Rn 102
Bei der Prüfung, ob die Blockade von Versorgungseinrichtungen in das Recht am Unternehmen eingreift, sind der Vorrang des Eigentums- bzw Besitzschutzes iRd § 823 I sowie die Grundsätze über mittelbare Verletzungen (s.o. Rn 9) zu beachten. Nach hM stellen vorsätzliche Betriebsblockaden (zB durch Absperrung des Betriebsgeländes) einen rechtswidrigen Eingriff in das Recht am Unternehmen dar, weil insb Art 5 I, 8 I GG nicht durchgreifen (zB BGHZ 59, 30, 35 ff; 137, 89, 99 f; Rostock OLGR 07, 767, 768; LG Bautzen BeckRS 12, 3381), nach aA ist eine gesonderte Prüfung erforderlich (zB Diederichsen/Marburger NJW 70, 777, 781f). Die Betriebsbezogenheit ist stets genau zu ermitteln (häufig problematisch bei Fahrlässigkeit) und dabei insb die Dauer der Behinderung zu berücksichtigen (Staud/J Hager § 823 Rz D 44 f mwN); sie dürfte auch bei den aktuellen Blockaden durch Umweltaktivisten im Einzelfall entscheidend sein. Beim Einsatz von Werbeblockern ist der Vorrang der Regelungen des UWG (insb § 3 I iVm § 4 Nr 4 bzw § 4a UWG) zu beachten; zudem dürfte hier die Betriebsbezogenheit des Eingriffs regelmäßig abzulehnen sein (dazu auch Schippel AfP 17, 185, 189 f mwN). Bei der unverlangten Zusendung von Werbe-E-Mails wird neben §§ 3 I, 4 Nr 4 und § 7 UWG (vgl nur BGH NJW 04, 1655, 1657 mwN; DB 13, 2561) häufig auch eine Verletzung des Rechts am Unternehmen geprüft (zB BGH NJW 09, 2958; DB 13, 2561; BGHZ 214, 204 Rz 14 ff; BAG NJW 09, 1990, 1992 f – iE abgelehnt; AG Bonn ZD 18, 374; entspr für Telefax-Werbung Hamm OLGR 07, 660; NJOZ 09, 4029 ff; BeckRS 16, 111845). Das dürfte trotz des grundsätzlichen Vorrangs des UWG (s.o. Rn 81) jedenfalls dort richtig sein, wo wettbewerbsrechtliche Ansprüche zB an mangelnder Klagebefugnis scheitern (s zB BGH NJW 09, 2958 Rz 9; DB 13, 2561). Die Wertungen des § 7 I, II Nr 2 iVm III UWG sind jedoch bei der Rechtswidrigkeitsabwägung zu berücksichtigen (s.a. BGH DB 13, 2561 Rz 20 mwN; BGHZ 214, 204 Rz 15). Ob Betriebsbezogenheit bereits bei einmaligem E-Mail-Kontakt anzunehmen ist (so BGH NJW 09, 2958 Rz 11 f mwN), erscheint beim Vergleich mit anderen Eingriffen in das Recht am Unternehmen, die meist deutlich schwerer wiegen, allerdings zweifelhaft (s.a. AG Dresden NJW 05, 2561 [AG Dresden 29.07.2005 - 114 C 2008/05]; LG München I MMR 07, 120, 121). Zum Streitwert in derartigen Fällen Frankf MMR 16, 454, 455 [BGH 15.10.2015 - I ZR 260/14]. Zu einem kaum verallgemeinerungsfähigen Sonderfall der Blockade durch Erschwerung des Zugangs zum Grundstück eines Schilderprägers durch eine Kommune Köln NJW 07, 1215.
Rn 103
[nicht besetzt]