1. Anspruchsgrundlagen aus Gesetzen.
Rn 4
Bei Zivilklagen gegen den Staat ist neben § 839 auch an andere Gesetze zu denken. So etwa: Wassergesetze: §§ 96 ff WHG (zu § 19 WHG aF: BGHZ 133, 271, BayObLG NVwZ-RR 00, 750) und einige Landeswassergesetze gewähren Ausgleichsansprüche, wenn durch die Einrichtung eines Wasserschutzgebietes oder Maßnahmen des Naturschutzes die Nutzung landwirtschaftlicher Flächen beschränkt wird (Einzelheiten bei Hötzel AgrarR 95, 43). In Anspruchskonkurrenz stehen Ansprüche aus dem StrEG, den Polizeigesetzen (BGH NJW 96, 3151; ausf: VersR 11, 808) und aus § 2 I 1 HPflG (Rohrleitungen; Rn 147). Zum Verhältnis zum StVG s Rn 14.
2. Öffentlich-rechtliche Verwahrung.
Rn 5
Auf die öffentlich-rechtliche Verwahrung sind die für den privatrechtlichen Verwahrungsvertrag geltenden Regeln der §§ 668 ff anzuwenden. Es wird auf die dortige Kommentierung verwiesen (§ 688 Rn 10). Zuständig sind die Zivilgerichte, § 40 II VwGO (BGH NJW 05, 988 [BGH 03.02.2005 - III ZR 271/04]).
3. Enteignungsgleicher Eingriff.
Rn 6
Es wird unterschieden zwischen dem – rechtswidrigen – enteignungsgleichen und dem – an sich rechtmäßigen – enteignenden Eingriff. Ein Entschädigungsanspruch aus enteignendem Eingriff setzt voraus, dass rechtswidrig in eine durch Art 14 GG geschützte Rechtsposition von hoher Hand unmittelbar eingegriffen und dem Berechtigten dadurch ein besonderes, anderen nicht zugemutetes Opfer für die Allgemeinheit auferlegt wird (BGHZ 170, 260). Im Gegensatz zur klassischen Enteignung, nämlich einem staatlichen Zugriff auf das Eigentum, der auf die vollständige oder teilweise Entziehung konkreter, dem Schutz des Art 14 I 1 GG unterliegender Rechtspositionen des Einzelnen gerichtet ist, handelt es sich beim enteignenden Eingriff um die meist unvorhersehbaren nachteiligen Nebenfolgen des an sich rechtmäßigen staatlichen Handelns, das idR nicht mit Mitteln des verwaltungsrechtlichen Rechtsschutzes wirksam abgewendet werden kann (BGH NJW 84, 1876). Beide Rechtsinstitute verlangen einen unmittelbar durch eine hoheitliche Maßnahme herbeigeführten Eingriff (BGH NJW 80, 770 [BGH 13.12.1979 - III ZR 95/78]). Schutzgut sind die von der Eigentumsgarantie des Art 14 I GG umfassten Rechtspositionen, dagegen nicht bloße Chancen und Aussichten, auf die ein rechtlich gesicherter Anspruch nicht besteht (BGH NJW 05, 748 [BGH 09.12.2004 - III ZR 263/04]). Ist das Amtshandeln vertretbar und damit nicht rechtswidrig, entfallen auch enteignungsgleiche Ansprüche (BGH AfP 17, 234 [BGH 15.12.2016 - III ZR 387/14]). Passivlegitimiert ist der Begünstigte der Maßnahme (BGH NJW 84, 1876). Der Anspruch aus enteignungsgleichem Eingriff ist ein verschuldensunabhängiger Entschädigungsanspruch, der neben den Amtshaftungsanspruch treten kann (BGHZ 197, 43), auch neben Ansprüchen aus den Polizeigesetzen (BGH VersR 11, 808). Während der Amtshaftungsanspruch auf vollen Schadensersatz gerichtet ist, gewährt er lediglich eine ›angemessene Entschädigung‹, die nicht zwingend hohe Schäden erfordert (BGHZ 170, 260), wobei auch § 254 anwendbar ist (BGH BauR 88, 111).
4. Aufopferung.
Rn 7
Die Aufopferung betrifft in Ergänzung des Art 14 GG Schäden des Bürgers an immateriellen Rechten und Rechtsgütern (Leben, Gesundheit, körperliche Integrität) aufgrund eines rechtswidrigen hoheitsrechtlichen Eingriffs (Ossenbühl Staatshaftungsrecht, 131). Der Anspruch kann auch auf Schmerzensgeld gehen (BGH MDR 17, 1242 [BGH 07.09.2017 - III ZR 71/17]).
5. Öffentlich-rechtliche Pflichtverletzung.
Rn 8
Soweit Ansprüche aus einem öffentlich-rechtlichen Vertrag in Rede stehen, ist grds für Amtshaftungsansprüche kein Raum, insoweit sind die Verwaltungsgerichte zuständig. Das gilt auch für Aufwendungs- oder Erstattungsansprüche, ebenso für solche wegen Nicht- oder Schlechterfüllung (BGH NJW 83, 2311 [BGH 10.02.1983 - III ZR 151/81]) und für Verhandlungsverschulden bei der Anbahnung von Verträgen (§ 311 – früher cic, OVG Weimar NJW 02, 386 [OVG Thüringen 22.08.2001 - 1 ZO 651/99]). Bei Schadensersatzansprüchen wegen Verletzungen einer Nebenpflicht nach § 280 sind die ordentlichen Gerichte zuständig (BGHZ 59, 303), sofern eine besonders enge, primär von öffentlich-rechtlichen Rechtsnormen geprägte Rechtsbeziehung zwischen Bürger und Staat besteht (BGH RdL 07, 182; VersR 07, 549). Amtshaftungsansprüche nach § 839 stehen gleichwertig nebeneinander dazu in Konkurrenz (BGH VersR 07, 549; LG Konstanz 27.7.06 – 4 O 234/05 – Flugsicherung; Detterbeck JuS 02, 127); z Abgrenzung: BGH BauR 06, 1876; zur Zuständigkeit Rn 10).
6. Öffentlich-rechtliche GoA und Erstattungsanspruch.
Rn 9
Die Erfüllung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht schließt es nicht aus, gleichzeitig ein privatrechtliches Geschäft eines anderen zu führen. Wird hierbei einem Dritten grob fahrlässig ein Schaden zugefügt, sind GoA-Ansprüche denkbar (BGHZ 63, 167). Der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch entspricht dem privatrechtlichen Bereicherungsanspruch nach § 812 und folgt dessen Regeln.
7. Konkurrenzen und Zuständigkeit.
Rn 10
Soweit die hier behandelten anderen Anspruchsgrundlagen gegeben sind, treten sie neben den Amtshaftungsanspruch (BGHZ 63, 167). Zur Subsidiarität s Rn 40 aE. Für mit Amtspflichtverletzungen konkurrierende Ansprüche ist das Zivilgericht ebe...