Rn 5
Der eigentliche Anwendungsbereich des § 818 I besteht in der dort niedergelegten Regelung, dass die bereits den einzelnen Kondiktionstatbeständen immanente Pflicht zur Herausgabe des Erlangten sich auch auf Nutzungen und Surrogate erstreckt (BGH NJW 07, 3127, 3129 mwN). Nutzungen idS sind diejenigen nach §§ 99, 100, also Sach- und Rechtsfrüchte sowie vermögenswerte Gebrauchsvorteile der erlangten Sache oder des erlangten Rechts (Grüneberg/Sprau § 818 Rz 8; vgl auch BGH NJW 98, 2529 [BGH 12.05.1998 - XI ZR 79/97]). Mieteinnahmen des Darlehensnehmers sind jedenfalls dann keine ioS aus der Darlehensvaluta gezogenen, nach § 818 I herausgabepflichtigen Nutzungen, wenn die Darlehenssumme nicht an den Darlehensnehmer, sondern (aufgrund unwirksamer Anweisung) an Dritte ausgezahlt wurde (BGH NJW 07, 3127, 3129 [BGH 27.02.2007 - XI ZR 56/06] – Herausgabepflicht der Zuwendungsempfänger). Demgegenüber lassen sich nach zutreffender Auffassung auch aus der Nutzung des Besitzes kondizierbare Gebrauchsvorteile ziehen (iE hierzu MüKo/Schwab § 818 Rz 21). Die Rspr folgt dieser Ansicht nicht; der durch den Besitz vermittelte Gebrauchsvorteil verkörpere keinen selbstständigen Wert (BGH NJW 14, 1095 m Anm Fervers). Herauszugeben sind nur tatsächlich gezogene Nutzungen (BGHZ 102, 41; BGH ZIP 87, 1457; Staud/Lorenz § 818 Rz 11), soweit sich nicht bei verschärfter Haftung des verklagten oder bösgläubigen Bereicherungsschuldners (§§ 818 IV, 819) aus den (nur) dann heranzuziehenden allg Vorschriften etwas anderes ergibt (bspw § 987 II). Ob auch der Bereicherungsgläubiger die herausgabepflichtigen Nutzungen gezogen hätte, ist ohne Belang (Hburg NJW-RR 99, 1204 – Urheberrecht; vgl auch BGHZ 35, 360). IÜ kann eine tatsächliche Vermutung dafür bestehen, dass eine Bank Nutzungen aus dem ihm zugeflossenen Kapital in Höhe der gesetzlichen Verzugszinsen gezogen hat (BGH NJW 07, 2401, 2404 [BGH 24.04.2007 - XI ZR 17/06] Rz 35). Ist die Nutzung (etwa eines Internetanschlusses) selbst der primäre Bereicherungsgegenstand, dh sie stellt keine Nutzung iSd I dar, ist der Wertersatz gleichwohl durch die tatsächliche Nutzung begrenzt, der objektive Wert der Nutzungsmöglichkeit bleibt mithin außer Betracht (BGH NJW 13, 2021, 2023 [BGH 07.03.2013 - III ZR 231/12] Rz 26 f; Fervers/Gsell NJW 13, 3607).
Rn 6
Streitig ist, wem die aus der Nutzung des Bereicherungsgegenstandes resultierenden, den objektiven Wert des Nutzungsvorteils übersteigenden Gewinne, etwa aus der Führung eines herauszugebenden Unternehmens, gebühren (vgl hierzu BGHZ 63, 265, 269 – Bordell; BGH NJW 94, 2021, 2022 – Sonnenstudio; KG NJW-RR 96, 431, 433 – Arztpraxis; BGH NJW 06, 2847, 2853 – Steuerberaterpraxis). Insoweit dürfte es entscheidend darauf ankommen, ob die Unternehmenserträge allein der Nutzung des Bereicherungsgegenstandes entspringen oder sich als das Resultat der persönlichen Leistungen und Fähigkeiten des Bereicherten erweisen (Grüneberg/Sprau § 818 Rz 9; AnwK/Linke § 818 Rz 12 mwN; vgl auch BGH NJW 06, 2847, 2853 [BGH 05.07.2006 - VIII ZR 172/05]). Dies zu ermitteln, wird in der Praxis nicht selten auf erhebliche Schwierigkeiten stoßen, wenngleich der nach diesen Grundsätzen erstattungspflichtige objektive Gebrauchswert der Sachnutzung häufig dem Marktpreis (übliche Miete/Pacht) entspr dürfte (ebenso AnwK/Linke § 818 Rz 12). Wo sich auch dieser nicht feststellen lässt, bleibt nur eine Schätzung der überobligatorischen Wertschöpfung nach § 287 ZPO.
Rn 7
Hat der Bereicherte ohne Rechtsgrund Geld erlangt, so umfasst der Kondiktionsanspruch des Bereicherungsgläubigers die tatsächlich aus der Verwendung des Geldes seit der Entstehung des Bereicherungsanspruches gezogenen Zinsnutzungen (BGH NJW 06, 2847, 2853 [BGH 05.07.2006 - VIII ZR 172/05]; NJW 00, 1637; Staud/Lorenz § 818 Rz 11; MüKo/Schwab § 818 Rz 24). Das gilt auch für sonstige Kapitalerträge, für deren Entstehung und Höhe nach den Umständen des jeweiligen Einzelfalles eine tatsächliche Vermutung mit den sich hieraus für den grds beweispflichtigen Bereicherungsgläubiger ergebenden Beweiserleichterungen bestehen kann (zuletzt BGH NJW 07, 2401 [BGH 24.04.2007 - XI ZR 17/06] Rz 35; NJW 97, 933 – Betriebsmittelkredit; NJW 98, 2529 [BGH 12.05.1998 - XI ZR 79/97] – Geldanspruch ggü Bank; BayObLG NJW 99, 1194 – Geldanspruch ggü öff Hand; str, aA BGH NJW 04, 1315 [BGH 03.02.2004 - XI ZR 125/03]). Weitergehende, über die tatsächlich erwirtschafteten Vorteile hinausgehende Zinserträge hat der Bereicherungsschuldner indes nur unter den Voraussetzungen der §§ 818 IV, 819, 820 I iVm §§ 291, 292 II, 987 II zu erstatten (BGH WM 91, 1983 [BGH 08.10.1991 - XI ZR 259/90]). Den kondizierbaren Zinsnutzungen gleichgestellt sind Zinsaufwendungen, welche der Bereicherte durch die Verwendung des ihm rechtsgrundlos zugeflossenen Geldbetrages erspart (BGHZ 138, 160, 163; BGH NJW 99, 2890, 2891). Im Falle eines nach Widerspruch gemäß § 5a VVG aF rückwirkend unwirksamen Versicherungsvertrags kann der widersprechende Versicherungsnehmer seine gezah...