Rn 7
Gem § 828 II sind Kinder zwischen 7 und 10 Jahren nicht verantwortlich für Schäden im Zusammenhang mit einem Unfall mit einem Kraftfahrzeug, einer Schienenbahn oder einer Schwebebahn (S 1), sofern sie die Verletzung nicht vorsätzlich herbeigeführt haben (S 2). Die Schwelle für die Verschuldensfähigkeit wird heraufgesetzt, weil Kinder dieses Alters regelmäßig überfordert sein dürften, Gefahrensituationen im motorisierten Verkehr richtig einzuschätzen, insb aufgrund unzutreffender Beurteilung von Geschwindigkeit und Entfernung solcher Fahrzeuge (BTDrs 14/7752, 26 f; Bollweg NZV 00, 185, 186; G Müller VersR 03, 1, 7; auch schon Schlesw NJW-RR 03, 459, 460; zur Kritik insb BeckOK/Spindler § 828 Rz 4 mwN). Der Schwerpunkt der Anwendung des Abs 2 dürfte iRd § 254 sowie der §§ 4 HPflG, 9 StVG liegen (vgl insb Erman/Wilhelmi § 828 Rz 2a). Unfall ist – ähnl wie bei § 7 StVG – ein plötzliches, örtlich und zeitlich bestimmtes, auf einer äußeren Einwirkung beruhendes Ereignis, bei dem ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt wird (Kilian ZGS 03, 168, 169 mwN). Anders als bei § 7 StVG, der auch Unfälle im ruhenden Verkehr erfassen kann (BGHZ 29, 163, 169; Bambg VersR 67, 562), kommt es bei § 828 II auf das spezifische Gefahrenpotential des motorisierten Verkehrs an, das sich im ruhenden Verkehr gerade nicht verwirklicht. Daher greift die Vorschrift infolge teleologischer Reduktion nicht ein bei Beschädigung eines parkenden Fahrzeugs durch spielende Kinder (insb BGHZ 161, 180, 183 ff; NJW 05, 356; NJW-RR 05, 327f), wohl aber wenn ein Kind mit dem Fahrrad auf einen verkehrsbedingt vorübergehend anhaltenden PKW auffährt (BGH NJW 07, 2113 [BGH 17.04.2007 - VI ZR 109/06] Rz 10f) oder sein Fahrrad rollen lässt und dieses mit einem vorbeifahrenden PKW kollidiert (BGH NJW 08, 147 Rz 7 ff; krit Bernau DAR 08, 78f). Der BGH legt die Regelung noch weiter aus und wendet sie auch im ruhenden Verkehr an, wenn sich in diesem ›eine spezifische Gefahr des motorisierten Verkehrs verwirklich[t]‹ (BGHZ 181, 368 Rz 7), was er zB annimmt, wenn ein Kind mit dem Fahrrad gegen die geöffnete Tür eines am Fahrbahnrand stehenden Fahrzeugs (VersR 08, 701 Rz 6) oder gegen ein nicht ordnungsgemäß geparktes Auto (BGHZ 181, 368 Rz 12f) fährt (krit zu Recht Oechsler NJW 09, 3185, 3186 ff). Bei einer so weiten Auslegung müsste gefragt werden, ob § 828 II auch auf Kinder anzuwenden ist, die im Gleiskörper von Schienenbahnen spielen, weil sie die damit verbundene spezifische Gefahr nicht wahrnehmen. Nicht von § 828 II erfasst werden Radfahrer (Jansen JZ 02, 964, 969; Hentschel NZV 02, 433, 442; Kilian ZGS 03, 168, 169; krit zB Pardey DAR 13, 1, 6; C Huber NZV 13, 6, 9) und Inline-Skater (BGHZ 150, 201, 206; Kilian ZGS 03, 168, 169; diff Vogenauer VersR 02, 1345 ff, 1478 ff – jew in Bezug auf § 24 I StVO), str für Anhänger (für Einbeziehung Hk/Staudinger § 828 Rz 2; dagegen Lemcke ZfS 02, 318, 324). Nicht erforderlich ist, dass die Schädigung ausschließlich durch ein Kfz oder eine der genannten Bahnen verursacht wurde. Bei vorsätzlicher Herbeiführung der Verletzung bleibt die Haftung bestehen (II 2); der Vorsatz muss sich nicht nur auf den Rechtsverstoß, sondern auch auf den konkreten Schaden beziehen (s insb Erman/Wilhelmi § 828 Rz 2b; NK-BGB/Katzenmeier § 828 Rz 7; Hambg ZfS 96, 371).