aa) Beeinträchtigung bzw Unterbrechung von Versorgungseinrichtungen.
Rn 38
Erste Fallgruppe der mittelbaren Substanzverletzungen ist die Beeinträchtigung bzw Unterbrechung von Versorgungseinrichtungen. Der BGH hat bei Produktionsstillstand durch Unterbrechung der Stromversorgung – neben einer Verletzung des Rechts am Unternehmen – eine Eigentumsverletzung abgelehnt (BGHZ 29, 65, 75), eine solche beim Verderb auszubrütender Eier aufgrund derselben Ursache jedoch bejaht (BGHZ 41, 123, 125 f; vgl auch BGHZ 64, 355, 360), da im ersten Fall lediglich eine Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit, im zweiten hingegen eine Substanzverletzung vorgelegen habe. In der Lit ist die Bewertung dieser Fälle str. Häufig wird – in Übereinstimmung mit den allg Grundsätzen bei mittelbaren Verletzungen (s.o. Rn 9) – stärker auf eine Verletzung von Verkehrspflichten der Versorger abgestellt (zB BeckOGK/Spindler § 823 Rz 131; Erman/Wilhelmi § 823 Rz 29); dann kommt bei Vorhersehbarkeit des Schadens auch eine Haftung bei bloßer Beeinträchtigung der Nutzungsmöglichkeit in Betracht (s.u. Rn 49 ff; so jetzt auch BGH VersR 23, 1169 Rz 41 ff). Daneben ist häufig eine Verletzung des Rechts am Unternehmen denkbar (s.u. Rn 79 ff). Vergleichbar behandelt wird die Beschädigung einer Grenzwand auf einem Grundstück (Substanzverletzung) durch Abreißenlassen eines direkt an die Grenzwand gebauten Gebäudes auf dem Nachbargrundstück (BGH NJW-RR 16, 588 [BGH 18.12.2015 - V ZR 55/15] Rz 11 ff).
bb) Wirkungslosigkeit eines sachschützenden Gegenstands.
Rn 39
Auch durch die Wirkungslosigkeit eines sachschützenden Gegenstands kann eine Substanzverletzung verursacht werden. In der Rspr wird eine Haftung nach § 823 I für möglich gehalten (BGHZ 80, 186 u 199: Fungizide zur Bekämpfung von Apfelschorf; NJW 85, 194: Dachabdeckfolie; NJW 96, 2224: Maschinenöl; Ddorf NJW-RR 00, 833, 835: Feuerlöschanlage), die Klagen scheiterten iE jedoch meist. Weil das Eigentum zwar wegen der Wirkungslosigkeit des Produkts, aber letztlich durch andere Einflüsse geschädigt wird, ist hier insb die haftungsbegründende Kausalität problematisch. Nach der Rspr (BGH aaO) ist sie gegeben, wenn der Betroffene den Schadenseintritt auf anderem Wege hätte verhindern können, aber im Vertrauen auf die Tauglichkeit des Produkts keine weiteren Schutzmaßnahmen ergriffen hat. Zu weiterreichenden Einschränkungen v Westphalen Jura 83, 57, 66; ProdHHdb/Foerste § 21 Rz 83 f; für ausschließliche Anwendung des Vertragsrechts zB G Hager AcP 1984, 413, 415 f; ders BB 87, 1748, 1749 f; Schwenzer JZ 88, 525, 530 f; D Koch Produkthaftung. Zur Konkurrenz von Kaufrecht und Deliktsrecht 95, 284 ff.
cc) Vom Geschädigten auf Veranlassung des Schädigers herbeigeführte Eigentumsverletzungen.
Rn 40
Str ist die Behandlung von Eigentumsverletzungen, die vom Geschädigten auf Veranlassung des Schädigers herbeigeführt wurden, bei denen der Geschädigte also die letzte Ursache gesetzt hat. Hier wird teilw eine Haftung nach § 823 I abgelehnt (zB Larenz/Canaris § 76 II 3 f; Stoll JZ 88, 153 ff [BGH 30.06.1987 - VI ZR 257/86] – zu einer Körperverletzung), zT aber auch bejaht (zB Staud/J Hager § 823 Rz B 87; BeckOGK/Spindler § 823 Rz 133; Erman/Wilhelmi § 823 Rz 29; zur vergleichbaren Situation bei einer Körperverletzung BGHZ 101, 215, 218 ff). Entscheidend dürfte sein, ob im konkreten Fall das Eingreifen des Geschädigten den Kausalzusammenhang unterbricht oder ob die Handlung des Schädigers die entscheidende (und dann weiterhin maßgebliche) Ursache für die nachfolgende Rechtsgutsverletzung ist.