I. Vertragliche Ansprüche.
Rn 20
Das Schuldrecht kennt zahlreiche gesetzliche Rückgewähransprüche, zB § 546 (Rückgabe der Mietsache), §§ 581 II, 546 (Rückgabe der Pachtsache), § 582a III (Rückgabe des Inventars), § 596 (Rückgabe der Landpachtsache), § 604 I (Rückgabe der Leihsache), § 667 (Herausgabepflicht bei Auftrag), § 695 (Rückforderung hinterlegter Sachen), § 732 aF (Rückgabe von Gesellschaftsgegenständen) – entsprechender ausdrücklicher Wortlaut fehlt in dem am 1.1.24 in Kraft getretenen § 736d –, § 1568a (Herausgabe der Ehewohnung) (Frankf Beschl v 21.8.19 – 2 UF 199/18). Die Regelung hatte lediglich eine klarstellende Funktion, welche auch in den neuen § 736d Abs 5 integriert werden hätte können. Dieser regelt jedoch den Anspruch der Gesellschafter auf Rückgabe von Gegenständen nicht explizit.
II. Sonstige Ansprüche.
Rn 21
Sind sowohl das schuldrechtliche (Verpflichtungs-) als auch das dingliche (Verfügungsgeschäft) Rechtsgeschäft nichtig (zB Fehleridentität), so kann der Eigentümer bei Veräußerung und Übergabe der Sache diese sowohl nach § 985 als auch § 812 I 1 (Besitzkondiktion) herausverlangen. In diesem Fall stärkt das Recht aus § 985 die Stellung des Eigentümers nicht nur hinsichtlich der Haftung und Beweislast, sondern auch in der Insolvenz des Besitzers, da der dingliche Anspruch zur Aussonderung gem § 47 InsO berechtigt. Bei Verlust des Besitzes durch eine strafbare Handlung bestehen neben § 985 auch Ansprüche aus §§ 823 II, 826, 249 (Naturalrestitution in Form der Rückgabe) sowie § 812 I 1, Fall 2. Anwendbar sind auch § 816 II (Herausgabe durch den Nichtberechtigten), § 852 (Herausgabe bei unerlaubter Handlung) sowie die §§ 861, 1007 (Ansprüche des früheren Besitzers) und §§ 2018, 2029 (Erbschaftsansprüche). Ebenso herrscht Anspruchskonkurrenz zu § 1004 I bei rechtswidrigem, nicht entschuldigtem Überbau (BGH, 28.01.11, V ZR 147/10).
III. Verdrängung und Ausschluss des Herausgabeanspruchs nach § 985.
Rn 22
1. § 985 ist bei einer Pfändung durch den Gläubiger des Besitzers subsidiär ggü § 771 ZPO. Der Gläubiger wird zwar durch die Pfändung mittelbarer Besitzer, der Eigentümer kann aber nicht unmittelbar vom Gläubiger die Herausgabe der Sache verlangen, sondern muss Drittwiderspruchsklage erheben und mit Hilfe eines Urteils nach §§ 775 Nr 1, 776 ZPO vorgehen. Gleichzeitig mit der Klage gegen den Gläubiger des Besitzers kann die Herausgabeklage erhoben werden, § 771 II ZPO.
Rn 23
2. § 241a schließt seinem Wortlaut nach den Herausgabeanspruch des Unternehmers, § 14, aus, der eine unbestellte Sache an einen Verbraucher, § 13, liefert. Die Zusendung unbestellter Waren stellt ein konkludentes Angebot auf Übereignung nach §§ 929 ff dar, welches jedoch aufschiebend bedingt durch Angebotsannahme durch Kaufpreiszahlung ist, so dass der Unternehmer Eigentümer bleibt. Trotzdem kann der Verbraucher, ausweislich des eindeutigen Wortlauts (›wird ein Anspruch gegen diesen nicht begründet‹) die tatsächliche Gewalt über die Sache ausüben, insb diese gebrauchen, ohne vertraglichen oder gesetzlichen Ansprüchen ausgesetzt zu sein. Ein Kondiktionsanspruch nach § 812 I 1 Alt. 1 ist demnach gleichermaßen ausgeschlossen. Ein Eigentumserwerb durch Ersitzung nach § 937 scheitert am notwendigen Eigenbesitz.
Rn 24
Aber auch eine Annahme der Aufgabe des Eigentums gem § 959 mit der Folge der Herrenlosigkeit und einer Aneignungsmöglichkeit durch Eigenbesitznahme ist nicht nachvollziehbar: Der Unternehmer will einen Kaufvertrag herbeiführen, nicht aber auf sein Eigentum verzichten. Zu einem solchen Verzicht würde er aber bei wörtlicher Anwendung des § 241a gezwungen. In Abwägung des Grundrechts aus Art 14 GG einerseits und des Verbraucherschutzgedankens, der § 74 StGB (Einziehungsmöglichkeit bei Straftaten) insoweit ähnl ist, andererseits, muss § 241a deshalb restriktiv ausgelegt werden: Die Vorschrift gibt dem Verbraucher kein Recht zum Besitz iSd § 986 und verhindert auch nicht den Herausgabeanspruch des Unternehmers gegen Dritte, denen der Verbraucher Besitz verschafft. § 241a schützt somit nach restriktiver Auslegung den Verbraucher bis zu den Grenzen des § 241 II vor einem aufgezwungenen Rechtsgeschäft, belässt als Kehrseite aber dem Versender das Eigentum, um ihn diesbezüglich nicht zu benachteiligen. War der Unternehmer selbst nur Vorbehaltseigentümer, so führt die Abwägung der Verbraucherrechte einerseits und der Rechte aus dem Eigentumsvorbehalt andererseits zu einer Vindikationslage zu Gunsten des Eigentümers. Ausreichenden Schutz bieten dem Verbraucher mögliche Schadensersatzansprüche gem §§ 241 II, 311 II, 280 ff sowie der vollständige Anspruchsausschluss nach § 241a. Der Unternehmer selbst hat hinsichtlich der unbestellten Sache bei richtiger Auslegung zwar keinen Herausgabeanspruch, das Rücksichtnahmegebot des § 241 II gebietet jedoch, ebenso wie § 242, im Einzelfall die Gewährung einer Abholungsmöglichkeit.