Rn 1
Grds enthält Abs 1 vier wesentliche Voraussetzungen: Ein Besitzer (s § 985 Rn 5 f) hat dem Eigentümer (s § 985 Rn 3 f) (nur) die Nutzungen (vgl § 100 mit Rückverweis ua auf § 99) herauszugeben (s § 985 Rn 8), die er nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit zieht (dh ab dem Zeitpunkt der Zustellung) einer auf das Eigentum (nicht bloß Besitz gem § 861; s aber § 1007 III 2) gestützten Herausgabeklage bzgl einer ganz bestimmten Sache, §§ 261 I, 253 I ZPO. Durch Abs 2 werden die Anspruchsmöglichkeiten des Eigentümers um fiktiv gezogene Nutzungen erweitert. Dies aber nur, sollte der Besitzer schuldhaft, §§ 276, 278, mögliche Nutzungen nicht gezogen haben, welche er hätte herausgeben müssen.
Rn 2
Grds muss ab der Rechtshängigkeit des Herausgabeverlangens auch ein redlicher Besitzer von einem potenziell (künftig) fehlenden Besitzrecht ausgehen. Ähnlich der Wertung im Rücktrittsrecht wird der primäre Schutz für den redlichen Besitzer aufgehoben (s § 346). Folglich muss selbst bei Zustellung einer zunächst unzulässigen und später den Herausgabeanspruch durch Heilung des Zulässigkeitsmangels begründenden Klage von der Möglichkeit der Herausgabeverpflichtung ausgegangen werden. Deshalb sind alle Anstrengungen zu unternehmen, Nutzungen im Interesse des Eigentümers zu ziehen. Eine erweiterte Haftung für Schäden durch Verschulden des Besitzers nach Rechtshängigkeit (Verschlechterung, Untergang, Nichtherausgabemöglichkeit) enthält § 989.
I. Nutzungen/Schuldhafte Nichtnutzung.
Rn 3
Da sich § 987 I und II ausschl mit den Folgen des EBV befasst, können unter Nutzungen gem § 100 (Legaldefinition) auch nur Sachnutzungen gem § 99 I und III sowie Vorteile aus dem Sachgebrauch gem § 100 verstanden werden. Bsp: Feldfrüchte, Miete, Pacht, ersparte Aufwendungen beim Kfz-Gebrauch, Zinsen (BGH NJW-RR 07, 557 [BGH 01.02.2007 - IX ZR 96/04]) etc. Ird Absatz II hat der Besitzer auch Nutzungen zu ersetzen, die nach den Regeln einer ordnungsgemäßen Wirtschaft hätten gezogen werden können, aber schuldhaft nicht gezogen wurden. Dies gilt jedoch nur, sofern es nicht erkennbar am Rücknahmewillen des Eigentümers fehlt (BGH, NJW 17, 2997 [BGH 12.07.2017 - VIII ZR 214/16]).
Rn 4
Der Besitzer handelt schuldhaft, wenn das Besitzrecht objektiv eine Nutzung ermöglichen würde, er aber dennoch seine Pflicht zur Bewirtschaftung – zB zur Vermietung einer Eigentumswohnung (BGH NJW 02, 1052) – nicht erfüllt. Sofern der Eigentümer das Unterbleiben einer Nutzung fördert, kommt eine Mithaftung nach § 254 in Betracht. Die allgemeinen schuldrechtlichen Regeln sind iRd §§ 987 ff anwendbar. Eine Sonderregelung besteht insoweit nicht. Zudem ist nicht nachvollziehbar, aus welchen Gründen der Eigentümer nur deshalb bessergestellt sein soll, weil hier kein echter Schadensersatzanspruch vorliegt (aA MüKo/Raff § 987 Rz 34). Insb bei Untervermietung stellen sich häufig Nutzungsersatzfragen im Zusammenhang mit Insolvenzverfahren (s LG Stuttgart NJW-RR 90, 654).
II. Herausgabe.
Rn 5
Erweiternd ggü dem Begriff der Herausgabe gem § 985 umfasst § 987 I auch Wertersatz, wenn Nutzungen zwar noch beim Besitzer vorhanden, aber nicht mehr unterscheidbar (für unterscheidbare Nutzungen vgl §§ 955, 957) sind. Ebenso gilt dies beim Sachgebrauch durch Eigennutzung (RGZ 93, 281), wobei hier § 102 (Gewinnungskosten) die Saldierung ermöglicht. § 818 III findet keine Anwendung, sofern dem Besitzer auch kein Wert verbleibt, da § 987 I – im Unterschied zu § 988 – keine Verweisung auf die §§ 812 ff kennt. Mehr noch: Aus § 987 II, aber auch § 989, folgt, dass beim Wegfall des Wertes nur dann eine Haftung des Besitzers besteht, wenn er schuldhaft, §§ 276, 278, den Wegfall des Wertes zu vertreten hat. Befindet sich der Besitzer allerdings schon im Verzug gem § 990 II, dann besteht die volle Wertersatzhaftung auch bei Wegfall des Wertes. Ob Verschulden vorliegt, ist im Einzelfall zu prüfen. Der Vortrag, von der Rechtshängigkeit keine Kenntnis gehabt zu haben, genügt nicht. Denn diese wesentliche Zäsur bei der Verfolgung von Ansprüchen (ua Beginn der Prozesszinspflicht, § 291) darf auch iRd EBV nicht aufgeweicht werden: Der Wortlaut ist ebenso eindeutig (›Rechtshängigkeit‹) wie auch die Praxis ›Zustellungsbevollmächtigte‹ kennt, deren Kenntnis sich der Besitzer zurechnen lassen muss (aA Grüneberg/Herrler § 987 Rz 5).
III. Auskunftsanspruch des Eigentümers.
Rn 6
Der in § 987 normierte Anspruch läuft im Regelfall ins Leere, wenn der Besitzer nicht verpflichtet werden kann, Auskunft über die gezogenen Nutzungen bzw den erlangten Wert zu geben. Hier hilft die Rspr – über den Wortlaut hinaus – mit der Anwendung des § 260 (BGHZ 27, 204), sofern der Nutzungswert bzw Wertersatz nicht geschätzt werden kann, § 287 ZPO (BGHZ 32, 97).