Prof. Dr. Barbara Völzmann-Stickelbrock
I. Zubehörsache.
Rn 2
Nur bewegliche Sachen können als Zubehör dienen. Grundstücke, Grundstücksbestandteile und Rechte können dagegen kein Zubehör sein (BGHZ 111, 110, 116; 135, 292, 295). Bei einer Sachgesamtheit, zB dem Inventar eines landwirtschaftlichen Betriebes, stellt jede einzelne der Sachen das Zubehörstück dar, nicht die Sachgesamtheit als solche (hM BGH MDR 65, 561; MüKo/Stresemann Rz 4; aA Erman/J.Schmidt Rz 2).
II. Hauptsache.
Rn 3
Hauptsache können Grundstücke und bewegliche Sachen sein, Rechte dagegen nur ausnahmsweise, wenn es sich, wie beim Erbbaurecht und beim Wohnungseigentum, um grundstücksgleiche Rechte handelt. Auch ein Sachbestandteil, zB ein Gebäude, kann Hauptsache sein (BGHZ 62, 49, 51). Eine Sache kann auch Zubehör mehrerer Hauptsachen, zB mehrerer Grundstücke sein (Leppin NJW 74, 1471 [AG Köln 09.10.1973 - 112 C 2720/72]). Sach- und Rechtsgesamtheiten (insb das Unternehmen) können kein Zubehör haben (MüKo/Stresemann Rz 13). Das Inventar eines Gewerbebetriebs kann jedoch unter den Voraussetzungen des § 98 Nr 1 Zubehör sein (s § 98 Rn 2).
III. Weitere Voraussetzungen (Abs 1 S 1).
1. Zweckdienende Funktion.
Rn 4
Das Zubehör muss dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen bestimmt sein. Der wirtschaftliche Zweck ist dabei nicht zu eng zu fassen. Er muss nicht auf Gewinnerzielung gerichtet oder zumindest vermögensrechtlicher Natur sein. Die Hauptsache kann auch ideellen, kulturellen oder religiösen Zwecken dienen (zB Orgel und Glocke als Zubehör einer Kapelle, BGH NJW 84, 2277 [BGH 25.05.1984 - V ZR 149/83]). Wird eine Sache in verschiedener Weise genutzt, kann sie für den jeweiligen Nutzungszweck unterschiedliches Zubehör haben. Erforderlich ist, dass die Hauptsache bereits soweit fertig gestellt ist, dass sich ihr Zweck verwirklichen lässt. Daran fehlt es bei einem Gebäude im Rohbau (RGZ 89, 61, 64; Ddorf NJW 66, 1714; für die Zubehöreigenschaft von Inventar für einen Gewerbebetrieb schon vor Fertigstellung des Betriebsgebäudes hingegen BGH NJW 69, 36 [BGH 23.10.1968 - VIII ZR 228/66]). Der Nutzungszweck darf auch nicht vollständig fehlen oder weggefallen sein, wie bei brachliegendem Land oder zum Verschrotten ausgesonderten Geräten. Derartige Sachen können kein Zubehör (mehr) haben. Zubehör dient dem Zweck der Hauptsache, wenn es deren zweckentsprechende Verwendung ermöglicht oder fördert, wobei auch nur mittelbare Vorteile genügen (RGZ 86, 326, 328). Das Zubehör muss jedoch nicht unentbehrlich für die Hauptsache sein (Colmar OLGE 6, 270). Auf das Werteverhältnis zwischen Hauptsache und Zubehör kommt es nicht an (RGZ 87, 43). Zwischen der Hauptsache und dem Zubehör muss aber grds ein Über-/Unterordnungsverhältnis bestehen (BGH 85, 234, 237). Daran fehlt es bei Rohstoffen, die nach Verarbeitung veräußert werden sollen (RGZ 86, 326, 329) und Waren und Erzeugnissen, die zum Verkauf bestimmt sind (RG 66, 88, 90). Diese dienen nicht dem Betriebsgrundstück, sondern stehen ihm als gleichwertige Sachen ggü Verbrauchbare Sachen (s. § 92) können Zubehör sein, wie zB das auf dem Baugrundstück lagernde Baumaterial (BGHZ 58, 309, 313), die zum Betrieb einer Fabrik bestimmten Kohlevorräte (RGZ 77, 36, 38) oder der Heizölvorrat eines Wohnhauses (Ddorf NJW 66, 1714 [OLG Düsseldorf 16.11.1965 - 4 U 139/65]; LG Braunschweig ZMR 86, 120). Ob die Bedienungsanleitung bei technischen Geräten, insb bei Computern, Zubehör darstellt, wird unterschiedlich betrachtet (dafür BeckOK BGB/Fritzsche Rz 18; abl zur Megede NJW 1989, 2580, 2581; diff Deutschmann NJ 22, 14, 18).
2. Widmung.
Rn 5
Die Bestimmung, dem wirtschaftlichen Zweck der Hauptsache zu dienen, erfolgt durch eine Widmung des Zubehörs zu dem entspr Zweck. Die Widmung kann jeder vornehmen, der die tatsächliche Verfügungsmacht über die Hauptsache und das Zubehör hat (BGH NJW 69, 2135 [BGH 30.05.1969 - V ZR 67/66]). Regelmäßig wird dies der Eigentümer sein, aber auch Mieter oder Pächter können eine Widmung vornehmen (BGH NJW 65, 2199 [BGH 14.07.1965 - V BLw 8/65]). In § 1120 und § 55 II ZVG geht der Gesetzgeber davon aus, dass Zubehörstücke eines Grundstücks auch im Eigentum eines anderen stehen können. Demgemäß können auch fremde Sachen, etwa unter Eigentumsvorbehalt gelieferte oder gestohlene Maschinen Zubehör sein (BGHZ 58, 309, 313). Die Widmung einer Sache als Zubehör einer anderen ist keine Verfügung über die Sache oder überhaupt ein Rechtsgeschäft, sondern eine bloße Rechtshandlung, für die nach hM natürliche Willensfähigkeit ausreicht (Grüneberg/Ellenberger Rz 6; Staud/Stieper Rz 21; Erman/J.Schmidt Rz 12). Wegen ihrer weit reichenden rechtlichen Auswirkungen (s Rn 1) spricht aber vieles dafür, hierfür Geschäftsfähigkeit zu verlangen (so auch MüKo/Stresemann Rz 19). Die Zubehöreigenschaft entsteht mit der Widmung, auf die erstmalige tatsächliche Benutzung (RG 66, 356) oder die Eignung des Zubehörs für den angestrebten Zweck (BGH NJW-RR 90, 586) kommt es nicht an. Umgekehrt ist aber die tatsächliche Benutzung Indiz für eine entspr Widmung. Diese muss auf Dauer erfolgen (s Rn 8), woran es gerade bei Mietern und Pächtern, die in Ausübung eines zeitlich beg...