I. Verfügung.
1. Rechtsgeschäftliche Verfügung.
Rn 15
Beeinträchtigende rechtsgeschäftliche Verfügung ist jede Übertragung, Belastung, Inhaltsänderung oder Aufgabe (vgl aber MüKo/Lettmaier Rz 53) des mit der Vormerkung belasteten Rechts, wozu auch die Bewilligung und Eintragung einer Vormerkung gehört (Dresd NJW-RR 99, 1177 [OLG Dresden 21.01.1999 - 21 U 2423/98]). Die Verfügung ist erst im Moment ihrer Vollendung (zB Eintragung) vorgenommen, so dass eine Vormerkung auch dann schützt, wenn sie zB zwischen Auflassung und Eigentumsumschreibung eingetragen wird (RGZ 113, 407; Soergel/Stürner Rz 30; teilw aA MüKo/Lettmaier Rz 55). Eine Übereignungsvormerkung erstreckt sich auch auf Zubehör (§§ 311c, 926, 1096, 1098 II), Bestandteile und Erzeugnisse des Grundstücks (Soergel/Stürner Rz 30), sowie auf eine nach § 1127 für ein vormerkungswidrig eingetragenes Grundpfandrecht haftende Forderung (BGHZ 99, 387). Entspr gilt II für nachträgliche Verfügungsbeschränkungen (vgl BGH NJW 66, 1509) und Grundbuchberichtigungen sowie einen Widerspruch (BGH NJW 81, 446 f; aA Grüneberg/Herrler Rz 20). Keine Verfügung ist die Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks (BGHZ 13, 1; NJW 89, 451; Soergel/Stürner Rz 30; aA die wohl hM vgl MüKo/Lettmaier Rz 54 mwN).
2. Zwangsvollstreckung und Insolvenz.
Rn 16
Die vorrangige Vormerkung schützt auch vor einer Verfügung im Wege der Zwangsvollstreckung, Arrestvollziehung oder durch den Insolvenzverwalter. Die Vormerkung hindert nicht das Zwangsversteigerungsverfahren.
II. Relative Unwirksamkeit.
Rn 17
Eine vormerkungswidrige Verfügung ist nur ggü dem Berechtigten unwirksam und auch nur soweit diese den gesicherten Anspruch vereiteln oder beeinträchtigen würde (Soergel/Stürner Rz 28). Für den Vormerkungsberechtigten bleibt der vormerkungswidrig Verfügende Rechtsinhaber, so dass dieser weiterhin über das – nunmehr für einen Dritten eingetragene – Recht wirksam verfügen, insb die Auflassung erklären kann (HP/Eckert Rz 58). Die Verfügung wird wirksam, wenn die Vormerkung erlischt (Soergel/Stürner Rz 35) oder der Berechtigte die Verfügung gem §§ 182, 185 genehmigt (RGZ 154, 367), wofür deklaratorisch ein Wirksamkeitsvermerk im Grundbuch eingetragen werden kann (BGH NJW 99, 2275). Ggü Dritten ist die vormerkungswidrige Verfügung voll wirksam, so dass das Grundbuch nicht unrichtig ist und §§ 894, 899 nicht anwendbar sind (MüKo/Lettmaier Rz 50). Die Vormerkung ist kein Recht iSd §§ 771, 772 ZPO, so dass der Berechtigte lediglich nach § 888 vorgehen kann (BGH NJW 94, 128 [BGH 19.10.1993 - XI ZR 184/92]; Grüneberg/Herrler Rz 25). Auch eine Vormerkung, die dem die Zwangsvollstreckung betreibenden Gläubiger vorgeht, ist kein Hinderungsgrund für die Zwangsvollstreckung nach §§ 37 Nr 5 oder 28 I 1 ZVG (BGH NJW 96, 3147 [BGH 11.07.1996 - IX ZR 226/94], str). Diese fällt in das geringste Gebot, bleibt damit bestehen (§§ 48, 52 ZVG) und der Berechtigte kann vom Ersteher nach § 888 die Zustimmung zur Auflassung verlangen (BGH NJW-RR 97, 399; Grüneberg/Herrler Rz 26). Der Ersteher kann zwar nicht die Gegenleistung verlangen, aber den Anspruch auf die Gegenleistung pfänden (MüKo/Lettmaier Rz 61; Grüneberg/Herrler Rz 26, str). Die Vormerkung schützt nicht vor Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus vorrangigen Rechten, und zwar auch dann nicht, wenn die Beschlagnahme nach Eintragung der Vormerkung erfolgt und die Eigentumsumschreibung auf den Vormerkungsberechtigten bereits erfolgt ist (BGH ZNotP 07, 189). Eine nachrangige Vormerkung erlischt mit dem Zuschlag (§§ 91, 52 ZVG) und der Berechtigte hat lediglich einen Wertersatzanspruch (§ 92 ZVG).
III. Beginn des Schutzes.
Rn 18
Der Schutz beginnt mit Entstehung der Vormerkung (Bewilligung, Eintragung und Entstehung des Anspruchs), jedoch bei einer nachgeholten Bewilligung erst ab dem Zeitpunkt der Nachholung (BGH NJW 00, 805 [BGH 26.11.1999 - V ZR 432/98]; Frankf DNotZ 95, 539 [OLG Frankfurt am Main 28.10.1993 - 12 U 197/92]). Bei bedingten und künftigen Ansprüchen entsteht der Schutz nicht erst mit Bedingungseintritt oder Entstehung des Anspruchs (BGH NJW 02, 213). Der Schutz erlischt nicht durch unrechtmäßige Löschung der Vormerkung (BGHZ 60, 46). Bei Verfügungsbeschränkungen (zB Insolvenzeröffnung) ist der Gläubiger nicht erst ab Eintragung (§ 106 InsO) der Vormerkung, sondern unter den Voraussetzungen von § 878 schon vorher geschützt (§ 91 II InsO; BGHZ 34, 257). Der Insolvenzverwalter hat kein Wahlrecht nach § 103 InsO und die Vormerkung ist keine inkongruente Deckung nach § 131 InsO (zur KO BGHZ 34, 257).
IV. Keine Grundbuchsperre.
Rn 19
Die Vormerkung hindert nicht die Eintragung vormerkungswidriger Verfügungen (RGZ 132, 424), außer es soll das belastete Recht (§ 876) gelöscht werden (Soergel/Stürner Rz 2, 36).