Gesetzestext
1Früchte, die von einem Baum oder einem Strauche auf ein Nachbargrundstück hinüberfallen, gelten als Früchte dieses Grundstücks. 2Diese Vorschrift findet keine Anwendung, wenn das Nachbargrundstück dem öffentlichen Gebrauch dient.
Rn 1
Nach § 953 gehören Erzeugnisse und sonstige Bestandteile einer Sache auch nach der Trennung grds dem Eigentümer der Sache. Davon macht § 911 hinsichtlich der Früchte von Bäumen und Sträuchern eine Ausnahme. Damit soll Streitigkeiten zwischen Nachbarn wegen der Eigentumsverhältnisse an Fallobst oä vorgebeugt werden.
Rn 2
Früchte wird hier nicht iSv § 99 gebraucht, sondern im natürlichen Sinn. Gemeint sind die Erzeugnisse von Bäumen und Sträuchern wie Obst, Beeren, Nüsse usw. Andere Bestandteile wie zB Zweige und Äste gehören nicht dazu.
Rn 3
Hinüberfallen meint in erster Linie, dass die Früchte direkt von dem Baum oder Strauch auf das Nachbargrundstück fallen. Das ist nicht nur der Fall, wenn sie von herüberragenden Zweigen abfallen, sondern auch dann, wenn sie erst infolge von Windeinwirkung auf das Nachbargrundstück gelangen. Daneben reicht es auch aus, wenn die Früchte zunächst auf dem Boden des Grundstücks auftreffen, auf welchem der Baum oder der Strauch steht, und erst danach auf das Nachbargrundstück hinüberrollen.
Rn 4
Unerheblich ist der Grund für das Abfallen der Früchte. Es kann sowohl auf Naturkräfte als auch auf menschliches Verhalten zurückzuführen sein. Selbst wenn der Eigentümer seinen Baum oder Strauch schüttelt und die Früchte dabei auf das Nachbargrundstück gelangen, findet § 911 Anwendung. Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Nachbar den Baum oder Strauch schüttelt. Die dabei auf sein Grundstück fallenden Früchte gehören weiterhin dem Eigentümer des Baumes oder Strauches. Auch darf der Nachbar Früchte von den auf sein Grundstück herüberragenden Zweigen nicht abpflücken.
Rn 5
Dient das Nachbargrundstück, auf welches die Früchte hinüber fallen (Rn 3), dem öffentlichen Gebrauch, gelten die Früchte nicht als solche dieses Grundstücks. Sie gehören also weiterhin dem Eigentümer des Baumes oder Strauches, von welchem sie abgefallen sind. Deshalb dürfen solche Früchte nicht ohne weiteres von Dritten aufgesammelt werden, sondern nur dann, wenn der Eigentümer etwa durch längeres Liegenlassen zu erkennen gegeben hat, dass er mit der Aneignung (§ 958) durch jedermann einverstanden ist, oder wenn die Früchte offensichtlich für den Eigentümer keinen wirtschaftlichen Wert haben (zB Kastanien von Straßenbäumen).
Rn 6
Dem öffentlichen Gebrauch dienen zB öffentliche Straßen, Wege, Plätze, Flüsse und Seen.