Rn 6
Die von der Vorschrift erfassten Einwirkungen stimmen darin überein, dass sie in ihrer Ausbreitung weitgehend unkontrollierbar und unbeherrschbar sind, in ihrer Intensität schwanken und damit andere Grundstücke überhaupt nicht, nur unwesentlich oder auch wesentlich beeinträchtigen (BGHZ 117, 110, 112). In I 1 sind beispielhaft solche Stoffe genannt, deren Zuführung als Einwirkung iSd Vorschrift anzusehen ist, nämlich Gase und Dämpfe wie Schwefeldioxyd (BGHZ 15, 146; 30, 273) oder Fluor (BGHZ 70, 102), Gerüche wie die von einer Kläranlage (BGHZ 91, 20), von einem Schweinemastbetrieb (BGHZ 140, 1), von einem Müllbehälter (Kobl MDR 80, 578) oder von einer Bäckerei (Karlsr NJW-RR 01, 1236), Rauch, Ruß, Wärme, Geräusche zB von Fahrzeugen (BGH NJW 82, 440; 84, 124; MDR 71, 203), von einer Freilichtbühne (BGH MDR 69, 744), von einem Volksfest (BGHZ 111, 63), von einem Zivilflugplatz (BGHZ 79, 45) oder von einem Militärflugplatz (BGHZ 129, 124), von Straßenbauarbeiten (BGHZ 97, 114), von einer Gaststätte (BGH NJW 63, 2020), von einer Stadtparkfontäne (BGH MDR 68, 312), von einer Fabrik (BGHZ 46, 35), von einem Tennisplatz (BGH NJW 83, 751), von Kirchenglocken (BVerwGE 90, 163 = NJW 92, 2779), von Tieren (Frösche: BGHZ 120, 239; Hunde: Ddorf NJW-RR 95, 542; Vögel: Frankf NJW-RR 87, 1166 und Hamm MDR 88, 966) und Erschütterungen infolge Bauarbeiten (BGHZ 72, 289; 85, 375), Sprengungen (BGH NJW 99, 1029), untertägigen Bergbaus (BGHZ 178, 90) oder durch einen Gewerbebetrieb (BGH MDR 69, 648). Entgegen der Gesetzesüberschrift sind nicht alle Stoffe unwägbar (Rauch, Ruß).
Rn 7
Die Aufzählung ist nicht erschöpfend (BGHZ 90, 255, 259). Das Gesetz stellt der Zuführung dieser Stoffe ›ähnliche Einwirkungen‹ gleich. Der Aufzählung ist zu entnehmen, dass solche Einwirkungen auf der Zuführung unkörperlicher oder leichter körperlicher Stoffe beruhen müssen. Demnach zählen dazu zB das Abfallen von Laub, Nadeln, Blüten und Zapfen von Sträuchern und Bäumen (BGHZ 157, 33), der Bienenanflug und die dadurch bewirkte Blütenbestäubung (BGHZ 117, 110), der Anflug von anderen Insekten wie Fliegen (RGZ 160, 381) oder Wollläusen (BGH NJW 95, 2633), die Staubeinwirkung (BGHZ 62, 186, 190 ff), Feuerwerksrückstände (RG JW 27, 45), Lichtreflexe und Abprallen von Schnee von einer Grenzwand (BGH WuM 23, 496, 497 [BGH 23.03.2023 - V ZR 97/21]), die Strahlung durch elektromagnetische Felder (BGH NJW 04, 1317 [BGH 13.02.2004 - V ZR 217/03]), Lichtreklame (Hambg MDR 72, 1034), Infraschall (Rostock OLGRep 09, 686) und die Straßenbeleuchtung (OVG Koblenz NJW 86, 953 [OVG Rheinland-Pfalz 26.09.1985 - 1 A 89/84]).
Rn 8
Grobimmissionen, also Einwirkungen von größeren festkörperlichen Gegenständen, gehören nicht zu den ähnlichen Einwirkungen iSv I 1. Deshalb muss der Grundstückseigentümer zB das Herabfallen von Schrotblei (BGHZ 111, 158, 162) oder von Steinbrocken aus Sprengungen (BGHZ 28, 225), die Zuführung von Geröll (BGHZ 58, 149, 159) sowie das Betreten seines Grundstücks durch größere Tiere wie Katzen, Hunde, Hühner und Kaninchen grds nicht dulden. Auch der Wasserfluss ist keine ähnliche Einwirkung iSd Vorschrift (BGHZ 90, 255, 258).
Rn 9
Negative Einwirkungen (Entzug von Licht, Luft, Wind, Aussicht und Abschattung von Funkwellen) werden nach hM ebenfalls nicht von I 1 erfasst (§ 903 Rn 4). Diese Auffassung ist so apodiktisch nicht haltbar; eine Gleichbehandlung von negativen und positiven Einwirkungen ist in bestimmten Fällen notwendig (§ 903 Rn 5). Dagegen sind ideelle Einwirkungen, also solche, die das ästhetische oder sittliche Empfinden des Nachbarn stören, nicht abwehrbar, weil es sich nicht um Zuführungen iSd § 906 und deshalb auch nicht um Einwirkungen handelt (§ 903 Rn 5).