a) Allgemeines.
Rn 20
Eine Haftung nach § 826 kommt auch in Betracht bei falschen Auskünften, Informationen oder Empfehlungen. Da solche nicht nur im Vorfeld eines Vertrags gegeben werden können, reicht diese Fallgruppe über diejenige der Täuschung zur Herbeiführung eines Vertrags (s.o. Rn 14) hinaus. § 826 kann bei grob leichtfertigem, gewissenlosem Verhalten eingreifen, insb wenn der andere Teil auf das Ansehen und die berufliche Kompetenz des Auskunftgebers vertraut (zB BGH BB 66, 1324 f; WM 75, 559, 560; NJW 91, 3282, 3283; 92, 3167, 3174; VersR 14, 210 Rz 10 mwN; ZIP 20, 1024 Rz 35); das gilt selbst bei Auskünften ›ins Blaue hinein‹ (BGH NJW 86, 180, 181 f; 91, 3282, 3283; BGHZ 159, 1, 11f). Die Haftung aus § 826 steht neben derjenigen aus §§ 241 II, 280 I, ggf iVm § 311 III, und aus selbstständigem oder unselbstständigem Beratungsvertrag, ggf mit Schutzwirkung für Dritte (dazu Schaub AcP 2002, 757, 784 ff mwN), und ergänzt diese. Daher wird teilw angenommen, § 826 verliere in diesem Bereich an Bedeutung (zB MüKo/Wagner § 826 Rz 85; NK-BGB/Katzenmeier § 826 Rz 28; zur Heranziehung von § 826 aber zB Lammel AcP 1979, 337, 342; Honsell FS Medicus [99] 211, 215 f, 220; Ebke/Scheel WM 91, 389 f; Canaris ZHR 99, 206, 214 f; Grunewald ZGR 99, 583, 591). Da jedoch alle diese Haftungskonstruktionen teilweise umstritten sind, insb – aber nicht nur – bei der Haftung ggü Dritten (zur vorvertraglichen Haftung zB Kiss WM 99, 117, 119 ff mwN; zum Beratungsvertrag zB Schaub AcP 2002, 757, 784 ff mwN; zum Vertrag mit Schutzwirkung für Dritte bei gegenläufigen Interessen zB Lammel AcP 1979, 337, 344; Honsell FS Medicus [99] 211, 228; Medicus JZ 95, 308 [BGH 10.11.1994 - III ZR 50/94]; Canaris JZ 98, 603, 604f), lässt sich der Anwendungsbereich des § 826 nicht mit Blick auf diese Anspruchsgrundlagen eingrenzen. Vielmehr ist eine Rückbesinnung auf den Grund der Haftung aus § 826 in dieser Fallgruppe notwendig: Sie lässt sich am besten als Haftung für Verletzung von Verkehrspflichten in der speziellen Ausprägung der Berufspflichten (§ 823 Rn 172 ff) begreifen (s.a. BeckOGK/Spindler § 826 Rz 48; Erman/Wilhelmi § 826 Rz 38); wegen der Lokalisierung bei § 826 sollte jedoch das Vorsatzerfordernis ernster genommen werden als dies bisweilen in der Rspr geschieht.
b) Einzelne Fallgruppen.
aa) Sachverständige, Gutachter, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater.
Rn 21
Sachverständige und Gutachter haften für falsche Auskünfte, insb über die finanzielle Situation einer Person oder über den Wert des Vertragsgegenstands (zB BGH BB 60, 1301; NJW 91, 3282; 92, 3167, 3174; BGHZ 175, 276 Rz 28 ff); Entsprechendes gilt für Wirtschaftsprüfer (zB BGH NJW 56, 1595; VersR 79, 283, 284; NJW 01, 360, 364 f; VersR 13, 367; NJW 14, 383 Rz 11 ff; ZIP 20, 1024 Rz 23 ff; VersR 22, 524 Rz 18 ff; ausf MüKo/Wagner § 826 Rz 138 ff; Staud/Oechsler § 826 Rz 223b ff; Poelzig ZBB 21, 73, 81 ff; Eschenfelder BB 23, 1387 ff mwN) und Steuerberater oder -bevollmächtigte (BGH NJW 86, 180, 181; 87, 1758f). Eine Haftung ggü Dritten, denen ggü die Auskunft nicht unmittelbar erteilt bzw das Gutachten nicht unmittelbar erstellt wurde, kommt nur in Betracht, wenn erkennbar war, dass die Auskunft bzw das Gutachten für das Handeln eines Dritten Bedeutung hat (BGH NJW 87, 1758, 1759; NJW-RR 89, 696; BGHZ 138, 257). Für die Haftung gerichtlicher Sachverständiger gilt der vorrangige § 839a (zum Vorrang insb BGH NJW 20, 2471 [BGH 25.06.2020 - III ZR 119/19] Rz 11, 17 mwN).
bb) Kapitalmarkt.
Rn 22
Auch bei falschen Auskünften von Banken über die Bonität oder Kreditwürdigkeit von Kunden kann eine Haftung aus § 826 in Betracht kommen (zB RG JW 1911, 584, 585; BGH NJW 70, 1737 [BGH 06.07.1970 - II ZR 85/68]; 84, 921, 922 [BGH 06.12.1983 - VI ZR 60/82]), ebenso bei Festsetzung überhöhter Verkehrswerte durch die finanzierende Bank (Celle OLGR 07, 216, 217f). Weiterhin kann bei der Prospekthaftung § 826 neben den Spezialregelungen in WpPG und VermAnlG sowie neben der vertragsrechtlichen Prospekthaftung anwendbar sein, soweit Regelungslücken verbleiben, s.a. § 16 II WpPG, § 22 VI 2 VermAnlG (zB BGHZ 96, 231, 243 f; NJW-RR 06, 611, 615 – beide zu §§ 44 ff BörsG aF; NJW 13, 1877 Rz 14; AG 22, 443 Rz 12 f: Verschweigen eines Zwischengewinns; ausf Buck-Heeb/Dieckmann NJW 22, 2873 ff). § 826 kann auch anwendbar sein bei Täuschungen oder Falschangaben beim Erwerb von Aktien (Stuttg WM 08, 1368, 1369 mwN unter Berufung auf BGH NJW 05, 2450; Nürnbg WM 10, 2118, 2119 f; Karlsr VersR 22, 760; nicht aber bei reiner Ausnutzung von Insiderkenntnissen beim Verkauf von Aktien, wenn die Insiderstellung dem Erwerber bekannt ist, Brandbg NZG 22, 1534, 1539) oder anderen Kapitalanlagen (BGHZ 175, 276 Rz 28 ff; ZIP 09, 2237 Rz 20 ff; WM 14, 71 Rz 21 ff; NZG 15, 559 Rz 10 ff; AG 15, 820 Rz 24 – ›Schwindelunternehmen‹; WM 15, 2112 Rz 24 ff; BeckRS 15, 18257 Rz 23 ff; WM 16, 1975 Rz 17; BeckRS 16, 17389 Rz 18; 21, 14047 Rz 20; Köln BeckRS 23, 20956; 20954; 20965; Wagner/Köster WM 20, 1711, 1719 f zu American Depositary Receipts) oder fehlenden Hinweisen auf erhöhte Risiken einer Anlage (BGHZ 124, 151, 162 f; NJW-RR 03, 923, 924 f; Ddorf Be...