aa) Ausgangslage.
Rn 20
Dass mit der Weggabe oder dem Verbrauch des Bereicherungsgegenstandes dessen Sachwert aus dem Vermögen des Bereicherungsschuldners ausscheidet, liegt auf der Hand. Gleichwohl besteht eine Bereicherung fort, soweit dem Bereicherten als kausale Folge des rechtsgrundlosen Erwerbs noch vorhandene Vermögensvorteile zugeflossen sind. Zu denken ist in diesem Zusammenhang in erster Linie an ersparte Aufwendungen und die Befreiung von Verbindlichkeiten (iE hierzu Rn 21 f). Besteht das Erlangte in geringfügigen Überzahlungen von Bezügen, Unterhalt oä, so soll eine tatsächliche Vermutung dafür sprechen, dass der Empfänger die Zuwendungen ersatzlos für die Lebenshaltung verbraucht hat und deshalb nicht mehr bereichert ist (BGHZ 118, 383; 143, 65, 69; NJW 01, 2907; BAG BB 01, 2008; HP/Wendehorst § 818 Rz 55; AnwK/Linke § 818 Rz 48). Zur Rückabwicklung unwirksamer Versicherungsverträge Rn 7 aE.
bb) Ersparte Aufwendungen.
Rn 21
Der Begriff der ›ersparten Aufwendung‹ hat – nicht zuletzt durch die Diskussion um den sog Flugreisefall (BGHZ 55, 128, s iE § 812 Rn 30) – reichlich unscharfe Konturen. Er erlangt in besonders gelagerten Einzelfällen uU dort Bedeutung, wo es bspw bei auftragslos erbrachten, für das Gelingen des Bauvorhabens erforderlichen Bauleistungen um die Bestimmung des Bereicherungsgegenstandes geht, der nach Auffassung des BGH dann dem entspricht, was der (vermeintliche) Besteller für die anderweitige Beschaffung der Leistungen hätte aufbringen müssen (BGH BauR 01, 1412, 1414; vgl auch Leupertz BauR 05, 775, 783). Das sind ›ersparte Aufwendungen‹, die – anders als vom BGH im Flugreisefall auch für die dort erschlichene Nutzungsmöglichkeit angenommen (s § 812 Rn 30) – ausnahmsweise schon auf der Tatbestandsebene des Bereicherungsausgleichs (§ 818 II) zu berücksichtigen sind. Um solche geht es hier nicht. IRd § 818 III wirkt es sich hingegen aus, wenn der Bereicherungsschuldner gerade durch die Weggabe des Bereicherungsgegenstandes oder dessen Verwertung Aufwendungen erspart, die er sonst mit anderen Mitteln hätte tätigen müssen (MüKo/Schwab § 818 Rz 164 ff; AnwK/Linke § 818 Rz 45). So hat er bspw die durch den Verbrauch des Erlangten ersparten Kosten als Wertersatz zu erstatten, ggf auch solche Aufwendungen, die er durch die unentgeltliche Weitergabe des Bereicherungsgegenstandes zwecks Erfüllung einer dahingehenden Verbindlichkeit nicht hat aufbringen müssen (MüKo/Schwab § 818 Rz 165f). Das gilt allerdings nicht für sog Luxusaufwendungen, die der Empfänger sich ohne den Bereicherungsvorgang nicht hätte leisten können (BGHZ 38, 356, 368 f; MüKo/Schwab § 818 Rz 166 mwN; vgl auch BGH IBR 07, 690 – überzahltes Architektenhonorar).
cc) Befreiung von Verbindlichkeiten.
Rn 22
Durch die Verwendung des Erlangten zur Tilgung eigener Schulden wird der Empfänger von der getilgten Verbindlichkeit befreit. Darin besteht dann seine erstattungspflichtige Bereicherung (BGH NJW 03, 3271; ZIP 96, 336), es sei denn, er hätte die Schuld nach den von ihm zu beweisenden Umständen des jeweiligen Einzelfalles ohne die rechtsgrundlos empfangene Zuwendung nicht oder nur unter Einschränkung seines Lebensstandards bedienen können (BGHZ 118, 383 – auch zu Beweiserleichterungen, s Rn 20). Hat der Bereicherte das Erlangte zur Tilgung von Schulden genutzt, die dadurch frei gewordenen Mittel aber ersatzlos verbraucht, kann er Entreicherung einwenden (BGH ZIP 16, 2326 Rz 15).
dd) Unzureichendes Aktivvermögen.
Rn 23
Insb die Rspr meint, die vorerörterten Umstände mit dem Ergebnis der Entreicherung außer Betracht lassen zu können, soweit das Aktivvermögen des Bereicherungsschuldners unter den Wert des Erlangten gesunken ist (BGH LM § 818 III Nr 7; Köln VersR 91, 648). Diesem, vom Blick auf die Gesamtvermögenslage des Bereicherungsschuldners getragenen Ansatz, kann abseits dogmatischer Zweifel schon deshalb nicht gefolgt werden, weil der Bestand an Aktiva in keinen sachlichen Zusammenhang mit bereicherungsrechtlich relevanten Vorteilen zu bringen ist, die der Empfänger aus der Weggabe oder Verwertung des Bereicherungsgegenstandes tatsächlich gezogen hat (wie hier MüKo/Schwab § 818 Rz 139; Reuter/Martinek 594; AnwK/Linke § 818 Rz 46; wohl auch Staud/Lorenz § 818 Rz 34).