccerus/Lehmann § 224 I 4b) insb für § 815 Alt 2 befürwortete entspr Anwendung auf die condictio ob causam finitam nicht gerechtfertigt (hM BGHZ 29, 171, 174; NJW 68, 245; WM 67, 851, 853; Staud/Lorenz § 815 Rz 3; MüKo/Schwab § 815 Rz 3 f mwN). Entspr anwendbar ist die Kondiktionssperre in Alt 2 demgegenüber auf den gleichgelagerten Fall des § 1301 (hierzu BGHZ 45, 258, 262 ff), wohingegen die Kondiktion aus § 817 1 nach zutreffender Auffassung nicht vom Regelungsgehalt des § 815 umfasst ist (Medicus BürgR Rz 694; HP/Wendehorst § 815 Rz 2).
B. Tatbestand.
I. Nichteintritt des mit der Leistung bezweckten Erfolgs.
Rn 3
Beide Kondiktionsausschlussgründe in § 815 betreffen die Fälle, in denen der mit der Leistung bezweckte Erfolg verfehlt wird. Gemeint ist das Gleiche wie in § 812 I 2 Alt 2, so dass auf die dortigen Ausführungen verwiesen werden kann (§ 812 Rn 41, 45).
II. Kenntnis von der anfänglichen Unmöglichkeit des Erfolgseintritts – § 815 Alt 1.
Rn 4
§ 815 Alt 1 setzt voraus, dass die Erreichung des bezweckten Erfolgs von Anfang an aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich war (§ 275). Zum Kondiktionsausschluss kommt es, wenn der Leistende dies im Zeitpunkt der Leistungserbringung wusste. Erforderlich ist ebenso wie bei § 814 Alt 1 positive Kenntnis (s § 814 Rn 4 ff).
III. Verhinderung des Erfolgseintritts – § 815 Alt 2.
Rn 5
Die Kondiktionssperre in § 815 Alt 2 trägt dem Grundsatz Rechnung, dass keine Partei aus der unredlichen Einflussnahme auf den Eintritt des rechtsgeschäftlich verabredeten Erfolgs eine Vorteil ziehen darf. Dementsprechend steht dem Leistenden ein Bereicherungsanspruch aus § 812 I 2 Alt 2 nicht zu, wenn er den Erfolgseintritt zurechenbar (vgl BGH WM 66, 194, 196f) und treuwidrig verhindert hat und er sich dessen auch bewusst war (AnwK/v Sachsen Gessaphe § 815 Rz 5; HP/Wendehorst § 815 Rz 5). Absicht ist nicht erforderlich (MüKo/Schwab § 815 Rz 7; Grüneberg/Sprau § 815 Rz 3).
Rn 6
Entscheidendes Kriterium für die Anwendbarkeit der Kondiktionssperre des § 815 Alt 2 ist zumeist der erforderliche Treueverstoß. Mit Recht stellt insb die Rspr strenge Anforderungen an das Vorliegen einer ioS erheblichen Treuwidrigkeit (BGH NJW 99, 2892, 2893 [BGH 02.07.1999 - V ZR 167/98]; 80, 451 [BGH 26.10.1979 - V ZR 88/77]; Kobl NJW-RR 07, 1548, 1549 [OLG Koblenz 18.06.2007 - 12 U 1799/05]; Ddorf NJW-RR 86, 692 [OLG Düsseldorf 15.05.1985 - 9 U 274/84]; ebenso AnwK/v Sachsen Gessaphe § 815 Rz 5; HP/Wendehorst § 815 Rz 4), weil es gerade in den hier interessierenden Fällen der Zweckverfehlung grds der Dispositionsfreiheit des Leistenden unterliegen muss, von der Inanspruchnahme einer nicht dem Synallagma unterliegenden und deshalb auch nicht forderungsbewehrten (Gegen-)Leistung (hierzu § 812 Rn 42, 45) Abstand zu nehmen (iE ebenso HP/Wendehorst § 815 Rz 4). Zum Kondiktionsausschluss führt sein Verhalten erst, wenn er ohne einen hinreichenden sachlichen Grund den Erfolg der Zweckvereinbarung zurechenbar verhindert, obwohl der (gegen-)leistungsbereite Empfänger nach den Umständen berechtigtes Vertrauen darin haben durfte, die freilich rechtsgrundlos empfangene Leistung behalten zu dürfen (BGH NJW 99, 2892, 2893; 80, 451; HP/Wendehorst § 815 Rz 4; AnwK/v Sachsen Gessaphe § 815 ...