I. Unrichtigkeit.
Rn 14
Das Grundbuch muss zum Zeitpunkt der Eintragung des Rechtserwerbs und nicht bei Stellung des Eintragungsantrags (RGZ 140, 38 ff) unrichtig sein. Unrichtig ist das Grundbuch, wenn dessen Inhalt nicht mit der materiellen Rechtslage übereinstimmt (§ 894). Wird das Grundbuch zwischen Antragstellung und Eintragung berichtigt, ist § 892 unanwendbar. Werden mit der Eintragung gleichzeitig weitere Eintragungen vorgenommen, sind diese als vor dem Erwerb vorgenommen zu betrachten (BGH NJW 69, 93f [BGH 31.10.1968 - V ZR 117/67]). Die fehlende Eintragung der eGbR anstelle der GbR gem Art 229 § 21 Abs 3 EGBGB ist keine Unrichtigkeit iSd § 891 (Wilsch MittBayNot 23, 459).
II. Fiktionswirkung.
Rn 15
Der Grundbuchinhalt gilt als richtig (RGZ 116, 181) und vollständig. Bei sich widersprechenden Eintragungen, insb der Doppelbuchung desselben Grundstücksrechts, gilt die wahre Rechtslage (Hamm NJW-RR 93, 1295; Erman/Lorenz Rz 10; s.a. BGH NJW-RR 05, 10 [BGH 01.10.2004 - V ZR 210/03]). Der Erwerber muss keine Kenntnis vom Grundbuchinhalt gehabt haben (BGH NJW 80, 2414 [BGH 09.07.1980 - IVb ZR 529/80]). Die Fiktion wirkt nur zugunsten des Erwerbers und nicht zu dessen Lasten (Staud/Gursky Rz 213). Eingetragene Rechte gelten nach Bestand (RGZ 98, 219), Inhalt (s § 874, KG HRR 31 Nr 1459), der Person des Berechtigten (RG DNotV 32, 721) sowie Rang (RGZ 130, 68f) als bestehend, nicht aber zu Unrecht nicht gelöschte Verfügungsbeschränkungen (vgl Grüneberg/Herrler Rz 16). Fehlt die Eintragung einer Bedingung, so gilt das Recht als unbedingt. Nicht oder nie eingetragene Rechte und Verfügungsbeschränkungen gelten als nicht bestehend und erlöschen. Das gilt für alle eintragungsfähigen Rechte, auch wenn sie nicht eintragungsbedürftig sind (MüKo/Lettmaier Rz 70 f mwN; aA RGZ 93, 65, str). Allein nicht eingetragene altrechtliche Dienstbarkeiten nach Art 187 EGBGB bleiben bestehen (BayObLG Rpfleger 79, 381f). Dies gilt jedoch nicht, wenn diese eingetragen und unrechtmäßig gelöscht (BGHZ 104, 139) oder entgegen einer gesetzlichen Pflicht nicht eingetragen sind (Stuttg NJW-RR 98, 308; Soergel/Stürner Rz 9). Ist beim Erbfall der Erbe im Grundbuch eingetragen und stellt sich nach dem Zeitpunkt des § 892 II heraus, dass der eingetragene Erbe nur Scheinerbe war, erwirbt der Erwerber gutgläubig. Ist der Scheinerbe jedoch nicht im Grundbuch eingetragen, erwirbt der Erwerber nur gutgläubig, wenn der Erbe sein Erbrecht durch einen Erbschein nach §§ 2365 ff nachgewiesen hat und der im Erbschein genannte Erblasser im Grundbuch als Berechtigter eingetragen ist (BGHZ 57, 341). Der Erwerber erwirbt das Recht, wie es eingetragen ist und ist fortan ggü jedermann vollwertiger materiell Berechtigter und das Grundbuch wird richtig. Der materiell Berechtigte hat gegen den Erwerber keine Ansprüche aus §§ 812, 823, 826, 1004 (Ausn: § 816 I 2), jedoch ggf gegen den Verfügenden aus §§ 678 II, 816 I, 989, 990, 823, 826. Wird das Rechtsgeschäft rückabgewickelt und das Recht an den Verfügenden zurück übertragen, fällt das Recht nicht an den Verfügenden, sondern an den wahren Berechtigten zurück (LG Darmstadt HRR 34 Nr 324).
III. Grundbuchverfahren.
Rn 16
Das Grundbuchamt muss einen gutgläubigen Erwerb durch Antragszurückweisung verhindern, wenn es die Grundbuchunrichtigkeit positiv kennt oder diese offensichtlich ist (hM BGHZ 97, 187; BayObLG MittBayNot 94, 324; Soergel/Stürner Rz 17; HP/Eckert Rz 20 ff; aA Staud/Gursky Rz 203; MüKo/Lettmaier Rz 67 mwN). Ohne Zweifel an der Unrichtigkeit ist das Grundbuchamt an den Grundbuchinhalt gebunden und darf keine weiteren Nachweise über die Rechtmäßigkeit vergangener Eintragungen verlangen (DNotI-Report 13, 145; aA Brandbg MittBayNot 13, 76). Nach Antragstellung kann auch noch ein Amtswiderspruch eingetragen werden, wenn die Bösgläubigkeit des Erwerbers zum Zeitpunkt der Antragstellung feststeht (BayObLG NJW-RR 86, 383; aA Reuter MittBayNot 94, 116).