I. Besitz des Dritten.
Rn 2
Der Besitz des Veräußerers ist nicht Voraussetzung für die Übereignung nach § 931. Hat der Veräußerer unmittelbaren Besitz, so scheidet § 931 generell aus. Hat eine dritte Person unmittelbaren Besitz der Sache, so ist eine Übereignung nach § 931 möglich, unabhängig davon, ob der Veräußerer mittelbarer Besitzer oder ohne jeden Besitz ist. Ist die Sache besitzlos (ein Dieb hat die Sache weggeworfen), so kommt ebenfalls eine Übereignung nach § 931 in Betracht.
II. Einigung.
Rn 3
§ 931 trifft keine Aussage über die Einigung. Er regelt lediglich den Ersatz der Übergabe durch Abtretung eines Herausgabeanspruchs, so dass nach allg Meinung § 931 nur mit § 929 zusammen anwendbar ist und die dingliche Einigung nach den dort dargestellten Grundsätzen erforderlich bleibt (s.o. § 929 Rn 4 ff).
III. Abtretung des Herausgabeanspruchs.
Rn 4
Zentrales Merkmal der Eigentumsübertragung nach § 931 ist die Abtretung des dem Veräußerer zustehenden Herausgabeanspruchs. Herausgabeanspruch idS ist jede Rechtsgrundlage, durch die der Veräußerer und nach Abtretung der Erwerber von einem Dritten die Verschaffung des Besitzes verlangen kann. Ohne Bedeutung ist dabei das konkrete Anspruchsziel (Herausgabe, Verschaffung, Abtretung von Ansprüchen, Duldung der Wegnahme). Es ist nicht von Bedeutung, ob der Herausgabeanspruch bedingt, befristet oder einredebehaftet ist. Daher kann unstr der Eigentumsvorbehaltsverkäufer sein noch bestehendes Eigentum an eine dritte Person nach § 931 übertragen. Als Rechtsgrund des Herausgabeanspruchs kommt ein Rechtsgeschäft, ebenso aber auch ein gesetzlicher Anspruch (§§ 812, 823, 861) in Betracht. Ausgeschlossen ist dagegen die Abtretung des Anspruchs aus § 985, da dieser Anspruch nicht selbstständig abtretbar ist und nicht vom Eigentum getrennt werden kann. Bedeutungslos ist es weiterhin, ob der im Besitz befindliche Dritte dem Veräußerer den Besitz vermittelt. So kann auch der Herausgabeanspruch gegen den Dieb (§§ 823, 861) abgetreten werden. Gegenstand der Abtretung kann schließlich auch ein künftiger Herausgabeanspruch sein.
Rn 5
Die Abtretung als solche ist ein Rechtsgeschäft (§ 398). Stellvertretung ist auf beiden Seiten möglich. Der Gegenstand der Abtretung muss hinreichend bestimmt sein. IÜ gelten die Anforderungen gem § 398.
Rn 6
Bei fehlendem Besitz des Veräußerers oder bei einer sonstigen Situation, in der dem Veräußerer nur der Anspruch auf Herausgabe gem § 985 zusteht, ist dennoch eine Eigentumsübertragung nach § 931 möglich. Zwar ist nach heute anerkannter Auffassung § 985 als Anspruch nicht isoliert abtretbar, in einem solchen Falle ist aber die positive Abtretung eines speziellen Anspruchs nicht erforderlich. Vielmehr kann die Eigentumsübertragung faktisch durch bloße Einigung erfolgen (Avenarius JZ 94, 511). Im Ergebnis wird also das Merkmal der Abtretung des Herausgabeanspruchs heute in einer negativen Weise ausgelegt, dass als Mindesttatbestand auf der Seite des Veräußerers die Entledigung aller Ansprüche auf den Besitz an der Sache steht und auf der Erwerberseite der Erwerb aller dieser Ansprüche. Damit hat die Abtretung nur eine negative Bedeutung im Hinblick auf die Lösung jeglicher Besitzbeziehung des Veräußerers, sie ist nicht konstitutiv für den Erwerb (MüKo/Quack § 931 Rz 6).
Rn 7
Besonderheiten sind zu beachten, wenn Besitz und Übertragung von Sachen durch Wertpapiere realisiert werden. Soweit dabei der Besitz selbst durch Traditionspapiere übertragen wird (§§ 424, 450, 647 HGB), vollzieht sich die Übereignung nach § 929, nicht nach § 931. Zu den Besonderheiten der sog Güterpapiere (Warenpapiere) vgl Helm FS Hefermehl 76, 63; MüKo/Quack § 931 Rz 22. Dagegen werden Wertpapiere in Sammelverwahrung (Depot) idR nach § 931 übertragen. Andere Wertpapiere und Urkunden, die nicht mit dem Besitz der Sache in Verbindung stehen, führen durch Übergabe nicht zu einer Abtretung. Allerdings kann die Übergabe einer solchen Urkunde als konkludente Abtretung auszulegen sein. Gibt etwa der Eigentümer und mittelbare Besitzer eines Kfz den Kfz-Brief an eine dritte Person weiter, so wird man dies als Abtretung des Herausgabeanspruchs auslegen können.
IV. Berechtigung zur Verfügung.
Rn 8
Wie in § 929 muss der Veräußerer im Zeitpunkt des Eigentumsübergangs der zur Verfügung Berechtigte sein. Anderenfalls könnte ein gutgläubiger Erwerb nach § 934 in Betracht kommen. Die Verfügungsberechtigung des Veräußerers ergibt sich im Normalfall aus seiner Eigentümerstellung. Verfügungsberechtigt sind aber auch Parteien kraft Amtes wie der Insolvenzverwalter oder der Testamentsvollstrecker. Schließlich kann sich eine gewillkürte Verfügungsberechtigung aus § 185 ergeben.