I. Einfacher Eigentumsvorbehalt.
1. Grundlagen.
Rn 15
Der einfache Eigentumsvorbehalt (EV) ist ein Rechtsverhältnis zwischen Verkäufer und Käufer einer beweglichen Sache. Zu Grunde liegt ein unbedingt abgeschlossener Kaufvertrag. Die dinglichen Erfüllungsgeschäfte (Übereignung der Kaufsache und Zahlung des Kaufpreises) werden in der Weise abgewickelt, dass die Sache sogleich übergeben wird und die Parteien eine dingliche Einigung iSv § 929 erklären. Diese dingliche Einigung wird unter der aufschiebenden Bedingung (§ 158 I) geschlossen, dass der Kaufpreis vollständig gezahlt wird. Sodann wird vereinbart, dass der Kaufpreis in bestimmten Raten oder in bestimmter zeitlicher Frist zu zahlen ist (und damit die Bedingung eintritt). Der EV ist ein zentrales Sicherungsmittel des Verkäufers, der in Zwangsvollstreckung und Insolvenz weiterhin durch die Eigentümerposition gesichert ist. Der Eigentumsvorbehalt ist aber auch für den Käufer ein außerordentlich wesentliches Hilfsmittel, da dieser bereits vor Zahlung des Kaufpreises die Sache nutzen kann und entgegen dem Grundgedanken von § 320 die Leistung des Besitzes an der Sache erhält, ohne selbst sogleich leisten zu müssen. Darüber hinaus ist durch vielfältige Regelungen die Position des Käufers und Erwerbers der Sache bereits jetzt geschützt (Anwartschaftsrecht).
2. Gesetzliche Regelung.
Rn 16
Die schuldrechtliche Seite des Eigentumsvorbehalts hat in § 449 I eine Regelung in der Form einer Auslegungsregel erhalten. Danach ist beim Vorbehalt des Verkäufers am Eigentum der verkauften Sache im Zweifel anzunehmen, dass dieses Eigentum unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen wird. Darüber hinaus enthält § 449 II eine Abwicklungsregelung bei Rückforderung der Sache durch den Verkäufer und III enthält das Verbot des Konzernvorbehalts. Außerhalb des BGB ist der einfache EV in § 107 InsO geregelt.
3. Vertragliche Vereinbarung.
Rn 17
Der EV bedarf einer rechtsgeschäftlichen Grundlage. Regelmäßig muss er im Kaufvertrag vereinbart worden sein. Möglich ist allerdings auch eine stillschweigende Vereinbarung, wenn im Rahmen ständiger Geschäftsverbindungen frühere Lieferungen des Verkäufers ausschl unter EV ausgeführt worden waren. Dagegen kann man trotz der Häufigkeit des EV nicht unterstellen, dass alle Kreditkäufe mit der stillschweigenden Vereinbarung eines EV verbunden sind (aA LG Aachen MDR 58, 514 [LG Aachen 10.01.1958 - 5 S 208/57]).
Rn 18
Häufig finden sich Eigentumsvorbehalte in AGB. Hier stellt sich va das Problem der wirksamen Einbeziehung dieser AGB in den Vertrag. Bei Geschäften mit Verbrauchern verlangt eine Einbeziehung solcher AGB die Beachtung von § 305 II (ausdrücklicher Hinweis oder sichtbarer Aushang sowie Möglichkeit zumutbarer Kenntnisnahme und Einverständnis der Gegenpartei). Im unternehmerischen Geschäftsverkehr kann wegen § 310 I auch ein stillschweigender Hinweis sowie insb ein branchenüblicher Hinweis oder bestehende laufende Geschäftsverbindung zur Einbeziehung von AGB-Klauseln führen. Darüber hinaus können solche AGB iRd Schweigens auf ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben oder iRv Handelsbräuchen zum Vertragsinhalt werden. Im Falle kollidierender AGB gilt wegen § 150 zunächst die Theorie des letzten Wortes (BGH NJW 63, 1248 [BGH 14.03.1963 - VII ZR 257/61] s.a. § 150 Rn 6, § 449 Rn 9 f). Im Einzelfall kann allerdings das Schweigen nicht als stillschweigende Zustimmung gewertet werden (BGH NJW 85, 1838 [BGH 20.03.1985 - VIII ZR 327/83]). In solchen Fällen soll an Stelle der kollidierenden AGB gem § 306 II das dispositive Recht gelten; im Einzelfall kann auch eine ergänzende Vertragsauslegung in Betracht kommen (BGHZ 90, 69, 74; 117, 92, 98).
Rn 19
Ist schuldvertraglich ein EV nicht vereinbart, so ist die Übergabe der Kaufsache grds eine Form der Übereignung ohne Bedingung. Hat allerdings der Verkäufer iRd Übereignung ausdrücklich einen (an sich vertragswidrigen) EV erklärt, so ist dieser nachträgliche EV dinglich wirksam, auch wenn dies eine Verletzung des schuldrechtlichen Vertrages sein kann. Die Übergabe eines PKW unter bewusster Einbehaltung des Kfz-Briefs ist als EV auszulegen (BGH NJW 06, 3488 [BGH 13.09.2006 - VIII ZR 184/05]). Dagegen ist ein nach Übergabe der Kaufsache einseitig erklärter EV (zB auf der nachträglich übersandten Rechnung) grds wirkungslos. Sind sich die Vertragsparteien einig, kann allerdings auch nachträglich ein EV vereinbart werden (Rückübertragung des Eigentums an den Verkäufer gem §§ 929, 930 unter auflösender Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung).
II. Rechtsstellung des Verkäufers.
Rn 20
Bei wirksamer Vereinbarung eines einfachen EV ist der Verkäufer verpflichtet, die verkaufte Sache zu übergeben und unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung zu übereignen. Damit tritt zugleich eine Bindung der Parteien an die dingliche Einigung ein. Eventuelle Gewährleistungspflichten treffen den Vorbehaltsverkäufer wegen Sach- und Rechtsmängeln nach allg Regeln. Allerdings schuldet der Verkäufer die Verschaffung des lastenfreien Eigentums erst mit dem Zeitpunkt des Eintritts der Bedingung. Will d...