Rn 67
Da ›sonstige Rechte‹ nicht eigentumsähnlich sein müssen (s.o. Rn 54), kommen auch Familienrechte in Betracht, sofern sie Ausschließlichkeitscharakter haben; der Zuweisungsgehalt ist hier idR unproblematisch. Freilich dürfen besondere familienrechtliche Regelungen nicht durch Ansprüche aus § 823 I unterlaufen werden.
a) Elterliches Sorgerecht.
Rn 68
Das elterliche Sorgerecht ist grds nach § 823 I geschützt. Der Zuweisungsgehalt ergibt sich aus §§ 1626 ff. Ersatzansprüche kommen insb in Betracht für die Kosten der Ermittlung des Aufenthaltsortes des Kindes (BGHZ 111, 168, 172 ff) und seiner Rückführung sowie für Mehraufwendungen zur Wahrnehmung des Umgangsrechts eines nicht sorgeberechtigten Elternteils (BGHZ 151, 155). Str ist, ob auch das Umgangsrecht ein sonstiges Recht iSd § 823 I ist, wofür mit Blick auf Zuweisungsgehalt und Ausschließungsfunktion gute Gründe sprechen (s.a. Staud/Dürbeck § 1684 Rz 40 mwN; zB Frankf NJW-RR 05, 1339 mwN; Brandbg NJW-RR 15, 581, 582 f; KG NJW 20, 2415, 2417; offengelassen in BGH FamRZ 02, 1099, 1100).
b) Ehe.
Rn 69
Ein Schutz der Ehe als ›sonstiges Recht‹ kommt wegen des grds Vorrangs familienrechtlicher Regelungen nur hinsichtlich einzelner Aspekte in Betracht.
Rn 70
Der persönliche Bereich der Ehe ist nach der Rspr bei Ehestörungen grds weder durch Unterlassungs- oder Beseitigungsansprüche noch durch Schadensersatzansprüche geschützt (insb BGHZ 23, 215, 216 ff; 279, 281 f; NJW 90, 706, 707 f mwN; 13, 2108 Rz 15), da das Familienrecht insoweit eine abschließende Regelung enthalte. Zudem sei die eheliche Treue als innereheliche Angelegenheit nicht vom Schutz des Deliktsrechts umfasst; eine Einbeziehung in § 823 I würde – va wegen des Verschuldenserfordernisses – zu unerwünschten Ermittlungen im Ehebereich führen. Eine Ausnahme komme bei arglistiger Täuschung durch einen Ehegatten in Betracht (BGHZ 80, 235, 238 ff). Dagegen sieht die hL das Familienrecht nur als abschließende Regelung im Hinblick auf das Interesse am Bestand der Ehe sowie für Unterhalt und Versorgungsausgleich, nicht aber für das Abwicklungsinteresse an (zB Jayme 266 ff; Gernhuber/Coester-Waltjen § 17 II mwN; Soergel/Spickhoff § 823 Rz 106 mwN; aA Mayer Haftung und Paarbeziehung 17, 104f). Im Hinblick auf Letzteres seien Abwehr- und Folgekosten ersatzfähig (zB Kosten für Scheidungsverfahren, durch Ehestörung verursachte Erkrankung, Ehelichkeitsanfechtung, Unterhalt für ein dem Ehebruch entstammendes Kind). Str ist, ob Anspruchsgegner nur der Dritte (zB Schwab NJW 57, 869, 870; Medicus/Petersen BürgR [27. Aufl 19] Rz 619) oder auch der Ehegatte (zB Erman/Wilhelmi § 823 Rz 45; Gernhuber/Coester-Waltjen § 17 II) sein kann und ob die Geltendmachung erst nach der Scheidung (Boehmer AcP 1956, 181, 190 f; FamRZ 57, 196, 197) oder auch schon vorher (Schwab NJW 56, 1150 [BGH 21.03.1956 - IV ZR 194/55]) möglich ist.
Rn 71
Bei Verletzungen des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe können nach der Rspr Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche geltend gemacht werden (BGHZ 6, 360, 366; NJW 90, 706, 707 f mwN; dagegen Mayer Haftung und Paarbeziehung 17, 94 ff), was insb mit Art 6 GG begründet wird (vgl nur Staud/J Hager § 823 Rz B 176). Nach der Gegenansicht kommt eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Ehegatten in Betracht (zB MüKo/Wagner § 823 Rz 344). Die Rspr gewährt Ansprüche in erster Linie gegen den Dritten (Ehestörer), gegen den Ehepartner nur, wenn dessen Mitwirkung zur Durchsetzung des Anspruchs erforderlich ist (BGHZ 6, 360, 366). Str ist, ob auch Schadensersatz verlangt werden kann (dafür zB BGH NJW 90, 706, 707 f mwN; Staud/J Hager § 823 Rz B 180; NK-BGB/Katzenmeier § 823 Rz 81; dagegen zB BeckOGK/Spindler § 823 Rz 182; Soergel/Spickhoff § 823 Rz 106 f mwN). Zu beachten ist eine mögliche Rechtfertigung oder Verwirkung solcher Ansprüche durch Einwilligung des betroffenen Ehepartners (Zweibr NJW 89, 1614, 1615 [OLG Zweibrücken 26.10.1988 - 2 UF 71/88]; BeckOGK/Spindler § 823 Rz 181; aA Staud/J Hager § 823 Rz B 179; Smid NJW 90, 1344, 1345).
Rn 72
In Bezug auf die eheliche Wohnung kommt in erster Linie ein Schutz des Besitzes als ›sonstiges Recht‹ in Betracht (BeckOGK/Spindler § 823 Rz 181 mwN).
c) Recht auf familienrechtliche Kontaktaufnahme.
Rn 73
Auch das aus § 1618a iVm Art 6 GG abgeleitete Recht auf familienrechtliche Kontaktaufnahme mit den engsten Verwandten wurde in einem Fall als ›sonstiges Recht‹ qualifiziert (LG Münster Sozialrecht aktuell 14, 171). Mag man hier auch den Zuweisungsgehalt bejahen, müssen doch in derartigen Fällen etwaige Kollisionen mit Rechten anderer Beteiligter (im konkreten Fall: Hausrecht der Antragsgegnerin) stets genau geprüft werden.
d) Recht der Totenfürsorge.
Rn 74
Auch das auf § 1922 zurückzuführende Recht der Totenfürsorge wird teilw als sonstiges Recht iSd § 823 I angesehen (so jetzt auch BGH VersR 19, 699 Rz 14 mwN). Hier können sich allerdings Folgeprobleme, insb im Hinblick auf die Ausschließlichkeit des Rechts bei mehreren Berechtigten, ergeben.