Gesetzestext
Ist ein Dritter im Besitz der Sache, so kann die Übergabe dadurch ersetzt werden, dass der Eigentümer dem Erwerber den Anspruch auf Herausgabe der Sache abtritt.
A. Normzweck.
Rn 1
Die Norm schließt an die §§ 929, 930 an und regelt einen zusätzlichen und eigenständigen Erwerbstatbestand (s.o. § 929 Rn 1). Die Norm knüpft wie § 930 an die Regelung in § 929 an und setzt damit das dort vorgegebene Grundkonzept eines zweigliedrigen Tatbestands aus Einigung und Übergabe fort, wobei in § 931 die Übergabe wiederum durch ein Übergabesurrogat ersetzt wird. Dies ermöglicht es dem Eigentümer, sein Eigentum an einen Erwerber zu übertragen, selbst wenn er nicht im Besitz der Sache ist. Soweit der Eigentümer mittelbarer Besitzer ist, kann er bei der Übertragung des Eigentums zwischen §§ 929 1, 930 und 931 wählen. Darüber hinaus gibt § 931 dem Eigentümer selbst dann die Möglichkeit der Eigentumsübertragung, wenn er nicht Besitzer der Sache ist und noch nicht einmal den Aufenthalt der Sache kennt (Übereignung einer gestohlenen Sache).
B. Tatbestand.
I. Besitz des Dritten.
Rn 2
Der Besitz des Veräußerers ist nicht Voraussetzung für die Übereignung nach § 931. Hat der Veräußerer unmittelbaren Besitz, so scheidet § 931 generell aus. Hat eine dritte Person unmittelbaren Besitz der Sache, so ist eine Übereignung nach § 931 möglich, unabhängig davon, ob der Veräußerer mittelbarer Besitzer oder ohne jeden Besitz ist. Ist die Sache besitzlos (ein Dieb hat die Sache weggeworfen), so kommt ebenfalls eine Übereignung nach § 931 in Betracht.
II. Einigung.
Rn 3
§ 931 trifft keine Aussage über die Einigung. Er regelt lediglich den Ersatz der Übergabe durch Abtretung eines Herausgabeanspruchs, so dass nach allg Meinung § 931 nur mit § 929 zusammen anwendbar ist und die dingliche Einigung nach den dort dargestellten Grundsätzen erforderlich bleibt (s.o. § 929 Rn 4 ff).
III. Abtretung des Herausgabeanspruchs.
Rn 4
Zentrales Merkmal der Eigentumsübertragung nach § 931 ist die Abtretung des dem Veräußerer zustehenden Herausgabeanspruchs. Herausgabeanspruch idS ist jede Rechtsgrundlage, durch die der Veräußerer und nach Abtretung der Erwerber von einem Dritten die Verschaffung des Besitzes verlangen kann. Ohne Bedeutung ist dabei das konkrete Anspruchsziel (Herausgabe, Verschaffung, Abtretung von Ansprüchen, Duldung der Wegnahme). Es ist nicht von Bedeutung, ob der Herausgabeanspruch bedingt, befristet oder einredebehaftet ist. Daher kann unstr der Eigentumsvorbehaltsverkäufer sein noch bestehendes Eigentum an eine dritte Person nach § 931 übertragen. Als Rechtsgrund des Herausgabeanspruchs kommt ein Rechtsgeschäft, ebenso aber auch ein gesetzlicher Anspruch (§§ 812, 823, 861) in Betracht. Ausgeschlossen ist dagegen die Abtretung des Anspruchs aus § 985, da dieser Anspruch nicht selbstständig abtretbar ist und nicht vom Eigentum getrennt werden kann. Bedeutungslos ist es weiterhin, ob der im Besitz befindliche Dritte dem Veräußerer den Besitz vermittelt. So kann auch der Herausgabeanspruch gegen den Dieb (§§ 823, 861) abgetreten werden. Gegenstand der Abtretung kann schließlich auch ein künftiger Herausgabeanspruch sein.
Rn 5
Die Abtretung als solche ist ein Rechtsgeschäft (§ 398). Stellvertretung ist auf beiden Seiten möglich. Der Gegenstand der Abtretung muss hinreichend bestimmt sein. IÜ gelten die Anforderungen gem § 398.
Rn 6
Bei fehlendem Besitz des Veräußerers oder bei einer sonstigen Situation, in der dem Veräußerer nur der Anspruch auf Herausgabe gem § 985 zusteht, ist dennoch eine Eigentumsübertragung nach § 931 möglich. Zwar ist nach heute anerkannter Auffassung § 985 als Anspruch nicht isoliert abtretbar, in einem solchen Falle ist aber die positive Abtretung eines speziellen Anspruchs nicht erforderlich. Vielmehr kann die Eigentumsübertragung faktisch durch bloße Einigung erfolgen (Avenarius JZ 94, 511). Im Ergebnis wird also das Merkmal der Abtretung des Herausgabeanspruchs heute in einer negativen Weise ausgelegt, dass als Mindesttatbestand auf der Seite des Veräußerers die Entledigung aller Ansprüche auf den Besitz an der Sache steht und auf der Erwerberseite der Erwerb aller dieser Ansprüche. Damit hat die Abtretung nur eine negative Bedeutung im Hinblick auf die Lösung jeglicher Besitzbeziehung des Veräußerers, sie ist nicht konstitutiv für den Erwerb (MüKo/Quack § 931 Rz 6).
Rn 7
Besonderheiten sind zu beachten, wenn Besitz und Übertragung von Sachen durch Wertpapiere realisiert werden. Soweit dabei der Besitz selbst durch Traditionspapiere übertragen wird (§§ 424, 450, 647 HGB), vollzieht sich die Übereignung nach § 929, nicht nach § 931. Zu den Besonderheiten der sog Güterpapiere (Warenpapiere) vgl Helm FS Hefermehl 76, 63; MüKo/Quack § 931 Rz 22. Dagegen werden Wertpapiere in Sammelverwahrung (Depot) idR nach § 931 übertragen. Andere Wertpapiere und Urkunden, die nicht mit dem Besitz der Sache in Verbindung stehen, führen durch Übergabe nicht zu einer Abtretung. Allerdings kann die Übergabe einer solchen Urkunde als konkludente Abtretung auszulegen sein. Gibt etwa der Eigentümer und mittelbare Besitzer eines Kfz den Kfz-Brief an eine...