I. Berechtigter.
Rn 4
Der Anspruch steht dem früheren unmittelbaren oder mittelbaren (§ 869) Eigen- oder Fremdbesitzer zu, nicht aber dem Besitzdiener. Der Anspruch ist abtretbar und vererblich (BGH NJW 08, 580 [BGH 23.11.2007 - LwZR 5/07]).
II. Verpflichteter.
Rn 5
Der Anspruch richtet sich gegen denjenigen, der derzeit den Besitz innehat und dem Kläger ggü fehlerhaft besitzt. Hat der fehlerhaft Besitzende seinerseits den Besitz verloren, so ist der Anspruch gegen ihn nicht mehr gegeben; er richtet sich nunmehr gegen den neuen Besitzer, falls dieser wiederum fehlerhaft besitzt. Der Anspruch kann sich auch gegen den mittelbaren Besitzer richten; dann ist er jedoch nicht auf Herausgabe gerichtet, sondern auf Verschaffung des mittelbaren Besitzes gem § 870 (Celle NdsRpfl 07, 331).
III. Prozessuale Durchsetzung.
Rn 6
Wird der Anspruch aus § 861 im Wege der Klage geltend gemacht, handelt es sich um eine normale Leistungsklage, mit der in Anspruchskonkurrenz zugleich die Herausgabeansprüche aus §§ 985, 1007, 823 I, 812 geltend gemacht werden können. Wird die Klage auf mehrere Anspruchsgrundlagen gestützt, handelt es sich dennoch um einen einheitlichen Streitgegenstand, nicht um einen Fall der Klagehäufung gem § 260 ZPO. Wird die im Streit befindliche Sache nach Klageerhebung weggegeben, so gelten die §§ 265, 325, 727 ZPO. Die streitbefangene Sache, die herauszugeben ist, muss in der Klageschrift so genau bezeichnet werden, dass eine Vollstreckung möglich ist. Die Beweislast für den früheren Besitz des Klägers und den Entzug des Besitzes durch verbotene Eigenmacht sowie den derzeitigen Besitz des Beklagten trägt der Anspruchsteller. Der Anspruchsgegner muss die Einwendungen nach II sowie das Erlöschen nach § 864 beweisen. Soweit zur Vorbereitung der Klage ein Auskunftsanspruch erforderlich ist, kann der Kläger diesen im Wege der Stufenklage (§ 254 ZPO) erheben. Entspr der Regelung des § 862 I 2 wird allg auch eine vorbeugende Unterlassungsklage gegen einen unmittelbar bevorstehenden Besitzentzug für zulässig erachtet. Soweit die prozessuale Durchsetzung im Wege einer einstweiligen Verfügung versucht wird, sind nach den §§ 935, 938, 940 ZPO an sich nur vorläufige Maßnahmen möglich. Die Rspr hat aber iRd Leistungs- oder Befriedigungsverfügung auch eine einstweilige Verfügung zur Erfüllung von Ansprüchen zugelassen. Dies gilt auch für den Herausgabeanspruch des § 861. Entspr dem Ziel der Besitzschutzansprüche wird dabei neben der verbotenen Eigenmacht kein besonderer Verfügungsgrund verlangt (Köln MDR 00, 152; Stuttg NJW-RR 96, 1516 [OLG Stuttgart 19.01.1996 - 2 U 164/95]; Frankf BB 81, 148).
IV. Widerklage oder Antrag auf einstweilige Verfügung mit petitorischem Inhalt.
Rn 7
Gegen die auf § 861 gestützte Klage auf Wiedereinräumung des Besitzes kann der Beklagte nicht ein Recht zum Besitz einwenden (s.o. Rn 3). Dagegen ist es iRe Prozesses möglich, gestützt auf ein Recht zum Besitz eine eigene Klage und damit auch eine Widerklage zu erheben (Gleiches gilt für einen Antrag auf einstweilige Verfügung). Diese ist eine eigenständige Klage, die allerdings mit der ursprünglichen Herausgabeklage zu gemeinsamer Verhandlung und Entscheidung verbunden wird. Um den Grundgedanken von § 863 nicht außer Kraft zu setzen, dürfte daher die Widerklage an sich den Erfolg der Herausgabeklage nicht beeinträchtigen. Dies steht auch nicht zu befürchten, soweit die Besitzschutzklage zeitlich früher entscheidungsreif ist und durch Teilurteil (§ 301 ZPO) über sie zunächst und isoliert entschieden werden kann (und muss). Problematisch ist eine gemeinsame Entscheidung über Klage und Widerklage bei gleichzeitiger Entscheidungsreife. Hier müssten an sich beide Klagen begründet sein (so zu Recht auch MüKo/Schäfer § 863 Rz 11). Gleichwohl hält der BGH im Falle gleichzeitiger Entscheidungsreife der beiden Klagen die Besitzschutzklage für unbegründet (BGHZ 53, 166, 169; 73, 355; NJW 99, 425). Für ein einstweiliges Verfügungsverfahren wird das in der Rspr ebenso gesehen (Stuttg NJW 12, 625 [OLG Stuttgart 22.11.2011 - 10 W 47/11]). Diese Auffassung ist abzulehnen. Sie lässt sich auch nicht auf § 864 II stützen. Eine Ausnahme wird man nur dann zulassen können, wenn beide Entscheidungen ausnahmsweise mit Urteilserlass rechtskräftig werden (Revisionsinstanz). Hier spricht der Gesichtspunkt aus § 864 II für Abweisung der Besitzschutzklage als unbegründet.