Rn 76
Darlegungs- und beweispflichtig ist der Anspruchsteller. Voll zu beweisen hat er den Pflichtverstoß und dass er in seinen Interessen so betroffen worden ist, dass nachteilige Folgen für ihn eintreten können (BGH WM 96, 1333 [BGH 07.03.1996 - IX ZR 169/95]). Besteht die Amtspflichtverletzung in einem Unterlassen, kann ein Ursachenzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden nur bejaht werden, wenn der Schadenseintritt bei pflichtgemäßem Handeln mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden wäre; eine bloße Möglichkeit oder eine gewisse Wahrscheinlichkeit genügen nicht. Der Geschädigte hat darzulegen und zu beweisen, in welcher für ihn günstigen Weise das Geschehen bei Vornahme der gebotenen Amtshandlung verlaufen wäre (BGH VersR 05, 1079; 94, 937). Werden etwa Bäume nicht kontrolliert, so ist dies für das Schadensereignis nur dann kausal, wenn eine regelmäßige Besichtigung zur Entdeckung der Gefahr bzw der Schädigung des Baums hätte führen können (BGH NJW 04, 1381 [BGH 04.03.2004 - III ZR 225/03]). Der Geschädigte hat auch das Fehlen einer anderweitigen Ersatzmöglichkeit zu beweisen (BGH NJWZ 121, 65; s.a. Rn 59, Rn 60). Ist eine Pflichtverletzung bewiesen (zB ein zu gering dimensioniertes Abwassersystem), obliegt dem Gegner die Beweislast für ein rechtmäßiges Alternativverhalten (der Schaden wäre wegen eines ›Jahrhundertregens‹ auch bei einer richtig bemessenen Anlage eingetreten; BGH VersR 98, 494). IRd Verjährungseinrede hat der Schuldner die Tatsachen für den Eintritt der Verjährung darzulegen und zu beweisen, also eine so frühe Kenntnis des Gläubigers, dass vor verjährungsunterbrechenden Maßnahmen der Anspruch verjährt war (BGH VersR 00, 1026). Für die Kausalität zwischen der Nichteinlegung des Rechtsmittels und dem Schadenseintritt ist der Schädiger beweispflichtig (BGHZ 156, 294), ebenso für die tatsächlichen Voraussetzungen einer Vorteilsausgleichung (BGH VersR 03, 1405) und für Umstände, die das Verschulden ausschließen, wie einen entschuldbaren Rechtsirrtum (BGH VersR 05, 1584). Der Geschädigte trägt auch die Beweislast für negative Tatsachen wie eine unterbliebene Beratung/Aufklärung. Der Notar [Beamte] muss aber sehr substantiiert bestreiten; er muss den Gang der Verhandlungen im Einzelnen schildern und konkret angeben, welche Hinweise und Belehrungen er erteilt haben will (BGH VersR 06, 1699). Zum erleichterten Beweismaß des § 287 ZPO für die haftungsausfüllende Kausalität gehören der Nachweis des eigentlichen Eintritts des Schadens und dessen Höhe (BGH WM 08, 1753) sowie die Schadensteilung nach § 254 (BGH VersR 07, 1224).
Rn 77
Beweiserleichterungen: Stehen die Amtspflichtverletzung und der zeitlich nachfolgende Schaden fest, so kann der Geschädigte der öffentlichen Körperschaft den Nachweis überlassen, dass der Schaden nicht auf die Amtspflichtverletzung zurückzuführen ist, sofern nach der Lebenserfahrung eine tatsächliche Vermutung oder eine tatsächliche Wahrscheinlichkeit für den ursächlichen Zusammenhang bestehen (BGH VersR 05, 1086; MDR 17, 278); anderenfalls bleibt die Beweislast beim Geschädigten (BGH NJW 04, 1381). Wird ein bestimmter Rat oder eine bestimmte Warnung geschuldet, so spricht eine Anscheinsvermutung dafür, dass die Beteiligten dem gefolgt wären. Dem Schädiger bleibt es überlassen, diesen Zusammenhang zu erschüttern (BGH NJW 95, 332; 99, 3010 für die Notarhaftung). Die Vermutung beratungsgerechten Verhaltens greift indes nur ein, wenn bei vertragsgemäßer Beratung für den Betroffenen vernünftigerweise nur eine Entscheidung nahegelegen hätte. Kommen hingegen verschiedene Handlungsweisen mit unterschiedlichen Vorteilen und Risiken ernsthaft in Betracht, ist grds kein Raum für einen Anscheinsbeweis (BGH WM 08, 1753). Im Bereich von Verkehrspflichtverletzungen können dortige Beweisregeln eingreifen (BGH VersR 13, 498 – Aufsichtspflichtverletzung).
Rn 78
Weitere Beweiserleichterungen sind denkbar, wenn interne Vorgänge bei Behörden betroffen sind (BGHZ 170, 260), sie sich auf eine Schweigepflicht berufen (BGH VersR 11, 796) oder eine fiktive Entscheidung einer Behörde nachzubilden ist, wie es bei Stellenbesetzungen und Prüfungsentscheidungen sein kann. Dort können dem Geschädigten Beweiserleichterungen bis zur Umkehr der Beweislast zugebilligt werden (BGHZ 129, 226). Aus einem negativen Ergebnis allein kann jedoch noch nicht auf eine Pflichtverletzung geschlossen werden (BGHZ 187, 286 – objektiv lange Verfahrensdauer).