Rn 12
Der dem Berechtigten durch § 816 I 1 gewährte Ausgleich für den nach Gutglaubensvorschriften hinzunehmenden sachlich-rechtlichen Verlust des Verfügungsgegenstandes greift nicht, wenn der Nichtberechtigte unentgeltlich verfügt und deshalb aus der Verfügung keinen kondizierbaren Gegenwert erlangt. Den dann notwendigen Interessenausgleich schafft § 816 I 2, indem er dem Berechtigten den bereicherungsrechtlichen Durchgriff gegen den Erwerber gestattet, der seinerseits für die Erlangung des Verfügungsgegenstandes keine vermögenswerten Aufwendungen hat tätigen müssen und deshalb durch die in § 816 I 2 niedergelegte bereicherungsrechtliche Herausgabeverpflichtung nicht unangemessen benachteiligt wird. Aus der solcherart durch § 816 I 2 erzwungenen
Durchbrechung des Gutglaubensschutz erhellt sich im Zusammenspiel mit § 822 (zum Regelungsgehalt der Vorschrift und zur Abgrenzung von § 816s § 822 Rn 1) die Schwäche des unentgeltlichen Erwerbs als nicht kondiktionsfest, woraus sich wiederum allg Geltung beanspruchende, insb für den Bereicherungsausgleich in Mehrpersonenverhältnissen bedeutsame Wertungskriterien ableiten lassen (hierzu iE § 812 Rn 81 ff).
Rn 13
Soweit der Berechtigte gem § 816 I 2 beim unentgeltlichen Erwerber kondizieren kann, kommt ein Bereicherungsanspruch aus § 816 I 1 gegen den Verfügenden nicht in Betracht (zum Sonderfall der gemischten Schenkung sogleich Rn 15). Probleme bereiten indes die Fälle, in denen der Verfügende durch die unentgeltliche Zuwendung von seiner Verbindlichkeit aus einem wirksamen Schenkungsvertrag mit dem Erwerber befreit wird und auf diese Weise Aufwendungen für die Beschaffung eines Ersatzgeschenkes erspart. Dann stellt sich die Frage, ob er dem Berechtigten aus dem Gesichtspunkt einer allg Eingriffskondiktion gem § 812 I 1 Alt 2 zum Wertersatz verpflichtet ist. Das ist schon deshalb zu verneinen, weil nicht der Verfügende, sondern der Erwerber den (primären) Kondiktionsgegenstand ›unmittelbar auf Kosten des Berechtigten erlangt‹, den er folgerichtig gem § 816 I 2 an den Berechtigten herausgeben muss. Die gesetzliche Regelung ist eindeutig. Sie lässt keinen Raum für eine Eingriffskondiktion beim Verfügenden, weil der bereicherungsrechtliche Wertersatzanspruch gem § 818 II die Unmöglichkeit der Herausgabe des (primär) Erlangten voraussetzt. In den hier interessierenden Fällen hat der Verfügende den Kondiktionsgegenstand indes schon nicht erlangt. IÜ ist die Herausgabe auch nicht unmöglich; sie trifft allerdings nicht den Verfügenden, sondern den Erwerber. Die Gegenmeinung, die den Wertersatzanspruch des Berechtigten gegen den Verfügenden an die Erwägung knüpft, dass dieser von einer Verbindlichkeit befreit ist, versagt dem Berechtigten zur Vermeidung einer doppelten Kondiktion entweder den Kondiktionsanspruch aus § 816 I 2 gegen den Erwerber (Staud/Lorenz § 816 Rz 27; Koppensteiner/Kramer S 97; wohl auch Larenz/Canaris Schuldrecht BT II/2, § 69 II 2a) oder sie räumt ihm ein Wahlrecht zwischen beiden Bereicherungsansprüchen ein (so Reuter/Martinek 331). Beides überzeugt aus den soeben dargelegten Gründen nicht.
Rn 14
Bereicherungsschuldner iSd § 816 I 2 ist der Erwerber nur insoweit, wie er durch die kondiktionsauslösende Verfügung unmittelbar etwas erlangt hat (zum Unmittelbarkeitsgrundsatz § 812 Rn 63). Das ist insb dann nicht der Fall, wenn der Verfügende den Verfügungsgegenstand zunächst in sein Vermögen überführt (Bsp Einzahlung fremder Geldbeträge auf das eigene Konto) und ihn erst danach unentgeltlich an den Dritten weitergibt (BGH NJW 69, 605 [BGH 09.01.1969 - VII ZR 185/66]; MüKo/Schwab § 816 Rz 69; Reuter/Martinek 332). Dann kann der Berechtigte nur unter den Voraussetzungen des § 822 direkt beim Erwerber kondizieren. Daher war im Falle BGH NJW 09, 1068 [BGH 19.11.2008 - VIII ZR 311/07] (Zweibrücker Wallach) eine Rückforderung des Pferdes nach § 816 I 2 nicht möglich (aA Kohler JuS 13, 769).