Rn 159
Im Straßenverkehr sind insb die Grundsätze der gegenseitigen Rücksichtnahme und des Vertrauens auf verkehrsrichtiges Verhalten anderer von Bedeutung. Besondere, über das allg erforderliche Maß hinausgehende Rücksicht müssen Kraftfahrer auf ältere Menschen (BGH NJW 94, 2829, 2830 [BGH 19.04.1994 - VI ZR 219/93]), Kinder (BGH NJW 87, 2375, 2376 [BGH 17.02.1987 - VI ZR 75/86]; NJW-RR 92, 1616; NJW 97, 2756, 2757; Grenzen: BGH NJW 85, 1950, 1951 f [BGH 21.02.1985 - III ZR 205/83]; 97, 2756, 2757 [BGH 01.07.1997 - VI ZR 205/96]; 01, 152, 153 [BGH 10.10.2000 - VI ZR 268/99]) sowie schwächere Verkehrsteilnehmer, zB Fußgänger (zB BGH DB 59, 1003; NJW 00, 3069, 3070 [BGH 27.06.2000 - VI ZR 126/99]; 23, 2108 [BGH 04.04.2023 - VI ZR 11/21] Rz 12 ff, auch zu Grenzen des Vertrauensgrundsatzes) oder erkennbar Betrunkene (BGH NJW 00, 1040, 1041 [BGH 26.10.1999 - VI ZR 20/99]), nehmen, vgl auch § 3 IIa StVO. IÜ ist verkehrs- und regelgerechtes Verhalten erforderlich, insb eine der jeweiligen Verkehrssituation angepasste Geschwindigkeit (zB BGH NJW 51, 234, 235; 98, 2816, 2817 f; 99, 1860 ff; Hamm NZV 04, 356, 357; Kobl DAR 20, 261, 262), Beachtung der Vorfahrtsregeln (zB Hamm VersR 94, 952, 953; 01, 654, 655; NJW-RR 03, 975, 976), besondere Vorsicht beim Überholen (BGH NJW 57, 502, 503; VersR 72, 1071; NJW 00, 1949f) und Abbiegen (BGH NJW 62, 860, 861; BB 66, 920; NJW-RR 92, 350, 351: Vertrauensgrundsatz in Bezug auf Ampelsignal; zum Einscheren aus einer Grundstücksausfahrt in den fließenden Verkehr Hamm VersR 94, 952, 953; 98, 1167; KG VersR 99, 1382, 1383; Kobl DAR 04, 272: Ausbiegen aus einer Sackgasse) sowie die Einhaltung des erforderlichen Seiten- und Sicherheitsabstands (zB BGH BB 56, 803; NJW 75, 312, 313 [BGH 26.11.1974 - VI ZR 10/74]; für Autobahnen BGH NJW 87, 1075, 1076f [BGH 09.12.1986 - VI ZR 138/85]). Weiterhin bestehen Sicherungspflichten beim Parken (insb ausreichende Beleuchtung, BGH VRS 9, 427, 428; NJW 60, 2097 und Sicherung gegen Wegrollen, BGH BB 62, 578; Köln VersR 94, 1442) und Anhalten (zB BGH BB 64, 1149, 1150), in Bezug auf Sicherheit und Funktionstüchtigkeit des Kfz (Staud/J Hager § 823 Rz E 403) und Fahrtüchtigkeit, insb bei Überlassung an Dritte (BGH NJW 78, 421, 422 [BGH 29.11.1977 - VI ZR 51/76]; 88, 909, 910 [BGH 20.10.1987 - VI ZR 280/86]; 91, 418, 419 [BGH 16.10.1990 - VI ZR 65/90]; Grenze: BGH NJW 97, 660, 661 [BGH 26.11.1996 - VI ZR 97/96]), und zur Sicherung gegen unbefugte Benutzung (insb BGH VersR 60, 695; 736; NJW 71, 459, 460f [BGH 15.12.1970 - VI ZR 97/69]). Zusätzliche Verkehrspflichten können sich im Zusammenhang mit der Zunahme automatisierter Fahrfunktionen – insb soweit die Pflichten nicht durch den Gesetzgeber konkretisiert sind – ergeben. Inwieweit Fahrzeughalter und -führer zur Sicherung bzw Überprüfung der Funktionstüchtigkeit automatischer Systeme verpflichtet sind (dazu zB v Bodungen/Hoffmann NZV 16, 449, 451, 453 f; Stöber/Pieronczyk/Möller DAR 20, 609, 610f), wird noch zu konkretisieren sein und bedarf insb einer genauen Zumutbarkeitsprüfung im Einzelfall, bei der die jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten zu berücksichtigen sind. Bei einer Segway-Tour im öffentlichen Straßenverkehr muss der Veranstalter die Teilnehmer nicht nur einweisen, sondern sich insb auch vergewissern, dass diese sich im öffentlichen Verkehrsraum gefahrlos bewegen können (Dresd BeckRS 19, 21369). Segway-Fahrer müssen bei der Benutzung von gemeinsamen Rad- und Gehwegen den absoluten Vorrang von Fußgängern nach § 7 V MobHV beachten und ggf Schrittgeschwindigkeit fahren (Kobl BeckRS 19, 22940).