Rn 4
Im Außenverhältnis haften die Schädiger gem § 840 I als Gesamtschuldner iSd §§ 421 ff, dh der Gläubiger kann von jedem Ersatz des gesamten Schadens verlangen, aber insgesamt nur einmal. Probleme ergeben sich bei Haftungsprivilegierungen einzelner Schuldner sowie bei Mitverschulden des Geschädigten.
1. Haftungsprivilegierungen.
Rn 5
Bei Haftungsprivilegierungen im Außenverhältnis zugunsten einzelner Schädiger (gestörtes Gesamtschuldverhältnis, zB aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Haftungsmilderungen, Haftungsausschlüsse oder Haftungshöchstgrenzen) stellt sich die Frage, zu wessen Lasten sich diese iE auswirken. In Betracht kommen drei Möglichkeiten (dazu zB Medicus/Petersen BürgR Rz 928 ff; BeckOGK/Förster § 840 Rz 27 ff mwN): Bleibt die Privilegierung beim Rückgriff der anderen Gesamtschuldner unberücksichtigt, wird also ein (ungestörtes) Gesamtschuldverhältnis fingiert, wirkt sich dies zu Lasten des privilegierten Schädigers aus (so die frühere Rspr, insb zu Haftungshöchstgrenzen und -beschränkungen, zB BGHZ 12, 213, 220; 58, 216, 219; s.a. BGHZ 158, 354, 364 ff; diff Staud/Vieweg/Lorz § 840 Rz 52 ff). Berücksichtigt man hingegen die Privilegierung auch im Innenverhältnis, geht dies zu Lasten der übrigen Schädiger (so zB BGHZ 103, 338, 346 ff unter ausdrücklicher Aufgabe der früheren, entgegengesetzten Rspr; BGHZ 159, 318, 323; weiterhin zu § 839 I 2 zB BGHZ 61, 351, 357 f; NJW 86, 2883, 2884 mwN). Schließlich kann auch zu Lasten des Geschädigten eine Kürzung seines Anspruchs gegen die übrigen Schädiger um den Betrag, der auf den privilegierten Schädiger entfiele, erfolgen und gleichzeitig der Regress im Innenverhältnis zugunsten des privilegierten Schädigers eingeschränkt werden (so die Rspr insb in Bezug auf Haftungseinschränkungen gem §§ 104 ff SGB VII, zB BGHZ 51, 37; 155, 205, 213 f; NJW 05, 2309, 2310; 3144; VersR 10, 1190 Rz 12; BGHZ 203, 224 Rz 19 ff mwN, und für das Angehörigenprivileg bei Regressansprüchen von Versicherungsträgern, s BGHZ 54, 256, 258 ff; 73, 190, 195; weiterhin zB Stoll FamRZ 62, 64 ff; Medicus/Petersen BürgR Rz 933–934; Soergel/Krause § 840 Rz 25 ff; MüKo/Wagner § 840 Rz 32 ff; BeckOK/Spindler § 840 Rz 7, 13; NK-BGB/Katzenmeier § 840 Rz 14 mwN). Die dritte Lösung erscheint angemessen, da nur sie es ermöglicht, die Haftungsprivilegierung auch im Verhältnis zwischen denjenigen Personen zu berücksichtigen, unter denen sie eigentlich gelten soll. Bei den anderen Lösungen würde jeweils der Geschädigte einen – ungerechtfertigten – Vorteil daraus ziehen, dass er durch mehrere gleichzeitig geschädigt wurde.
Rn 6
Haftungsfreistellungen im Innenverhältnis zwischen den Schädigern wirken nach der Rspr im Verhältnis zum Geschädigten nur, wenn sie die Schadensprävention betreffen (BGH NJW 87, 2669, 2670 mwN; BGHZ 110, 114, 119; krit Erman/Wilhelmi § 840 Rz 8).
2. Mitverschulden des Geschädigten.
Rn 7
Ein Mitverschulden des Geschädigten führt zur Kürzung der gesamtschuldnerischen Haftung gem § 254. Bei Mitverschulden ggü einem einzelnen Schädiger stellt sich wiederum die Frage einer Wirkung im Verhältnis zu den anderen Schädigern. Bei gemeinschaftlich begangenen unerlaubten Handlungen (§ 830 I 1, II) wird überwiegend eine Gesamtabwägung vorgenommen mit der Folge, dass sich die Gesamtschuld auf den bereits gem § 254 gekürzten Betrag beschränkt (s nur BGHZ 30, 203, 205f). Das entspricht der hier bevorzugten Lösung bei Haftungsprivilegierungen (Rn 5) und erscheint aus den gleichen Gründen wie dort angemessen. Bei Nebentäterschaft kombiniert die Rspr Einzel- und Gesamtabwägung, indem sie zunächst die einzelnen Haftungsquoten der Nebentäter ermittelt; deren Summe ergibt den Betrag der Gesamtschuld. In Bezug auf etwaige verbleibende überschießende Haftungsbeträge wird eine Teilschuld iSd § 420 angenommen (s nur BGHZ 30, 203, 211 f; NJW 06, 896 Rz 12; weitgehend zust MüKo/Wagner § 840 Rz 28f). Ausnahmsweise wird jedoch ausschließlich eine Gesamtabwägung vorgenommen bei Haftungseinheit (wenn die Haftung der Nebentäter auf demselben Lebenssachverhalt beruht, zB Haftung nach §§ 7, 18 StVG oder nach §§ 823, 831, zB BGH NJW 66, 1262, 1263; NJW-RR 89, 918, 920, beide mwN) oder bei Zurechnungs- bzw Tatbeitragseinheit (zB BGHZ 61, 213, 218 mwN; NJW 96, 2646; 2023, 2024 mwN). Ein Teil der Lit will auch hier ausschließlich eine Gesamtbetrachtung vornehmen (s NK-BGB/Katzenmeier § 840 Rz 29 mwN), was angesichts der Schwierigkeiten der Ermittlung solcher Ausnahmetatbestände im Interesse einer einheitlich handhabbaren Lösung angemessen erscheint.