Gesetzestext
(1) 1War mit der Leistung ein Erfolg bezweckt, dessen Eintritt nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als ungewiss angesehen wurde, so ist der Empfänger, falls der Erfolg nicht eintritt, zur Herausgabe so verpflichtet, wie wenn der Anspruch auf Herausgabe zur Zeit des Empfangs rechtshängig geworden wäre. 2Das Gleiche gilt, wenn die Leistung aus einem Rechtsgrund, dessen Wegfall nach dem Inhalt des Rechtsgeschäfts als möglich angesehen wurde, erfolgt ist und der Rechtsgrund wegfällt.
(2) Zinsen hat der Empfänger erst von dem Zeitpunkt an zu entrichten, in welchem er erfährt, dass der Erfolg nicht eingetreten oder dass der Rechtsgrund weggefallen ist; zur Herausgabe von Nutzungen ist er insoweit nicht verpflichtet, als er zu dieser Zeit nicht mehr bereichert ist.
A. Normzweck und Anwendungsbereich.
Rn 1
§ 820 erweitert für die in § 812 I 2 normierten Fälle der Leistungskondiktion die gem § 818 IV verschärfte Haftung des Bereicherungsschuldners. § 820 I 1 betrifft die condictio ob rem (§ 812 I 2 Alt 2), § 820 I 2 die condictio ob causam finitam (§ 812 I 2 Alt 1). Tatsächlicher Anknüpfungspunkt für die Haftungsverschärfung ist in beiden Fällen die im Rechtsgeschäft verankerte subjektive Ungewissheit beider Parteien (Staud/Lorenz § 820 Rz 2) über den Fortbestand des rechtlichen Grundes für die Leistung. Darin unterscheidet sich § 820 von § 819, der positive Kenntnis (nur) des Leistungsempfängers vom Fehlen des Rechtsgrundes voraussetzt (s § 819 Rn 3 ff). Hat im Falle der condictio ob rem (nur) der Leistende sicher gewusst, dass der bezweckte Erfolg nicht eintreten wird, so ist die Kondiktion bereits durch § 815 ausgeschlossen. Weil bloße Ungewissheit nach der Vorstellung des Gesetzgebers keinen tauglichen Grund dafür liefert, den Bereicherungsschuldner in vollem (verschärftem) Umfang für Nebenleistungen (Zinsen und Nutzungen) einstehen zu lassen, schränkt § 820 II dessen Haftung insoweit ein.
B. Tatbestand.
I. Ungewisser Eintritt des mit der Leistung bezweckten Erfolgs – § 820 I 1.
Rn 2
§ 820 I 1 betrifft unmittelbar nur die condictio ob rem (AnwK/Linke § 820 Rz 4; zur entspr Anwendung des § 820 I 1 auf rechtsgrundlose Vertragsleistungen unter Vorbehalt BGH NJW 06, 286, 287f [BGH 20.10.2005 - III ZR 37/05]), nicht hingegen die condictio ob causam finitam, wie sich aus dem Regelungszusammenhang mit der gerade auf den letztgenannten Fall bezogenen Regelung in § 820 I 2 ergibt (MüKo/Schwab § 820 Rz 1; AnwK/Linke § 820 Rz 4). Als ›Rechtsgeschäft‹ iSd § 820 I 1 und damit als Bezugspunkt für die Ungewissheit beider Parteien kommt bei der condictio ob rem nur die der Leistung zugrunde liegende Zweckabrede (hierzu § 812 Rn 45 ff) in Betracht (HP/Wendehorst § 820 Rz 4), die allerdings bereits in der nicht forderungsbewehrten Erwartungshaltung der Parteien ein gewisses Maß an Ungewissheit über den Eintritt des bezweckten Erfolgs in sich birgt. Deshalb reicht es für § 820 I 2 nicht aus, dass die Parteien die Möglichkeit einer Zweckverfehlung nicht für ausgeschlossen erachten (Staud/Lorenz § 820 Rz 4; AnwK/Linke § 820 Rz 6). Vielmehr müssen solche Zweifel sichtbaren Ausdruck gefunden haben und überdies in der maßgeblichen rechtsgeschäftlichen Abrede zumindest angedeutet sein (außerhalb der Zweckabrede liegende Umstände reichen allein nicht aus: RG JW 38, 1025, 1028; MüKo/Schwab § 820 Rz 6; AnwK/Linke § 820 Rz 7). Ergibt die deshalb regelmäßig gebotene Auslegung der Zweckabrede bspw, dass der Empfänger die Leistung bis zur Erreichung des verabredeten Zwecks der Zuwendung nicht als eigene nutzen, sondern wie eine fremde Sache behandeln sollte, so wird darin zumeist ein starkes Indiz für eine beiderseitige Ungewissheit iSd § 820 I 1 zu sehen sein (ebenso Larenz/Canaris Schuldrecht II/2, § 73 II 1c, 310 f; HP/Wendehorst § 820 Rz 5).
II. Wegfall des rechtlichen Grundes – § 820 I 2.
Rn 3
Die obigen Grundsätze gelten entspr für die von § 820 I 2 umfassten Fälle der condictio ob causam finitam. Allerdings kommt es hier darauf an, dass die Parteien mit dem Wegfall des vertraglich festgelegten Rechtsgrundes rechnen, indem sie bspw übereinstimmend den Eintritt einer vereinbarten auflösenden Bedingung in Betracht ziehen und ihre vertraglichen Beziehungen dementsprechend einrichten (iE ebenso MüKo/Schwab § 820 Rz 8; AnwK/Linke § 820 Rz 9). Nach weit verbreiteter Auffassung soll § 820 I 2 auf Leistungen unter Vorbehalt (dazu § 814 Rn 6) entspr Anwendung finden (Staud/Lorenz § 820 Rz 5; AnwK/Linke § 820 Rz 9; zur Anwendbarkeit des § 812 I 1 in diesen Fällen BGH NJW 06, 286, 287f [BGH 20.10.2005 - III ZR 37/05]), und zwar selbst bei einseitig erklärtem Vorbehalt, wenn der Leistungsempfänger nicht widerspricht (BGH WM 88, 1494, 1496 [BGH 08.06.1988 - IVb ZR 51/87]; München WM 93, 413 [OLG München 19.12.1990 - 7 U 5649/89]; MüKo/Lieb, 4. Aufl, § 820 Rz 6). Mit ähnlichen Erwägungen hat das BVerwG (NJW 82, 2042) § 820 auf die Rückforderung von überzahlten Beamtenbezügen angewendet. § 820 betrifft nur die rechtsgeschäftliche Leistungserbringung. Daran fehlt es, wenn die Leistung aufgrund eines rechtskräftigen Titels oder einer einstweiligen Anordnung erbracht wird (BGHZ 143, 65; NJW 00, 740 f; 98, 2443).
C. Rechtsfolgen.
Rn 4
Durch § 820 I ...