Gesetzestext
Ist wegen der Entziehung einer Sache der Wert oder wegen der Beschädigung einer Sache die Wertminderung zu ersetzen, so kann der Verletzte Zinsen des zu ersetzenden Betrags von dem Zeitpunkt an verlangen, welcher der Bestimmung des Wertes zugrunde gelegt wird.
Rn 1
§ 849 ermöglicht für Fälle des Wertersatzes bei Entziehung oder Beschädigung einer Sache (auch bei Entziehung von Geld, BGHZ 8, 288, 298; NJW 08, 1084 Rz 6) die Geltendmachung des gesetzlichen Zinssatzes (§ 246) als Mindestschadensersatz. Die Regelung gilt für Haftungstatbestände innerhalb und außerhalb des BGB (BGHZ 87, 38, 39 ff) – bei Letzteren allerdings nur, sofern keine Spezialregelung existiert. Sie kann aufgrund ihres Ausnahmecharakters in anderen Bereichen, zB bei Schmerzensgeldansprüchen, nicht analog angewandt werden (s.a. Leube NJW 12, 3606). § 849 erfasst nicht die Kosten der Wiederherstellung (LG Bonn BeckRS 06, 10782). Str ist die Anwendbarkeit, wenn der Geschädigte über die Sache (insb Geld) zunächst selbst verfügt hat (zB zu Investitions- oder Zahlungszwecken). Richtig erscheint es, mit der neueren Rspr auch zB bei Betrug oder Erpressung § 849 heranzuziehen (BGH NJW 08, 1084 Rz 4 ff; NZKart 21, 357 Rz 33: zumindest analoge Anwendung bei Haftung wegen kartellrechtswidriger Quotenangaben; Karlsr WuW/E DE-R 4357, 4377; BeckRS 14, 127473 [Kart]; Köln BeckRS 19, 1419; aA noch Karlsr VersR 06, 836, 838), aber jedenfalls das Vorliegen eines Deliktsanspruchs (Frankf BeckRS 13, 12769; ZIP 13, 1953; sehr weitgehend hingegen LG Essen BeckRS 17, 130335) und auch einen tatsächlichen Nutzungsausfall (so zur Abgasproblematik jetzt auch BGH NJW 20, 2806 Rz 19 ff; BGHZ 226, 322 Rz 17 ff; ZIP 21, 414 Rz 20; 1402 Rz 12; VersR 21, 721 Rz 12; 1510 Rz 11; NJW 22, 472 Rz 7; 1093 Rz 9; VersR 23, 386 Rz 8; BeckRS 23, 35173 Rz 32; zust zB Lakkis/Knöbber MDR 20, 1281, 1287; Jaensch jM 21, 62, 64; iE ebenfalls zustimmend, aber mit tw abweichender dogmatischer Begründung Röder ZfPW 21, 148, 151 ff; aA Klöhn ZIP 20, 341, 349 f; Staudinger NJW 20, 641, 645 f; Ring SVR 20, 124, 129) zu verlangen. Beim wirtschaftlichen Totalschaden kann § 849 anwendbar sein (BGHZ 87, 38, 41f), nicht aber wenn die Reparaturkosten den Wiederbeschaffungswert unterschreiten (Ddorf BeckRS 07, 9072). § 849 bedeutet ggü § 290 eine Erleichterung für den Geschädigten, damit dieser beim gesetzlichen Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung nicht erst den Schädiger in Verzug setzen muss. Der gesetzliche Zinssatz wird ab dem Zeitpunkt der Wertbestimmung geschuldet, gemeint ist der Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses (BGH NJW 65, 392 f; BGHZ 87, 38, 42; vgl auch Köln BeckRS 19, 1419). In Bezug auf den Nutzungsausfall im fraglichen Zeitraum kann der Geschädigte zwischen dem pauschalierten Schadensersatz nach § 849 und der Geltendmachung eines konkreten Nutzungsausfalls wählen (BGHZ 87, 38, 41f); daneben können weitere Schäden geltend gemacht werden.