Gesetzestext
(1) 1Der Besitzer kann für die auf die Sache gemachten notwendigen Verwendungen von dem Eigentümer Ersatz verlangen. 2Die gewöhnlichen Erhaltungskosten sind ihm jedoch für die Zeit, für welche ihm die Nutzungen verbleiben, nicht zu ersetzen.
(2) Macht der Besitzer nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit oder nach dem Beginn der im § 990 bestimmten Haftung notwendige Verwendungen, so bestimmt sich die Ersatzpflicht des Eigentümers nach den Vorschriften über die Geschäftsführung ohne Auftrag.
A. Regelungsinhalt.
Rn 1
§ 994 regelt Ersatzansprüche von notwendigen Verwendungen für die Zeit des gutgläubigen, nicht berechtigten Besitzes (I). Dies gilt ebenso für die Zeit ab Rechtshängigkeit bzw Kenntnis. Der Kenntnis ist gem § 990 iVm § 932 II die grob fahrlässige Unkenntnis gleichgesetzt (II). Während der Besitzer nach I Ersatz für notwendige Verwendungen verlangen kann, eingeschränkt durch I 2 (keine Erhaltungskosten für die Zeit des Nutzungsverbleibs), wird der bösgläubige Besitzer gem §§ 677 ff beschränkt.
B. Notwendige Verwendungen.
Rn 2
Das Gesetz unterscheidet zwischen notwendigen und (nur) nützlichen Verwendungen, §§ 994, 996. Zur Definition: BGHZ 131, 220. Notwendig ist eine Verwendung – dh Erbringung einer vermögenswerten (auch: Arbeits-)Leistung durch den Besitzer zur Wartung, Erhaltung, Sanierung, Reparatur, Wiederherstellung oder Verbesserung/Verschönerung iS eines objektiv erkennbaren und bezifferbaren Werterhalts der Sache – dann, wenn sie dem Zweck der Erhaltung der Sache dient (MüKo/Raff § 994 Rz 32 ff mwN). Damit sind auch grundlegende Veränderungen wie die Bebauung eines Grundstücks miterfasst (aA BGH NJW 1953, 1466f [BGH 10.07.1953 - V ZR 22/52]). Es kommt nicht auf den subjektiven Willen des Eigentümers an, so dass dadurch die Privilegierung des gutgläubigen Besitzers, der gem Abs 1 Anspruchsinhaber ist, umgesetzt wird. Der verklagte oder bösgläubige Besitzer nach Abs 2 kann hingegen nur Ersatz verlangen, wenn die notwendigen Verwendungen dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des Eigentümers entsprechen, §§ 677 ff.
C. Gewöhnliche Erhaltungskosten.
Rn 3
I 2 schränkt dies iRd grds unbeschränkt bestehenden Ersatzanspruchs des gutgläubigen Besitzers ein: Solange ihm die Nutzungen verbleiben – er also nicht gem § 987 ff ersatzpflichtig wird – soll er auch die gewöhnlichen Erhaltungskosten (vgl auch § 103 [Lasten]) tragen. Gewöhnlich sind Kosten, die nach dem regelmäßigen Verlauf der Benutzung einer Sache anfallen, zB beim PKW die Versicherung. Außerdem normale durch Verschleiß aufzubringende Reparatur- bzw Abnutzungskosten (zB neue Autoreifen), sowie Fütterungskosten. In jedem Einzelfall ist die Prüfung vorzunehmen, ob es sich noch um gewöhnliche Erhaltungskosten oder um außergewöhnliche Aufwendungen handelt, mit denen bei objektiver Beurteilung iR eines bestimmungsgemäßen Gebrauchs der Sache jedenfalls nicht regelmäßig zu rechnen ist. Abzugrenzen davon sind betriebsbedingte Aufwendungen (etwa Benzin): Diese dienen allein dem Betrieb der Sache, nicht der Erhaltung (MüKo/Raff § 994 Rz 52 ff).
D. Berechnung des Ersatzes.
Rn 4
Grds steht dem Besitzer ein Anspruch auf vollen Ersatz der notwendigen Verwendungen zu. Allerdings ist die Berechnung der Höhe des Ersatzes nur in den Fällen unproblematisch durchzuführen, in denen zB über Rechnungsbelege Dritter der Nachweis der Verwendungsauslagen geführt werden kann. Geht es um zB die eigene Arbeitskraft, so kommt in entspr Anwendung des § 632 die übliche Vergütung für eine vergleichbare Leistung in Betracht. Im Streitfall hat das Gericht mit Hilfe eines Sachverständigen dies zu ermitteln. Eine Ersatzanspruchsbeschränkung der Höhe nach ist in dem Wert zu sehen, der sich zum Zeitpunkt der Herausgabe der Sache noch in dieser manifestiert hat: Hat der Besitzer ein Mehr ggü dem in der Sache realisierten und für den Eigentümer nützlichen Wert erbracht, so darf der Eigentümer, jedenfalls solange er dieses ›Mehr‹ nicht für sich nutzt, nicht zum Ersatz verpflichtet werden (Gedanke der aufgedrängten Bereicherung). Umgekehrt darf dem Besitzer daraus kein Profit erwachsen, dass ihn eine Verwendung auf die Sache weniger kostet, als sie den Wert der Sache erhöht.
E. Prozessuale Besonderheiten.
Rn 5
Die Ansprüche nach § 994 werden von §§ 1001, 1002 eingeschränkt: Grundvoraussetzung ist danach, dass der Eigentümer die Sache wieder in Besitz oder die Verwendungen genehmigt hat. Insb sind auch die sehr kurzen Verjährungsfristen des § 1002 zu beachten: 1 Monat bei beweglichen Sachen bzw 6 Monate bei Grundstücken, berechnet ab dem Zeitpunkt der Herausgabe. IRd Prüfung von Ansprüchen des Besitzers sind primär mögliche vertragliche Ansprüche zu untersuchen, da sich aus vor Eintritt der Vindikationslage entstandenen Vertragsverhältnissen, vorrangige Regelungen hinsichtlich Verwendungen ergeben können. Zum Ersatz bei Rücktritt: BGH NJW 02, 3478 [BGH 14.06.2002 - V ZR 79/01].