Rn 3
Gutgläubiger Erwerb setzt den jeweiligen Grundtatbestand der Veräußerung vom Berechtigten voraus, also Einigung (s.o. § 929 Rn 4) und Übergabe (s.o. § 929 Rn 10) durch den Veräußerer (vgl Hamm MDR 15, 143). Vorausgesetzt wird ferner die Feststellung fehlender Berechtigung. Darüber hinaus setzt gutgläubiger Erwerb an beweglichen Sachen einige grundlegende Merkmale voraus, die für alle Normen des Gutglaubensschutzes gelten.
I. Rechtsgeschäft.
Rn 4
Gutgläubiger Erwerb beweglicher Sachen setzt zunächst eine rechtsgeschäftliche Verfügung voraus. Im Falle eines gesetzlichen Erwerbs (zB nach den §§ 937 ff, 946 ff, 952, 953 ff) sind die Normen der §§ 932 ff nicht anwendbar. Gutgläubiger Erwerb kommt ferner nicht in Betracht bei gesetzlicher Gesamtnachfolge (Erbfall, eheliche Gütergemeinschaft) und beim Erwerb im Wege der Zwangsvollstreckung. Ausnahmsweise lässt das Gesetz in § 366 III HGB den gutgläubigen Erwerb gesetzlicher Pfandrechte des Handelsrechts zu. Schließlich muss das jeweilige Rechtsgeschäft privatrechtlicher Natur sein.
II. Verkehrsgeschäft.
Rn 5
Das dem gutgläubigen Erwerb zu Grunde liegende Rechtsgeschäft muss ein sog Verkehrsgeschäft sein. Es darf also nicht auf Veräußerer- und Erwerberseite rechtlich oder wirtschaftlich dasselbe Rechtssubjekt stehen. Eine solche Personenidentität liegt nicht vor, wenn einer Personen- oder Kapitalgesellschaft Gegenstände von einem Mitgesellschafter übertragen werden oder umgekehrt. Auch bei einer noch im Gründungsstadium befindlichen Gesellschaft ist gutgläubiger Erwerb insoweit möglich (BGH MDR 03, 223). Hintergrund dieser teleologischen Reduktion des Normwortlauts auf das Verkehrsgeschäft ist der Zweck der Norm. Gutgläubiger Erwerb soll dem Verkehrsschutz dienen und das Vertrauen von Erwerbern schützen. Ein solcher Schutz muss bei Identität von Veräußerer und Erwerber ausscheiden. Ausgeschlossen ist gutgläubiger Erwerb mangels Verkehrsgeschäft also bei Übereignungen einer GmbH auf ihren Alleingesellschafter und umgekehrt, bei Übertragung von Erbschaftsgegenständen durch eine Erbengemeinschaft auf die einzelnen Miterben sowie eine Übertragung von beweglichen Sachen des Nachlasses von den Erben auf eine durch die Erben gebildete oHG.
III. Kein Fall des sog Rückerwerbs.
Rn 6
Grds ist das einmal gutgläubig erworbene Eigentum endgültig und voll wirksam (s.u. Rn 14). Daher ist die Übertragung des Eigentums von einem gutgläubigen Erwerber auf eine dritte Person selbst dann wirksam, wenn der Dritte im Hinblick auf den ursprünglichen Erwerbstatbestand bösgläubig war. Auch der unberechtigt Verfügende kann auf diesem Wege Eigentum erwerben (BGH ZIP 03, 30). Hat allerdings der Dritte den gutgläubigen Ersterwerber zum Erwerb vom Nichteigentümer veranlasst und diesen Weg gewählt, weil er bei einem unmittelbaren Erwerb vom Nichtberechtigten im Hinblick auf seinen eigenen bösen Glauben Eigentum nicht erwerben konnte, so ist ein Erwerb des Dritten abzulehnen. Das Gleiche gilt, wenn ein Nichtberechtigter eine Sache einem gutgläubigen Erwerber übereignet und dabei eine Rückübertragung dieses Eigentums an sich selbst veranlasst. Schließlich ist Eigentumserwerb zu verneinen, wenn der Nichtberechtigte das Eigentum an einen gutgläubigen Erwerber überträgt, die Sache aber später an den Veräußerer wegen Rücktritts oder Eintritts einer Bedingung durch Rückabwicklung zurückfällt (Prütting Rz 438).
IV. Kein Abhandenkommen.
Rn 7
Schließlich ist allg Voraussetzung des gutgläubigen Erwerbs an beweglichen Sachen, dass diese dem Eigentümer nicht gestohlen, verloren gegangen oder sonst abhandengekommen sind (§ 935). Diese Regelung zeigt, dass gutgläubiger Erwerb nicht allein auf dem Vertrauensschutz und dem Besitz als Rechtsschein beruht, sondern dass die freiwillige Veranlassung durch den Berechtigten hinzukommen muss. Zu den Einzelheiten sowie den Ausnahmen im Falle des Abhandenkommens s.u. § 935. Zum System des Gesetzes bei Weggabe der Sache s.u. § 937 Rn 1 aE.