a) Unlauterer Wettbewerb.
Rn 30
Die vorsätzliche Missachtung lauterkeitsrechtlicher Regelungen kann neben Schadensersatzansprüchen aus §§ 3 ff iVm § 9 UWG auch einen Schadensersatzanspruch aus § 826 begründen. Beide Haftungsregime stehen grds nebeneinander (zB BGHZ 36, 252, 254 ff; 51, 41, 48; NJW 77, 1062), das dürfte auch nach der Neufassung des § 9 UWG zum 28.5.22 gelten. § 826 kann auch Fälle unlauteren Verhaltens außerhalb des Anwendungsbereichs des UWG erfassen, insb bei Handlungen von Einzelpersonen, die – etwa mangels Vertretungsbefugnis – dem Unternehmen nicht zuzurechnen sind (zB RGZ 95, 54, 56 ff; 161, 229, 230 ff; BGH NJW 62, 1099 [BGH 26.03.1962 - II ZR 151/60]). Auch der Maßstab für die Verwerflichkeit des Verhaltens ist nicht notwendig identisch, denn § 3 I UWG stellt nicht mehr auf Sittenwidrigkeit, sondern auf Unlauterkeit ab. Zwar wird dies teilweise nicht als Änderung der früheren lauterkeitsrechtlichen Praxis betrachtet (zB Henning-Bodewig GRUR 04, 713, 715 f; Ohly GRUR 04, 889, 895), aber den unterschiedlichen Normzwecken entsprechend müssen die erfassten Fallgruppen auch innerhalb eines Wettbewerbsverhältnisses nicht notwendig kongruent sein (so insb Soergel/Hönn § 826 Rz 221; Köhler/Bornkamm/Feddersen/Köhler Einl UWG Rz 7.7. mwN; für eine ähnliche Auslegung in beiden Rechtsgebieten jedoch zB BeckOGK/Spindler § 826 Rz 126; Sack NJW 75, 1303, 1304; WRP 85, 1, 4). In der Praxis überwiegen wegen der niedrigen Tatbestandsschwelle Ansprüche aus dem UWG, die keinen Vorsatz erfordern (BeckOGK/Spindler § 826 Rz 126); zum für § 826 verbleibenden praktischen Anwendungsbereich s insb Staud/Oechsler § 826 Rz 385 ff; BeckOGK/Spindler § 826 Rz 127 ff.
b) Arbeitskampfmaßnahmen.
Rn 31
Maßnahmen im Arbeitskampf können nur bei Hinzutreten besonderer Umstände sittenwidrig iSd § 826 sein, zB bei Verletzung des Prinzips der fairen Kampfführung (BGHZ 70, 277, 282; BB 79, 1377; NK-BGB/Katzenmeier § 826 Rz 60) oder beabsichtigter wirtschaftlicher Vernichtung des Gegners (BAG NJW 71, 1668). Schwierig kann die Beurteilung bei Sympathiearbeitskämpfen sein; völlig auszuschließen ist eine Sittenwidrigkeit hier im Einzelfall nicht (dazu insb Löwisch AP GG Art 9 Arbeitskampf Nr 182; abl im konkreten Fall BAG NZA 16, 47 [BAG 25.08.2015 - 1 AZR 754/13] Rz 55).
c) Doping?
Rn 32
Ob Doping im Verhältnis zu Personen, die ein besonderes Vertrauen in die Sportausübung gesetzt haben, sittenwidrig ist (so insb Deutsch VersR 08, 145, 150f), erscheint schon angesichts der sich ständig ändernden Listen verbotener Substanzen zweifelhaft. Zumindest müsste der Tatbestand des § 826 insb in Bezug auf die Kausalität genau eingegrenzt werden, so dass – zumal mit Blick auf das AntiDopG – fraglich ist, ob danach faktisch noch ein Anwendungsbereich des § 826 in Dopingfällen verbleibt. Im Verhältnis zu konkurrierenden Sportlern könnte eher eine Anwendung des UWG in Betracht kommen (dazu Frisinger/Summerer GRUR 07, 554 ff; für eine Anwendung auch von § 826 im Verhältnis zu Konkurrenten Brugger Haftung im Spitzensport und AntiDopG 19, 264 ff).
d) Missachtung von Verbandsregeln im Sport?
Rn 33
In neuerer Zeit ist die Frage aufgeworfen worden, ob auch eine Missachtung von Verbandsregeln im Sport eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung darstellen kann. Das dürfte nur dann zu bejahen sein, wenn ein besonderes sittenwidrigkeitsbegründendes Element hinzukommt. Ob es dafür bereits ausreicht, dass es Zuschauer beim Zünden von Knallkörpern billigend in Kauf nehmen, dass ihrem Verein deswegen eine Verbandsstrafe auferlegt wird (s dazu BGHZ 211, 375 Rz 32, wo die Frage im Ergebnis offenblieb), erscheint zumindest zweifelhaft (aA Lambertz CaS 16, 344, 345f), da die Intention einer Schädigung des Vereins hier regelmäßig nicht im Vordergrund stehen dürfte und das Verhalten mit den sonstigen Schädigungsweisen, bei denen üblicherweise Sittenwidrigkeit angenommen wird, ohne zusätzliche, besonders verwerfliche Elemente kaum vergleichbar ist. Die vertragsrechtlichen Regeln dürften hier zum Schutz des Vereins idR ausreichen.