Prof. Dr. Martin Schöpflin
Gesetzestext
(1) Durch Satzungsänderung kann der Stiftung ein anderer Zweck gegeben oder der Zweck der Stiftung kann erheblich beschränkt werden, wenn
1. |
der Stiftungszweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann oder |
2. |
der Stiftungszweck das Gemeinwohl gefährdet. |
Die Voraussetzungen des Satzes 1 Nummer 1 liegen insbesondere vor, wenn eine Stiftung keine ausreichenden Mittel für die nachhaltige Erfüllung des Stiftungszwecks hat und solche Mittel in absehbarer Zeit auch nicht erwerben kann. Der Stiftungszweck kann nach Satz 1 nur geändert werden, wenn gesichert erscheint, dass die Stiftung den beabsichtigten neuen oder beschränkten Stiftungszweck dauernd und nachhaltig erfüllen kann. Liegen die Voraussetzungen nach Satz 1 Nummer 1 und Satz 3 vor, kann eine auf unbestimmte Zeit errichtete Stiftung auch abweichend von § 83c durch Satzungsänderung in eine Verbrauchsstiftung umgestaltet werden, indem die Satzung um Bestimmungen nach § 81 Absatz 2 ergänzt wird.
(2) Durch Satzungsänderung kann der Stiftungszweck in anderer Weise als nach Absatz 1 Satz 1 oder es können andere prägende Bestimmungen der Stiftungsverfassung geändert werden, wenn sich die Verhältnisse nach Errichtung der Stiftung wesentlich verändert haben und eine solche Änderung erforderlich ist, um die Stiftung an die veränderten Verhältnisse anzupassen. Als prägend für eine Stiftung sind regelmäßig die Bestimmungen über den Namen, den Sitz, die Art und Weise der Zweckerfüllung und über die Verwaltung des Grundstockvermögens anzusehen.
(3) Durch Satzungsänderung können Bestimmungen der Satzung, die nicht unter Absatz 1 oder Absatz 2 Satz 1 fallen, geändert werden, wenn dies der Erfüllung des Stiftungszwecks dient.
(4) Im Stiftungsgeschäft kann der Stifter Satzungsänderungen nach den Absätzen 1 bis 3 ausschließen oder beschränken. Satzungsänderungen durch Organe der Stiftung kann der Stifter im Stiftungsgeschäft auch abweichend von den Absätzen 1 bis 3 zulassen. Satzungsbestimmungen nach Satz 2 sind nur wirksam, wenn der Stifter Inhalt und Ausmaß der Änderungsermächtigung hinreichend bestimmt festlegt.
Rn 1
§§ 85, 85a regeln nun bundeseinheitlich die Satzungsänderung. § 85 sieht ein dreistufiges System vor, dass absteigend nach der Bedeutung der Satzungsänderung jew geringere Anforderungen an die Satzungsänderung stellt (Lorenz/Mehren DStR 21, 1774, 1777).
Rn 2
Die höchste Stufe (gravierendster Fall der Satzungsänderung) mit den weitgehendsten Anforderungen sind die Auswechslung des Zwecks oder erhebliche Beschränkgungen des Zwecks (I). Die Änderung der Zweckbestimmung ist nur dann eine Zweckänderung, wenn sie die inhaltliche Ausrichtung der Stiftung in einer für den Stifter zz der Errichtung der Stiftung unvorhersehbaren Weise wandelt (RegE BTDrs 19/28173, 64). Das gilt für die Umgestaltung einer ›Ewigkeits-‹ in eine Verbrauchsstiftung (I 4).
Rn 3
Dass der Stiftungszweck nicht mehr dauernd und nachhaltig erfüllt werden kann (I 1 Nr 1), kommt nicht nur bei Unmöglichkeit des Stiftungszwecks, sondern insb wenn keine ausreichenden Mittel zur nachhaltigen Erfüllung des Satzungszwecks zur Verfügung stehen und die Stiftung solche Mittel in absehbarer Zeit nicht erwerben kann (I 2). Das kann zB aus Vermögensverlust oder fehlenden Anmöglichkeiten resultieren (RegE BTDrs 19/28173, 65), aber das Lebensfähigkeitskonzept der Stiftung ist auch gescheitert, wenn der Stiftungszweck zu eng ist, um die Erträge auszuschöpfen (Erman/Wiese Rz 4). Zum Begriff der – hier auf den Stiftungszweck bezogenen – Gemeinwohlgefährdung s § 82 Rn 2. Die Satzungsänderung geht in diesem Fall Maßnahmen nach § 87a II Nr 2 vor.
Rn 4
Die zweite oder mittlere Stufe der Satzungsänderung (II) bilden Zweckänderungen, die nicht unter I fallen und andere Änderungen prägender Bestimmungen der Satzung, insb über Namen, Sitz, Art und Weise der Zweckerfüllung oder über die Verwaltung des Grundstockvermögens (II 2). Voraussetzung ist eine wesentliche Veränderung (= wenn erhebliche Auswirkungen auf Erfüllung des Stiftungszwecks und die vom Stifter gegebene Verfassung genügt den neuen Anforderungen nicht, RegE BTDrs 19/28173, 67) nach Errichtung der Stiftung, und die Satzungsänderung muss zur Anpassung an diese Verhältnisse erforderlich sein. Dabei kann eine Zweckanpassung zB erforderlich werden, wenn die Zahl der Destinatäre schwindet, eine Zweckbeschränkung, wenn das Vermögen geschwunden ist, und eine Zweckerweiterung, wenn sich das Stiftungsvermögen wesentlich vermehrt hat (BoKoStiftR/Winkler Rz 42 ff).
Rn 5
Die dritte Stufe mit den geringsten Hürden gilt für sonstige Satzungsänderungen, die der Erfüllung des Stiftungszwecks dienen und nicht unter I oder II fallen. Hierher zählen ›Bagatellfälle‹, aber auch Satzungsregelungen über Zusammensetzung und Aufgaben der Organe (BoKoStiftR/Winkler Rz 72 ff), aber auch nähere Regelungen zu zulässigen Vermögensanlagen (Erman/Wiese Rz 9).
Rn 6
Abs 4 bestimmt, inwiefern die I–III dispositiv für den Stifter im Stiftungsgeschäft sind. Die Erschwerung von Än...