Gesetzestext
(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann von dem Eigentümer eines Nachbargrundstücks verlangen, dass dieser zur Errichtung fester Grenzzeichen und, wenn ein Grenzzeichen verrückt oder unkenntlich geworden ist, zur Wiederherstellung mitwirkt.
(2) Die Art der Abmarkung und das Verfahren bestimmen sich nach den Landesgesetzen; enthalten diese keine Vorschriften, so entscheidet die Ortsüblichkeit.
(3) Die Kosten der Abmarkung sind von den Beteiligten zu gleichen Teilen zu tragen, sofern nicht aus einem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnis sich ein anderes ergibt.
Rn 1
Die Vorschrift gewährt einen zu dem Grundstückseigentum gehörenden Anspruch auf Mitwirkung bei der Errichtung, Erneuerung oder Wiederherstellung fester Grenzzeichen. Er setzt die Unkenntlichkeit des genauen Grenzverlaufs voraus und dient seiner Sichtbarmachung nach außen.
Rn 2
Anspruchsberechtigt und anspruchsverpflichtet sind nur die jeweiligen Eigentümer von einander angrenzenden Grundstücken, nicht aber die daran dinglich oder obligatorisch Berechtigten. Erbbauberechtigten steht der Anspruch nur hinsichtlich der von dem Erbbaurecht betroffenen Fläche zu.
Rn 3
Die Anwendung der Vorschrift setzt voraus, dass der Grenzverlauf zwischen den Nachbarn nicht str ist (BGH MDR 22, 1085 [BGH 20.05.2022 - V ZR 199/21])). Das ist auch dann der Fall, wenn ein Eigentümer zwar den Grenzverlauf bestreitet, dieser sich jedoch unzweifelhaft aus dem Liegenschaftskataster ergibt (Staud/Roth Rz 7). Ist der Grenzverlauf streitig, muss er zunächst geklärt werden; erst danach kann ein Grundstückseigentümer den Anspruch nach I geltend machen.
Rn 4
Unabhängig von den Voraussetzungen des I bestehen in den Bundesländern aufgrund landesgesetzlicher Regelungen Abmarkungspflichten; diese können sogar dazu führen, dass einer Klage nach § 919 das Rechtsschutzbedürfnis fehlt (Näheres bei Staud/Roth Rz 2f).
Rn 5
Die Art der Abmarkung und das Verfahren bestimmen sich nach den Landesgesetzen (Zusammenstellung bei Dehner B § 5 II, III), in Ermangelung solcher nach der Ortsüblichkeit. Aus dem nachbarlichen Gemeinschaftsverhältnis (§ 903 Rn 14 ff) kann sich ein Anspruch des Grundstückseigentümers auf Duldung einer für die Grenzfeststellung erforderlichen Vermessung in der Wohnung des Nachbarn ergeben; der Umstand, dass Wohnungen für die amtliche Vermessung nach den Bestimmungen des einschlägigen Landesvermessungsgesetzes nur mit Einwilligung des Wohnungsinhabers betreten werden dürfen, schließt dies nicht aus (BGH MDR 22, 1085 [BGH 20.05.2022 - V ZR 199/21]).
Rn 6
Die Abmarkung ändert den wahren Grenzverlauf nicht. Sie dient jedoch als Beweismittel dafür, auf welche Grundstücksfläche sich das Eigentum der Nachbarn erstreckt.
Rn 7
Die gesetzliche Vermutung des § 891 widerlegt die Abmarkung, wenn die in dem Grundbuch eingetragene Grenze mit der abgemarkten Grenze nicht übereinstimmt. Die Kenntnis der Nichtübereinstimmung schließt einen gutgläubigen Erwerb nach § 892 aus.
Rn 8
Die Kosten der Abmarkung sind von den Beteiligten zu gleichen Teilen zu tragen, wenn sich nicht aus einem zwischen ihnen bestehenden Rechtsverhältnis etwas anderes ergibt (III). Letzteres kommt in Betracht bei einer vertraglichen Vereinbarung über die Kostenpflicht, aber auch beim Bestehen einer Kostenpflicht aufgrund Deliktsrecht (§ 823 II iVm § 274 I Nr 3 StGB). Kein Kostenbeteiligungsanspruch besteht bei der Freilegung eines verschütteten, aber zutr positionierten Grenzsteins (Celle OLGR 06, 669, 670).