a) Dogmatik.
Rn 54
Der Schutz ›sonstiger Rechte‹ stellt innerhalb des § 823 I einen – begrenzten – Auffangtatbestand dar. Erfasst sind nach hM nur absolute Rechte, die ggü jedermann durchsetzbar sind. Merkmale sind jedenfalls Zuweisungsgehalt und Ausschließungsfunktion (Staud/J Hager § 823 Rz B 124 mwN), umstr ist, ob auch soziale Offenkundigkeit (dafür zB MüKo/Mertens 3. Aufl 97 § 823 Rz 123; Larenz/Canaris § 76 I 1c; krit zB Hüffer ZHR 97, 867, 869) und Eigentumsähnlichkeit (dafür zB RGZ 57, 353, 356; dagegen spricht insb die Gesetzgebungsgeschichte, s Soergel/Spickhoff § 823 Rz 86 mwN; Schiemann FS Deutsch [09] 895, 899f) dazugehören. Das Kriterium der sozialen Offenkundigkeit erscheint für eine klare Abgrenzung zu undeutlich. Der Streit um die Eigentumsähnlichkeit war va für das heute anerkannte Allgemeine Persönlichkeitsrecht von Bedeutung. Um weitere Entwicklungsmöglichkeiten offen zu halten und Zweifelsfragen zu vermeiden (Bsp: Ist das Namensrecht ›eigentumsähnlich‹?), sollte auch Eigentumsähnlichkeit nicht vorausgesetzt werden. Zuweisungsgehalt und Ausschließungsfunktion dürften idR hinreichende Abgrenzungskriterien liefern.
b) Keine sonstigen Rechte.
Rn 55
Kein sonstiges Recht ist insb das Vermögen als solches (s nur RGZ 51, 92, 93; BGHZ 27, 137, 140; NJW 92, 1511, 1512; zu einigen Ausweitungen Schulteß Originäre außervertragliche Fahrlässigkeitshaftung für reine Vermögensschäden 24, 280 ff), es wird ggf nach §§ 823 II, 824, 826, 839, 839a geschützt. Eine Ausnahme sind die Kosten der Abwehr eines Angriffs auf ein von § 823 I erfasstes Rechtsgut (s dazu nur Soergel/Spickhoff § 823 Rz 87 mwN; Schaub Haftung und Konkurrenzfragen bei mangelhaften Produkten und Bauwerken im deutschen und englischen Recht 99, 124 ff mwN).
Rn 56
Nicht geschützt sind nach hM auch Forderungsrechte (insb RGZ 57, 353, 355 ff; BGHZ 29, 65, 73 f; NJW 70, 137, 138 mwN; BAG ZIP 06, 1213, 1214; 07, 692, 694; DB 07, 1690, 1691; ZIP 10, 1361 Rz 32; BB 10, 2698 Rz 29 mwN: Abfindungsanspruch/Wertguthaben aus Altersteilzeitarbeitsverhältnis; Rauser Schadensersatz für vorsätzliche Eingriffe in fremde Vertragsbeziehungen 17, 71 ff; Staud/J Hager § 823 Rz B 160 ff mwN, auch zur aA; offengelassen in BGH NZFam 21, 307 Rz 17), weil es sich dabei lediglich um relative Rechte handelt. Ihre Einbeziehung würde zu einem weitreichenden Vermögensschutz – noch dazu bei idR lediglich mittelbaren Schäden – führen (etwa bei Beeinträchtigung von Leistungsansprüchen durch Zerstörung des Leistungsgegenstands oder Verletzung des Leistungsverpflichteten, zB eines Arbeitnehmers). Das differenzierte Gefüge des Leistungsstörungsrechts, insb die dort vorgenommene Risikoverteilung, könnte dadurch konterkariert werden.
Rn 57
Str ist, ob § 823 I Eingriffe in die Forderungszuständigkeit erfasst. Dagegen die – wohl noch – hM (zB RGZ 57, 353, 355 ff; BeckOGK/Spindler § 823 Rz 197 mwN), insb weil neben § 816 II kein Bedürfnis für zusätzlichen Schutz bestehe und die Wertungen der §§ 407 I, 987 ff, 2019 ff unterlaufen werden könnten. Nach aA (zB Larenz/Canaris § 76 II 4g; Staud/J Hager § 823 Rz B 165; Soergel/Spickhoff § 823 Rz 88 mwN; Picker FS Canaris 1001 ff; Prange Schutzpflichtverletzungen 20, 265 ff) sind solche Eingriffe jedoch in § 823 I einzubeziehen. Argumente sind ua Zuweisungsgehalt und Ausschließungsfunktion der Forderungszuständigkeit, Schutzlücken bei § 816 II, ein Rekurs auf die Drittwiderspruchsklage und die Möglichkeit einer Berücksichtigung der Wertung des § 407 iRd Anspruchs aus § 823 I. Zu folgen ist trotzdem der – wohl noch – hM, da sonst ein schwer eingrenzbarer Ersatz primärer Vermögensschäden nach § 823 I erfolgen würde. Vertragliche Rechte sind gerade nicht so weitreichend geschützt wie absolute Rechte und die Problematik der Entstehung von Schutzlücken aufgrund von § 818 III stellt sich auch in anderen Fällen, ohne dass dort ein deliktsrechtlicher ›Ausgleich‹ in Betracht käme. Andernfalls dürfte sich eine Entwicklung des ›sonstigen Rechts‹ zum Auffangtatbestand für primäre Vermögensschäden kaum aufhalten lassen.