I. Unkenntnis (Abs 1 S 1).
Rn 12
Ein gutgläubiger Erwerb scheidet nur aus, wenn dem Erwerber die Unrichtigkeit des Grundbuchs (§ 894) positiv bekannt ist, wobei nicht erforderlich ist, dass der Erwerber die wahre Rechtslage kennt (BayObLGZ 86, 519). Trotz Tatsachenkenntnis kann ein erheblicher Rechtsirrtum die Kenntnis iSd § 982 ausschließen (RGZ 156, 128; 98, 220). Unschädlich sind insb eine grob fahrlässige Unkenntnis von der Unrichtigkeit (RGZ 90, 398), erhebliche Zweifel an der Richtigkeit (RGZ 156, 128), Rechnen mit der Unrichtigkeit (RG JW 29, 581f) oder billigendes in Kauf nehmen der Unrichtigkeit (LG Bayreuth MittBayNot 87, 203). Der Erwerber hat keine Erkundigungspflicht (BayObLG NJW-RR 89, 907 [BayObLG 10.05.1989 - BReg. 2 Z 118/88]). Zurechnen lassen muss sich die juristische Person die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters (RGZ 59, 408), auch wenn er bei dem Geschäft nicht mitgewirkt hat (BGH Rpfleger 99, 142 [BGH 12.11.1998 - IX ZR 145/98]; BayObLG NJW-RR 89, 910 [BayObLG 05.04.1989 - BReg. 2 Z 33/89]) oder bereits ausgeschieden ist (BGH NJW 95, 2160), was jedoch nicht für Personengesellschaften gilt (BGH NJW 95, 2160 [BGH 17.05.1995 - VIII ZR 70/94]). Ferner muss sich zurechnen lassen die Gesamthand die Kenntnis nur eines Gesamthänders (BGH NJW 01, 360 [BGH 26.09.2000 - X ZR 94/98]) und bei Gesamtvertretung der Vertretene die Kenntnis nur eines Vertreters (RG JW 35, 2044, RGZ 59, 408). Bei der Stellvertretung kommt es nach § 166 I – vorbehaltlich einer Ausnahme nach § 166 II – auf die Kenntnis des Vertreters an (KG DNotZ 73, 305 [KG Berlin 08.08.1972 - 1 W 1270/71]). Die Gutgläubigkeit wird vermutet und ist nur durch den Beweis des Gegenteils zu widerlegen (§ 292 ZPO), woran hohe Anforderungen gestellt werden (RGZ 123, 23). Positive Kenntnis ist anzunehmen, wenn der Erwerber die Geschäftsunfähigkeit des Veräußerers (BGH WM 70, 476) oder die Anfechtbarkeit des Erwerbs (§ 142 II) kennt.
II. Zeitpunkt (Abs 2).
Rn 13
Der Erwerber muss grds bis zur Vollendung des Rechtserwerbs gutgläubig sein. Folgt die Einigung der Eintragung nach, kommt es auf den Zeitpunkt der Einigung an. Geht die Einigung der Eintragung voraus, kommt es jedoch nur auf den Zeitpunkt der Stellung des Eintragungsantrages an, dh Eingang beim Grundbuchamt (§ 13 III GBO). Der Antrag muss ggf nach Zwischenverfügung, aber ohne Zurückweisung zur Eintragung führen (Hamm Rpfleger 99, 385). Wird das Grundbuch erst nach Antragstellung unrichtig, kommt es auf diesen Zeitpunkt an (BGHZ 60, 53f). Wird für den Erwerber nach Auflassung die Eintragung einer Auflassungsvormerkung beantragt, ist dieser Zeitpunkt maßgeblich und nicht die spätere Beantragung der Eigentumsumschreibung (BGHZ 57, 343). Bei Bedingungen oder Befristungen kommt es auf den Zeitpunkt der Vereinbarung und nicht auf den Eintritt der Bedingung oder des Termins an (BGH NJW 53, 1099f [BGH 21.05.1953 - IV ZR 192/52]). Sind zum Rechtserwerb noch andere Voraussetzungen erforderlich, wie zB die Briefübergabe nach § 1117 oder die Auszahlung des Darlehens bei der Hypothek (RGZ 141, 382; 128, 278, str), so muss die Gutgläubigkeit auch zu diesem Zeitpunkt noch vorliegen, wenn sie den in II genannten Umständen nachfolgen (RGZ 141, 383). Dies gilt auch, wenn eine privatrechtliche Genehmigung nach §§ 177, 185 erfolgt, die insoweit keine Rückwirkung nach § 184 hat (RGZ 134, 287 f; MüKo/Lettmaier Rz 55). Das Ausstehen einer behördlichen Genehmigung zur Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts ist unschädlich (RGZ 142, 59; Soergel/Stürner Rz 38; aA MüKo/Lettmaier Rz 55).