I. Vorbemerkung.
Rn 1
§ 875 ist eine Durchbrechung von § 873, da für die Aufgabe eines Rechts keine Einigung, sondern grds die einseitige Erklärung des Berechtigten sowie die Löschung des Rechts im Grundbuch genügt. § 875 gilt nicht für das Erlöschen eines Rechts kraft Gesetzes außerhalb des Grundbuchs.
II. Recht an einem Grundstück.
Rn 2
Erfasst sind alle dinglichen Rechte an einem Grundstück bis auf das Eigentum selbst (s § 928). § 875 gilt sowohl für alle beschränkten dinglichen Rechte, grundstücksgleichen Rechte (zB 11, 26 ErbbauRG), als auch für die Aufhebung von Rechten an grundstücksgleichen Rechten (MüKo/Lettmaier Rz 7). Die Aufhebung von Miteigentumsbruchteilen ist unzulässig (Staud/Gursky Rz 32). § 875 gilt für Vormerkung (BGH NJW 94, 2949 [BGH 17.06.1994 - V ZR 204/92]) und Widerspruch entspr (HP/Eckert Rz 3). Lediglich die Aufgabeerklärung ggü dem Berechtigten ist erforderlich für die Aufhebung eines Nießbrauchs (§§ 1064, 1072) oder Pfandrechts (§§ 1255, 1273) an Grundstücksrechten. Für die Aufhebung von Grundstücksrechten, die mit einem Recht belastet sind, gilt jedoch § 876. Die Verfügungsbeschränkung nach § 12 WEG ist kein Recht an einem Grundstück und für deren Aufhebung gilt § 12 IV WEG (Böttcher ZNotP 07, 375).
III. Erklärung.
Rn 3
Die Aufgabeerklärung ist eine formfreie, einseitige und empfangsbedürftige Willenserklärung, auf die die allg Vorschriften über Willenserklärungen anwendbar sind (MüKo/Lettmaier Rz 9). Zudem ist sie bis zur Bindung nach II jederzeit widerruflich (Grüneberg/Herrler Rz 8) – Ausnahme § 26 2 Hs 2 ErbbauRG. Die Löschung selbst kann jedoch nur unbedingt und unbefristet erfolgen. Verfahrensrechtlich ist eine Löschungsbewilligung nach §§ 19, 29 GBO erforderlich, der durch Auslegung nach § 133 die materiell-rechtliche Aufhebungserklärung entnommen werden kann (BGHZ 60, 52; Hamm RNotZ 07, 545) und umgekehrt (BayObLG DNotZ 75, 685). Die Aufhebung eines Rechts kann auch nur teilweise (für das Erbbaurecht BGH NJW 74, 498) erfolgen. In Bezug auf Grundpfandrechte muss die Erklärung des Berechtigten ausgelegt werden, ob ein Verzicht gewollt ist, so dass das Recht auf den Eigentümer übergeht (§§ 1168, 1175, 1178 II, 1192) oder eine Aufhebung, mit der Folge, dass das Recht mit Löschung im Grundbuch erlischt. Die Bewilligung der Löschung einer Eigentümergrundschuld enthält idR die Aufhebungserklärung (Hamm DNotZ 77, 37f [OLG Hamm 24.03.1976 - 15 W 99/76]).
IV. Erklärender.
Rn 4
Die Erklärung muss vom im Zeitpunkt der Löschung (BGH Rpfleger 80, 336) wahren Rechtsinhaber oder Verfügungsbefugten abgeben werden, auch wenn dieser (noch) nicht im Grundbuch voreingetragen ist, wobei die §§ 185, 892 und 878 entspr gelten (MüKo/Lettmaier Rz 14). Eine ohne die erforderliche Einwilligung vorgenommene Aufhebungserklärung nach §§ 111, 180, 1367, 1427, 1831 ist nicht unwirksam, sondern ausnahmsweise genehmigungsfähig, weil die Aufhebung des Rechts neben der Erklärung auch der Löschung im Grundbuch bedarf und die Aufgabeerklärung daher selbst nicht rechtsgestaltend wirkt (MüKo/Lettmaier Rz 13.
V. Empfänger.
Rn 5
Die materiell-rechtliche Aufgabeerklärung kann neben dem Grundbuchamt jedem von der Aufhebung Begünstigtem – Eigentümer (Staud/Gursky Rz 46 ff) oder gleich- bzw nachrangiger Berechtigtem (KGJ 48 A 187) – zugehen. Der Berechtigte kann die Erklärung auch sich selbst ggü als Vertreter des Begünstigten abgeben, wobei § 181 nicht gilt (HP/Eckert Rz 6).
VI. Zustimmung des Eigentümers.
Rn 6
Die Zustimmung des Eigentümers ist erforderlich zur Aufhebung von Grundpfandrechten (§§ 1183 1, 1192; § 29 GBO), da möglicherweise eine Eigentümergrundschuld betroffen ist sowie bei der Aufhebung eines Erbbaurechts (§§ 11, 26 ErbbauRG).
VII. Löschung.
Rn 7
Das Recht erlischt erst mit Löschung im Grundbuch (§ 46 GBO). Eine Löschung ohne Aufgabeerklärung macht das Grundbuch unrichtig und das Recht bleibt bestehen (KGJ 33, 278f).