Rn 155
Sicherungspflichtiger bei Baustellen und Bauarbeiten ist in erster Linie der Bauherr (BGHZ 68, 169, 175; 120, 124, 128; WM 96, 835, 838; Brandbg BeckRS 09, 19318; Zweibr NJW-Spez 11, 622; bedenklich weitgehend Stuttg NJW 05, 2567 – in erster Linie zum Strafrecht, dazu Foerste NJW 05, 3182 ff; Ddorf BauR 12, 1970; Sonderfall: Bambg NJOZ 06, 1198, 1199 ff). Daneben treffen insb Architekten und Bauunternehmer Verkehrspflichten (BGHZ 114, 273, 275; NJW-RR 07, 1027 Rz 12 ff; VersR 14, 642 Rz 17; BGHZ 203, 224 Rz 11 ff; Frankf NZBau 06, 185; NJW-RR 13, 81; Ddorf BauR 12, 1970; IBR 16, 157, auch zur Arbeitsteilung zwischen Architekt und Statiker; Köln NJW-RR 21, 1462, 1463 f [OLG Köln 01.07.2021 - 7 U 117/20]; Jena 8 U 1133/20; Rebler ZfS 19, 185, 190f), ggf auch den Eigentümer des Grundstücks, auf dem Bauarbeiten stattfinden (München BeckRS 18, 23400: jedenfalls Überwachungs- und Instruktionspflicht). Eine Delegation ist möglich (BGHZ 68, 169, 175; 120, 124, 129); beim Bauherrn verbleiben jedoch Auswahl-, Überwachungs- und Koordinierungspflichten (BGHZ 120, 124, 129; NJW 82, 2187 f; Hamm NJW-RR 96, 1362; 99, 319; 09, 1616; Brandbg BauR 08, 406; 16, 1192, 1195; enger Brandbg BeckRS 09, 19318), ggf muss er selbst eingreifen (BGH DB 76, 2300; VersR 82, 595, 596; BGHZ 120, 124, 129). Bei den Verkehrspflichten von Bauhandwerkern werden insb in Bezug auf den Schutz von Versorgungsleitungen teilw strenge Maßstäbe angelegt (zB Dresd IBR 16, 88; LG Hanau BeckRS 15, 11281 – sehr weitgehend).
Rn 156
Durch die Verkehrspflichten geschützt werden insb alle, die sich befugt auf der Baustelle aufhalten (BGH DB 74, 426; BGHZ 68, 169, 175; 120, 124, 129; Ddorf NJW-RR 99, 318; Hamm MDR 14, 221 f; Grenzen: Kobl MDR 14, 468), auch zB Architekten (Stuttg VersR 90, 169, 170), Lieferanten und Besucher (BGH NJW 85, 1078, 1079), Beamte der Bauaufsicht (Hamm VersR 93, 491), Arbeitnehmer (BGH NJW 02, 1263, 1264), andere Auftraggeber (BGH NJW 85, 1078f), ggf auch Dritte, die durch von der Baustelle ausgehende Gefahren betroffen werden könnten (zu Sicherungspflichten in Bezug auf Nachbargrundstücke insb BGH VersR 60, 1116, 1117; 66, 165, 166; Ddorf BauR 93, 351, 352; Naumbg IBR 13, 148; hier kann zusätzlich eine Haftung aus § 823 II iVm § 909 in Betracht kommen).
Rn 157
Der Umfang der Verkehrspflichten ist ggü Bauunternehmern und -arbeitern geringer als ggü Besuchern (BGH NJW 02, 1263, 1264). Als Sicherungsmaßnahmen kommen insb Absperrungen (BGH VersR 14, 642 Rz 17 f; Karlsr VersR 82, 1010, 1011; Hamm VersR 89, 1278, 1279; 93, 491; NJW-RR 02, 1457, 1458; München VersR 90, 499, 500), Abdeckungen (BGH VersR 64, 431, 432; Celle BauR 95, 569; Hamm NJW-RR 96, 1362), Warnhinweise (zB BGH VersR 14, 642 Rz 17; Ddorf VersR 87, 414; Frankf VersR 88, 1180; NJOZ 11, 31; Jena NZV 06, 248; München ZIP 09, 1918; Braunschw BeckRS 19, 19010), Abstützungsmaßnahmen zur Sicherung gegen Einsturz (BGH VersR 66, 165, 166), die Gewährleistung der Standsicherheit von Gerüsten (zB BGH VersR 63, 651, 652; Köln VersR 96, 1518; Stuttg NJW-RR 00, 752, 753), Sicherungsmaßnahmen bei Höhenarbeiten (Köln BauR 04, 1321) und die Sicherung von Baumaschinen (München VersR 75, 453, 454; Naumbg VersR 96, 1384, 1385) in Betracht; auch regelmäßige Kontrollen können erforderlich sein (Hamm MDR 22, 1286), das dürfte auch nach Unwettern gelten, wenn die konkrete Unwettergefahr vorüber ist. Generell ist der Sicherheitsstandard jedoch niedriger als etwa auf einem Grundstück ohne Bauarbeiten (Hamm NJW-RR 18, 277 [OLG Hamm 17.07.2017 - 6 U 18/17]). Eine Verkehrspflicht zur Überprüfung von Bauschutt auf Kampfmittel beim Recycling sollte ohne besondere zusätzliche Anhaltspunkte nicht angenommen werden (Köln IBR 16, 344; nun auch BGH BeckRS 19, 18159 Rz 17 ff; 18917 Rz 5; zu etwaigen zusätzlichen Anhaltspunkten Rapp VersR 20, 136, 140); bei Abbrucharbeiten ist hingegen der Pflichtenstandard höher (Michalczyk IBR 16, 344). Besondere Vorkehrungen sind gegen die Beschädigung von Versorgungsleitungen, insb Gasleitungen, zu treffen (BGH VersR 85, 1147; NJW 96, 387; VersR 23, 1169 Rz 37 ff; NZBau 23, 587 Rz 37 ff); hier stellt die Rspr bei Arbeiten auf öffentlichem Grund strengere Anforderungen (BGH NJW 71, 1313, 1314; 96, 387; Hamm VersR 98, 70, 71; Köln BauR 18, 1758; Grenzen: Brandbg NZBau 17, 662, 663) als bei Arbeiten auf Privatgrundstücken (BGH NJW-RR 06, 674, 675 f [BGH 20.12.2005 - VI ZR 33/05]; Hamm NJW-RR 07, 809f [OLG Hamm 14.11.2006 - 21 U 43/06]). Str ist, ob die Grundsätze auf Zeltgründungsarbeiten übertragen werden können (Nürnbg OLGR 04, 169 einerseits; Saarbr NJW-RR 07, 1322, 1323 f [OLG Saarbrücken 27.03.2007 - 4 U 437/06] andererseits – sehr weitgehend).