I. Gebäude und Gebäudeteile.
Rn 9
Gebäude ist ein Bauwerk, das fest mit dem Erdboden verbunden und allseitig durch Wände und Dach umschlossen ist und den Eintritt von Menschen ermöglicht sowie Schutz gegen äußere Einflüsse gewährt. Gebäudeteil ist eine Sache, wenn sie zur Herstellung eines Gebäudes eingefügt ist oder wenn sie in einem so festen baulichen Zusammenhang mit dem Gebäude steht, dass sich daraus nach der Verkehrsanschauung ihre Zugehörigkeit zu dem ganzen Bauwerk ergibt (BGH NJW 85, 2588 [BGH 12.03.1985 - VI ZR 215/83]).
II. Mit dem Grundstück verbundenes Werk und Teile davon.
Rn 10
Andere mit dem Grundstück verbundene Werke sind die von Menschenhand iVm dem Erdboden nach bestimmten Regeln der Technik und der Erfahrung errichteten, einem bestimmten Zweck dienenden Einrichtungen und Anlagen (vgl BGH NJW 61, 1670, 1672 [BGH 30.05.1961 - VI ZR 310/56]). Nicht erforderlich ist eine dauerhafte Verbindung mit dem Grundstück; die Herstellung zu einem vorübergehenden Zweck reicht aus.
Rn 11
Teile eines solchen Werkes sind Sachen, die zur Herstellung des Werkes organisch eingefügt oder aus baulichen Gründen und zu baulichen Zwecken angebracht worden sind (RGZ 107, 337, 339). Natürliche Gegebenheiten sind keine Werke iSd Vorschrift.
III. Einsturz und Ablösung von Teilen.
Rn 12
Einsturz bedeutet das Zusammenbrechen des ganzen Gebäudes bzw des Werkes (RGZ 97, 112, 114) aufgrund der Beschaffenheit oder des Erhaltungszustands (RGZ 70, 200, 206). Worauf diese zurückzuführen sind, ist unerheblich. Ein Verschulden des für den ordnungsgemäßen Zustand des Gebäudes bzw Werkes Verantwortlichen (Rn 5 ff) ist nicht erforderlich.
Rn 13
Eine Ablösung von Teilen des Gebäudes bzw des Werkes liegt dann vor, wenn die Teile vollständig vom Ganzen getrennt werden. Keine Ablösung ist es, wenn sich ein Teil nur lockert oder lediglich in seinem inneren Zusammenhalt oder Zusammenhang beeinträchtigt wird (aA München NJW-RR 95, 540 [OLG München 09.12.1994 - 21 U 305/94]; Staud/Roth Rz 5). Diese Merkmale spielen erst für den Begriff der drohenden Gefahr eine Rolle (dazu sogleich Rn 14 f).
IV. Drohende Gefahr der Beschädigung.
Rn 14
Die Vorschrift findet nur Anwendung, wenn die Gefahr des Einsturzes oder der Ablösung von Teilen auf die Beschaffenheit oder auf den Erhaltungszustand des Gebäudes bzw des Werkes zurückzuführen ist. Beruht die Gefahr dagegen ausschl auf menschlicher Tätigkeit wie zB auf Abbrucharbeiten, besteht der Anspruch nicht (RGZ 70, 200, 206). Wird die Gefahr, die in der Beschaffenheit oder in dem Erhaltungszustand angelegt ist, durch menschliches Zutun (RG WarnR 19, 169) oder durch Naturereignisse (BGHZ 58, 149, 153) hervorgerufen, ist das allerdings ein Fall des § 908.
Rn 15
Eine Gefahr droht, wenn die Möglichkeit der Beschädigung nicht ganz entfernt liegt. Die objektiven Umstände müssen geeignet sein, einen ›verständigen und ruhig überlegenden Menschen‹ zur Geltendmachung seines Abwehranspruchs zu veranlassen (Staud/Roth Rz 9).
V. Nachbargrundstück.
Rn 16
Die Gefahr kann nur dann abgewehrt werden, wenn sie von einem Gebäude bzw Werk auf einem Nachbargrundstück ausgeht. Das ist nicht nur das an das gefährdete Grundstück unmittelbar angrenzende Grundstück; Nachbargrundstück iSd Vorschrift ist vielmehr jedes Grundstück, von dem aus der drohende Einsturz eines Gebäudes bzw Werkes oder die drohende Ablösung von deren Teilen ein anderes Grundstück beschädigen kann. Können sich zB bei einem Sturm infolge der baufälligen Beschaffenheit eines Gebäudes Teile davon ablösen und auf ein weiter entferntes Grundstück fliegen, so ist das Grundstück, auf dem das Gebäude steht, Nachbargrundstück iSd § 908.
Rn 17
Unter einem Nachbargrundstück iSd Vorschrift sind alle Grundstücke zu verstehen, die in dem betreffenden Gefährdungsbereich liegen (MüKo/Brückner Rz 3).