I. Ungewisser Eintritt des mit der Leistung bezweckten Erfolgs – § 820 I 1.
Rn 2
§ 820 I 1 betrifft unmittelbar nur die condictio ob rem (AnwK/Linke § 820 Rz 4; zur entspr Anwendung des § 820 I 1 auf rechtsgrundlose Vertragsleistungen unter Vorbehalt BGH NJW 06, 286, 287f [BGH 20.10.2005 - III ZR 37/05]), nicht hingegen die condictio ob causam finitam, wie sich aus dem Regelungszusammenhang mit der gerade auf den letztgenannten Fall bezogenen Regelung in § 820 I 2 ergibt (MüKo/Schwab § 820 Rz 1; AnwK/Linke § 820 Rz 4). Als ›Rechtsgeschäft‹ iSd § 820 I 1 und damit als Bezugspunkt für die Ungewissheit beider Parteien kommt bei der condictio ob rem nur die der Leistung zugrunde liegende Zweckabrede (hierzu § 812 Rn 45 ff) in Betracht (HP/Wendehorst § 820 Rz 4), die allerdings bereits in der nicht forderungsbewehrten Erwartungshaltung der Parteien ein gewisses Maß an Ungewissheit über den Eintritt des bezweckten Erfolgs in sich birgt. Deshalb reicht es für § 820 I 2 nicht aus, dass die Parteien die Möglichkeit einer Zweckverfehlung nicht für ausgeschlossen erachten (Staud/Lorenz § 820 Rz 4; AnwK/Linke § 820 Rz 6). Vielmehr müssen solche Zweifel sichtbaren Ausdruck gefunden haben und überdies in der maßgeblichen rechtsgeschäftlichen Abrede zumindest angedeutet sein (außerhalb der Zweckabrede liegende Umstände reichen allein nicht aus: RG JW 38, 1025, 1028; MüKo/Schwab § 820 Rz 6; AnwK/Linke § 820 Rz 7). Ergibt die deshalb regelmäßig gebotene Auslegung der Zweckabrede bspw, dass der Empfänger die Leistung bis zur Erreichung des verabredeten Zwecks der Zuwendung nicht als eigene nutzen, sondern wie eine fremde Sache behandeln sollte, so wird darin zumeist ein starkes Indiz für eine beiderseitige Ungewissheit iSd § 820 I 1 zu sehen sein (ebenso Larenz/Canaris Schuldrecht II/2, § 73 II 1c, 310 f; HP/Wendehorst § 820 Rz 5).
II. Wegfall des rechtlichen Grundes – § 820 I 2.
Rn 3
Die obigen Grundsätze gelten entspr für die von § 820 I 2 umfassten Fälle der condictio ob causam finitam. Allerdings kommt es hier darauf an, dass die Parteien mit dem Wegfall des vertraglich festgelegten Rechtsgrundes rechnen, indem sie bspw übereinstimmend den Eintritt einer vereinbarten auflösenden Bedingung in Betracht ziehen und ihre vertraglichen Beziehungen dementsprechend einrichten (iE ebenso MüKo/Schwab § 820 Rz 8; AnwK/Linke § 820 Rz 9). Nach weit verbreiteter Auffassung soll § 820 I 2 auf Leistungen unter Vorbehalt (dazu § 814 Rn 6) entspr Anwendung finden (Staud/Lorenz § 820 Rz 5; AnwK/Linke § 820 Rz 9; zur Anwendbarkeit des § 812 I 1 in diesen Fällen BGH NJW 06, 286, 287f [BGH 20.10.2005 - III ZR 37/05]), und zwar selbst bei einseitig erklärtem Vorbehalt, wenn der Leistungsempfänger nicht widerspricht (BGH WM 88, 1494, 1496 [BGH 08.06.1988 - IVb ZR 51/87]; München WM 93, 413 [OLG München 19.12.1990 - 7 U 5649/89]; MüKo/Lieb, 4. Aufl, § 820 Rz 6). Mit ähnlichen Erwägungen hat das BVerwG (NJW 82, 2042) § 820 auf die Rückforderung von überzahlten Beamtenbezügen angewendet. § 820 betrifft nur die rechtsgeschäftliche Leistungserbringung. Daran fehlt es, wenn die Leistung aufgrund eines rechtskräftigen Titels oder einer einstweiligen Anordnung erbracht wird (BGHZ 143, 65; NJW 00, 740 f; 98, 2443).