Rn 1
Eine weitere Schutzbestimmung des redlichen Besitzers stellt § 989 dar, wenn der Besitzer kein Recht zum Besitz (mehr) hat. Allerdings entsteht dem Eigentümer ein einforderbarer Anspruch auf Schadensersatz (§§ 249 ff) nur, soweit der nichtberechtigte Besitzer die Verschlechterung der Sache, deren Untergang oder Nichtherausgabe schuldhaft zu vertreten hat und Rechtshängigkeit eingetreten ist. Der unredliche oder deliktische Besitzer haftet strenger gem §§ 990, 992 (s dort), weil er schon aufgrund seines Verschuldensgrades im Vergleich zum redlichen Besitzer nicht so schutzwürdig ist.
I. Verschlechterung der Sache.
Rn 2
Das BGB gibt keine Legaldefinition des Begriffes Verschlechterung, obwohl es ihn häufig verwendet (vgl §§ 292, 347, 602, 606, 644 I, 645, 848, 1050, 1057, 1133, 1135, 1226, 2132). Dem Wortstamm ›schlecht‹ ist dabei an sich noch keine Aussage zu entnehmen: Ob etwas als schlecht oder gut zu bezeichnen ist, verbleibt einer subjektiven Betrachtung und ist oftmals von Begleitumständen abhängig. Entscheidend ist demnach die Veränderung einer Sache vom status quo zum Zeitpunkt der Rechtshängigkeit in Richtung eines anderen, nach der Verkehrsanschauung objektiv betrachteten, geringeren (Wert-)Zustandes, der insoweit Nachteile für den Eigentümer mit sich bringt. Zu den häufigsten Gründen für eine Verschlechterung zählen Nichteinhaltung von Wartungsintervallen, unterlassene Reparaturen mit einhergehender Substanzbeeinträchtigung oder auch die bloße Beschädigung durch (weiteren) Gebrauch. Zur Problematik der Rückabwicklung einer ZV: Celle Urt v 9.8.06 – 3 U 92/06.
Rn 3
Eine Definition kann wie folgt gegeben werden: Eine Sache wird verschlechtert, wenn der Besitzer durch Tun oder Unterlassen deren Zustand ggü dem Zustand zum Zeitpunkt des Eintritts der Rechtshängigkeit so verändert, dass sich der objektive Verkehrswert ggü dem Wert vor dem Eintritt der Rechtshängigkeit vermindert. Dies gilt auch bei der Belastung des Eigentums mit einem Recht (MüKo/Raff § 989 Rz 5).
II. Untergang der Sache.
Rn 4
Der Untergang einer Sache wird im BGB ebenfalls an mehreren Stellen geregelt (vgl §§ 292, 644, 645, 848, 2023, 2375). Zunächst bedeutet dies entweder eine tatsächliche oder wirtschaftliche Zerstörung der Sache, so dass eine Wiederherstellung – etwa durch Reparatur – nicht mehr möglich oder sinnvoll ist. Über den Wortlaut hinaus kann eine Sache jedoch auch durch Verbrauch sowie Verbindung, Verarbeitung und Vermischung gem §§ 946 ff untergehen. Dabei wird insoweit das Eigentumsrecht geändert (Miteigentum, § 947 I) oder gänzlich entzogen. Das ursprünglich eigenständige Rechtsobjekt kommt in Wegfall und ordnet sich einem anderen Rechtsinhaber zu. Es geht mithin bei seinem früheren Eigentümer unter.
III. Unvermögen bzw Unmöglichkeit zur Herausgabe aus anderen Gründen.
Rn 5
Die letzte Alternative des § 989 (Schadensersatz auch dann geschuldet, wenn der Besitzer aus einem anderen Grunde als dem Untergang der Sache diese nicht mehr herausgeben kann) ist aufgrund ihrer weiten Formulierung als Auffangregelung zu verstehen. Dabei werden insb alle Formen des Besitzverlustes, die zum Unvermögen nach § 275 I (in Ausnahmefällen sogar zur objektiven Unmöglichkeit) führen, umfasst: Die Sache selbst ist weiterhin vorhanden, jedoch nicht mehr im Besitz des Anspruchsgegners. Ein Herausgabeanspruch gem § 985 kann somit nicht unmittelbar gegen den – bisherigen – Besitzer durchgesetzt werden, sondern muss über den Weg der Rechtskrafterstreckung gegen den neuen Besitzer vollstreckt werden, §§ 325, 727 ZPO. Allerdings wird man hier einen längeren Zeitraum des ›Nicht-Mehr-Besitzens‹ fordern müssen, so dass eine nur kurzzeitige Unmöglichkeit der Herausgabe – etwa bei Einschluss der Sache in ein Gebäude oder Behältnis – keine Unmöglichkeit der Herausgabe begründet.