I. Beamter iSd § 839.
1. Taugliche Person.
Rn 11
IRd § 839 gilt der haftungsrechtliche Beamtenbegriff. Danach sind Amtsträger und ›Beamte‹ iSd § 839 und des Art 34 S 1 GG jeder, den der Bund, ein Land oder eine andere öffentlich-rechtliche Körperschaft mit öffentlicher Gewalt ausgestattet hat, ohne Rücksicht darauf, ob ihm staatsrechtliche Beamteneigenschaft zukommt. Beamte in diesem Sinne können deshalb auch Private oder private Unternehmer sein, wenn sie auf der Basis von Gesetzen oder durch einen Verwaltungsakt mit hoheitlichen Aufgaben betraut worden sind (Beliehene Personen) ebenso bei bloßen Hilfstätigkeiten Privater im Rahmen öffentlicher Verwaltung (Verwaltungshelfer) (BGH VersR 05, 362). Für Letzteres ist erforderlich, dass ein innerer Zusammenhang und eine engere Beziehung zwischen der Betätigung des Privaten und der hoheitlichen Aufgabe besteht, wobei die öffentliche Hand in so weitgehendem Maße auf die Durchführung der Arbeiten Einfluss nimmt, dass der Private gleichsam als bloßes ›Werkzeug‹ oder ›Erfüllungsgehilfe‹ des Hoheitsträgers handelt und dieser die Tätigkeit des Privaten deshalb wie eine eigene gegen sich gelten lassen muss (BGH MDR 19, 989 [BGH 06.06.2019 - III ZR 124/18]; Bsp für fehlenden Einfluss: BGH MDR 23, 844 [BGH 13.04.2023 - III ZR 215/21]). Der Staat kann sich der Amtshaftung für fehlerhaftes Verhalten seiner Bediensteten grds nicht dadurch entziehen, dass die Durchführung einer angeordneten Maßnahme durch privatrechtlichen Vertrag auf einen privaten Unternehmer übertragen wird (BGHZ 200, 188). Ob ein öffentliches Amt oder eine privatrechtliche Tätigkeit ausgeübt wird, kann wie die Frage, ob eine Streitigkeit iSd § 40 I VwGO vorliegt, danach beurteilt werden, ob der Amtsträger auf der Basis öffentlich-rechtlicher oder privatrechtlicher Normen tätig wurde. Unter diesen Voraussetzungen gehören zu Beamten iSd § 839 auch die Abgeordneten des Bundes und der Länder, wobei aber genauer zu prüfen ist, ob die angeblich schädigenden Handlungen drittschützenden Charakter haben oder im Allgemeininteresse liegen (BGHZ 162, 49).
Rn 12
Im Einzelnen werden als Amtsträger angesehen: Amtsärzte (BGHZ 126, 386 – Impfarzt; NJW 94, 2415 – Gesundheitsamt); Vertrauensärzte von Sozialversicherungsträgern und Arbeitsämtern (BGHZ 63, 265), Rettungsdienste (BGH NJW 91, 2954), soweit nicht rein privatrechtlich organisiert, Bezirksschornsteinfeger bei der Feuerstättenschau, der Bauabnahme und iRd Immissionsschutzes (BGHZ 62, 372); (freiwillige) Feuerwehr (BGHZ 63, 167); Soldaten (BGH VersR 96, 1016); hoheitlich tätige Prüfer (BGHZ 191, 71; 122, 85 – TÜV; 147, 169); Zivildienstleistende. Die Zielsetzung entscheidet bei: Bank und Subventionen: BGH NJW 00, 1042 [BGH 07.12.1999 - XI ZB 7/99]; Prüfingenieur: BGH MDR 16, 879 [BGH 31.03.2016 - III ZR 70/15]; Vermessungsingenieur: BGH MDR 17, 1359 [BGH 07.09.2017 - III ZR 618/16].
2. Überleitung nach Art 34 GG.
Rn 13
Der Amtshaftungsanspruch des § 839 ist eigentlich gegen den Beamten gerichtet. Er setzt ein individuelles Fehlverhalten des einzelnen Beamten voraus (BGHZ 170, 260), ohne dass er namentlich benannt werden müsste, es reicht eine Verletzung von Organisationspflichten (BGH aaO; Rn 33). Erfasst werden alle begangenen Pflichtverletzungen, die der schädigende Beamte in Ausübung eines Amtes begangen hat, gleichgültig ob sie der hoheitlichen oder der fiskalischen Verwaltung zuzurechnen sind (BGHZ 34, 99). Hat er hoheitlich gehandelt, geht dieser Anspruch nach Art 34 1 GG im Wege einer befreienden Schuldübernahme auf den Staat über (BGH NJW 88, 129; BGHZ 34, 99), auch bei Delegation von Verkehrspflichten (VersR 15, 323). § 839 ist dabei die haftungsbegründende, Art 34 GG die haftungsverlagernde Norm (BGH NJW 02, 3096 [BGH 27.06.2002 - III ZR 234/01]). Der Beamte haftet insoweit nicht persönlich, auch nicht bei vorsätzlichem Verhalten (BGH NJW 02, 3172 [BGH 01.08.2002 - III ZR 277/01]) und ebenfalls nicht als bloßer Fahrer bei einem Verkehrsunfall (Rn 14). Keine Haftungsübernahme erfolgt bei sog Gebührenbeamten, soweit das RBHaftG oder entsprechende Ländergesetze noch gelten (so bei Bezirksschornsteinfegern – BGH VersR 83, 462; nicht bei: Gerichtsvollziehern – BGHZ 146, 17; Hess Ortsgerichtsvorstehern – BGHZ 113, 71).
3. Persönliche Haftung des Beamten.
Rn 14
Für eine persönliche Haftung ggü geschädigten Dritten bleibt dann nur noch Raum, soweit eine Staatshaftung im konkreten Fall ausscheidet, weil sie etwa durch Sondergesetze ausgeschlossen ist (Fall in BGH NJW 88, 129), bei Wahrnehmung bürgerlich-rechtlicher (fiskalischer) Belange (BGHZ 110, 253), bei schlicht-hoheitlichem Handeln in privaten Rechtsformen oder weil eine unvertretbare persönliche Handlung des Beamten in Rede steht, die von dem Dienstherrn deshalb nicht angemessen kompensiert werden kann (BGHZ 34, 99) oder etwa Unterlassungsansprüche bei Urheberrechtsverletzungen (BGH GRUR 93, 37). Soweit kein Amtshandeln vorliegt, bleibt es bei der persönlichen Haftung nach § 839 I 2 einschl des Verweises bei Fahrlässigkeit auf eine anderweitige Ersatzmöglichkeit. Das kann auch die Haftung des Dienstherrn sein, soweit ...