Gesetzestext
(1) 1Wer als Eigentümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen ist, ohne dass er das Eigentum erlangt hat, erwirbt das Eigentum, wenn die Eintragung 30 Jahre bestanden und er während dieser Zeit das Grundstück im Eigenbesitz gehabt hat. 2Die dreißigjährige Frist wird in derselben Weise berechnet wie die Frist für die Ersitzung einer beweglichen Sache. 3Der Lauf der Frist ist gehemmt, solange ein Widerspruch gegen die Richtigkeit der Eintragung im Grundbuch eingetragen ist.
(2) 1Diese Vorschriften finden entsprechende Anwendung, wenn für jemand ein ihm nicht zustehendes anderes Recht im Grundbuch eingetragen ist, das zum Besitz des Grundstücks berechtigt oder dessen Ausübung nach den für den Besitz geltenden Vorschriften geschützt ist. 2Für den Rang des Rechts ist die Eintragung maßgebend.
A. Allgemeines.
Rn 1
Um ein dauerndes Auseinanderfallen von Recht und Besitz zu verhindern (BGHZ 136, 242), wird der Bucheigentümer wirklicher Eigentümer, wenn er 30 Jahre lang Eigenbesitzer des Grundstücks war. § 900 erfasst va die Fälle, in denen die dingliche Einigung nach §§ 925, 873 wegen Mängeln nach §§ 104 ff, 134 ff, 181 nicht wirksam ist. Falls der Beginn der Ersitzungsfrist und der Beginn der Verjährungsfrist des Herausgabeanspruches weit auseinanderfallen, soll § 900 unanwendbar sein (BGH NJW 94, 1152, s aber zutr Soergel/Stürner Rz 2). Zur Ersitzung nach Enteignung in der DDR (BGHZ 136, 242; 132, 245).
B. Eigentumserwerb (Abs 1).
I. Eintragung und Eigenbesitz.
Rn 2
Eine natürliche oder juristische Person – auch des Öffentlichen Rechts (BGHZ 136, 242) – muss im Grundbuch als Eigentümer, Miteigentümer (Celle RdL 57, 321) oder Inhaber eines grundstücksgleichen Rechts eingetragen sein, ohne Eigentümer bzw Inhaber zu sein. § 900 gilt auch für eine zu Unrecht eingetragene Gesamthandsgemeinschaft. Die Eintragung darf nicht widersprüchlich sein und muss Rechtsschein entfalten können (BayObLGZ 79, 112 f; Erman/Lorenz Rz 3). Der Eingetragene muss – zumindest mittelbarer (BayObLGZ 79, 111) – Eigenbesitzer des Grundstücks sein, dh er muss das Grundstück als ihm gehörend besitzen (§ 872), was nach § 891 vermutet wird. Bei der Umwandlung von Fremdbesitz in Eigenbesitz ist eine entspr Willenskundgabe erforderlich (BGH MDR 71, 916). Der Eingetragene muss hinsichtlich des Eigentums bzw der Inhaberschaft nicht gutgläubig sein (BGHZ 117, 292).
II. Fristablauf.
Rn 3
Der Eigenbesitz muss während der gesamten dreißigjährigen Frist bestehen. Für die Berechnung, Hemmung und Unterbrechung der Frist gelten §§ 939–944, wobei auch die Vermutung nach § 938 gilt (MüKo/Lettmaier Rz 5). Bei Rechtsnachfolge gilt § 943. Die Frist ist so lange gehemmt, wie ein Widerspruch nach § 899 gegen die Eintragung eingetragen ist. § 939 gilt entspr für den Grundbuchberichtigungsanspruch nach § 894 (Staud/Gursky Rz 16).
III. Wirkung.
Rn 4
Die Buchersitzung bewirkt originären Eigentumserwerb, so dass das Grundbuch richtig wird. Die unverjährbaren (§ 898) Ansprüche aus §§ 894–896 erlöschen.
C. Rechtserwerb (Abs 2).
Rn 5
Die Buchberechtigten von dinglichen Rechten, die ein Recht zum Besitz des Grundstücks geben oder besitzrechtlich geschützt sind, erwerben diese Rechte mit dem eingetragenen Rang (II 2) entspr I. Die zum Besitz berechtigenden Rechte sind: §§ 1036, 1093, 34 II, 31 WEG. Rechte, die Besitzschutz genießen sind: §§ 1029, 1090 II, 1029. Während der dreißigjährigen Frist muss der Berechtigte im Grundbuch eingetragen sein und bei Besitzrechten das Grundstück als ihm gehörend besessen oder bei besitzrechtlich geschützten Rechten diese im üblichen Rahmen ausgeübt haben (Jahresfrist, § 1029), was nach §§ 891, 938 vermutet wird (MüKo/Lettmaier Rz 8, str).