I. Der Besitz einer beweglichen Sache.
Rn 3
Zum Begriff der Sache s.o. § 90. Zur Abgrenzung der beweglichen Sachen s.o. § 929 Rn 3. Eine Ersitzung ist auch bei Tieren möglich (§ 90a). Nicht möglich ist eine Ersitzung an dem Grundstücksrecht unterliegenden wesentlichen Bestandteilen (§§ 93, 94). Möglich ist dagegen eine Ersitzung am Zubehör (§ 97), da durch längeren Eigenbesitz des Erwerbers die Zubehöreigenschaft erlischt. Die Ersitzung kommt auch für öffentliche Sachen in Betracht (Soergel/Henssler § 937 Rz 1). Zum Sonderfall der Ersitzung bei Erbschaftsgegenständen vgl § 2026. Die Ersitzung wird durch relative Veräußerungsverbote (§§ 135, 136) nicht ausgeschlossen.
II. Eigenbesitz.
Rn 4
Zum Eigenbesitz s.o. § 872. Danach kommt es auf die Willensrichtung des Besitzers an, ob er eine Sache als ihm selbst gehörend besitzt. Für diesen Besitzwillen kommt es im Hinblick auf den gesetzlichen Erwerbstatbestand lediglich auf einen natürlichen Willen an. Ob der jeweilige Eigenbesitz ein unmittelbarer oder mittelbarer Besitz (s.o. § 868) ist, macht keinen Unterschied, wie sich etwa aus § 939 entnehmen lässt.
III. Zeitablauf.
Rn 5
Die Ersitzungszeit beträgt 10 Jahre und ist damit deutlich länger als im früheren gemeinen Recht (drei Jahre) oder zB im schweizerischen Recht (fünf Jahre). Der Eigenbesitz muss die ganze Zeit hindurch andauern (beachte allerdings die Vermutung des § 938). Tritt ein Besitzwechsel ein, so beginnt für den neuen Besitzer eine neue Ersitzungszeit. Wandelt sich Fremdbesitz in Eigenbesitz um oder entsteht der gute Glaube nachträglich, so beginnt die Ersitzung nunmehr zu laufen. Zur Hemmung und Unterbrechung vgl §§ 939–942. Zum Fortwirken der Ersitzungszeit bei Rechtsnachfolge und beim Erbschaftsbesitzer vgl §§ 943, 944. Für die Fristberechnung gelten die §§ 187 ff.
IV. Guter Glaube.
Rn 6
Nach II setzt die Ersitzung voraus, dass der Besitzer beim Besitzerwerb gutgläubig ist. Wegen der negativen Formulierung von II wird der gute Glaube vermutet und die Beweislast trägt derjenige, der bösen Glauben behauptet (BGH NJW 19, 3147 Rz 39 unter Bezug auf diesen Kommentar). Für den Begriff des guten Glaubens s.o. § 932 II, guter Glaube ist also ausgeschlossen bei positiver Kenntnis oder grobfahrlässiger Unkenntnis (BGH NJW 19, 3147 [BGH 19.07.2019 - V ZR 255/17] Rz 44). Später schadet dem Erwerber nur noch positive Kenntnis (II). Daher wird beim Besitzerwerb vom Erwerber eine Prüfung der Rechtslage mit üblicher verkehrsmäßiger Sorgfalt gefordert. Der gute Glaube muss sich auf das Eigentum des Ersitzenden beziehen, nicht auf das Eigentum des Veräußerers, weil im Falle von § 937 nicht immer eine Veräußerung vorausgesetzt wird. Allerdings darf der Glaube des Besitzers, er sei Eigentümer, nicht seinerseits auf grober Fahrlässigkeit beruhen.