I. Äußere Einteilung und Systematik.
Rn 17
Das BGB ist in 5 Bücher eingeteilt. Zusammen mit dem EGBGB enthält es die nach ihrem Regelungsgehalt voneinander deutlich abgegrenzten Bereiche des Schuldrechts, des Sachenrechts, des Familienrechts und des Erbrechts sowie des Kollisionsrechts. Dagegen ist das 1. Buch des BGB (Allgemeiner Teil) ein besonderes Beispiel für abstrakt-generelle Tatbestände, die ›vor die Klammer‹ gezogen sind. Dieser Gesetzesstil wird auch innerhalb des 1. Buches sowie in den weiteren Büchern vielfältig verwendet. Dadurch enthält das 1. Buch des BGB die Grundstrukturen des gesamten Privatrechts und geht in seiner Bedeutung teilweise sogar darüber hinaus. Der Preis für diese Regelung ist ein hoher Abstraktionsgrad, der die Aufzählung konkreter Fallbeispiele idR vermeidet und sich durch abstrakt-generelle Tatbestände, durch Legaldefinitionen sowie durch Verweisungen und Generalklauseln auszeichnet. Die strikte juristische Fachsprache des BGB hat die Langlebigkeit und Flexibilität dieser Kodifikation erst ermöglicht, im krassen Gegensatz etwa zum Preußischen Allgemeinen Landrecht. Die Übernahme der von der Pandektistik entwickelten Systematik des Privatrechts sollte Rechtsklarheit und Rechtsvereinheitlichung herbeiführen, nicht dagegen vollkommen neues Recht schaffen.
II. Privatautonomie.
Rn 18
Auf der Basis einer bürgerlich-liberalen Grundhaltung und einem sehr individualistischen Menschenbild hat sich das BGB ganz selbstverständlich für die Privatautonomie als Grundprinzip der Privatrechtsordnung entschieden. Das BVerfG bezeichnet die Privatautonomie als ›Strukturelement einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung‹ (BVerfGE 81, 242, 254). Wesentliche Ausprägung dieser Entscheidung ist die Vertragsfreiheit (s.u. Vor § 145 Rn 12) in ihren Teilaspekten der Abschlussfreiheit, der Inhaltsfreiheit und der Formfreiheit (vgl auch die Eigentumsfreiheit, die Eheschließungsfreiheit sowie die Testierfreiheit). Diese allen Rechtssubjekten eingeräumte Befugnis, ihre privatrechtlichen Angelegenheiten selbständig und eigenverantwortlich sowie nach dem eigenen Willen zu gestalten, ist heute in Art 2 GG verankert. Zentrale Handlungsform dieser Rechtsgestaltung ist die Willenserklärung bzw der Vertrag. Dieses Instrumentarium sichert zugleich das entscheidende Steuerungsinstrument der Rechtssubjekte in einer Marktwirtschaft ab. Andererseits ist in der durch Verträge gestalteten Privatautonomie zugleich die Erwartung enthalten, dass die Vertragsfreiheit systemgerecht funktioniert und damit auch einen Ausgleich entgegengesetzter Interessen iSd Richtigkeitsgewähr des Vertrages zustande bringt (s.u. Rn 20). Damit ist das zentrale Problem des BGB angesprochen, das der Gesetzgeber im Laufe der vergangenen 100 Jahre und in jüngerer Zeit verstärkt durch Sondergesetze und gesetzliche Teilmaßnahmen absichern will. Typisch für diese Entwicklung ist die Entstehung und Ausbreitung eines eigenständigen Arbeitsrechts iRv Sondergesetzen (seit 1919), die Schaffung eines eigenständigen Kartellrechts (1957), die gesetzliche Regelung der Problematik der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (1976) sowie die umfangreichen Sonderregelungen im Mietrecht (Wohnraumbewirtschaftung nach 1945 sowie Schaffung eines sozialen Mietrechts). Trotz dieser vielfältigen Maßnahmen und der intensiven Verstärkung des Verbraucherschutzes in neuerer Zeit bleibt der Grundsatz der Privatautonomie von prägender Bedeutung. Wo er in Gefahr ist, seine grundlegende Bedeutung zu verlieren (vgl die Diskussion um das AGG v 14.8.06), muss der Gesetzgeber höchste Vorsicht walten lassen (Rittner JZ 11, 269).
III. Verantwortlichkeit.
Rn 19
Die im Privatrecht bestehende grds Handlungsfreiheit der Rechtssubjekte kann nicht schrankenlos gewährt sein. Sie muss vielmehr mit einer entspr Verantwortlichkeit allen Tuns einhergehen. Echte privatrechtliche Gestaltungsfreiheit ohne eigenverantwortliches Handeln ist nicht denkbar. Daher ist es ein weiteres selbstverständliches Grundprinzip des BGB, dass jedes Rechtssubjekt für die Folgen seines privatrechtlichen Handelns (sei es nach Vertrag oder G) verantwortlich ist. Typische Ausprägung dieser generellen Verantwortlichkeit ist die Bindung des Rechtssubjekts an abgegebene Willenserklärungen und geschlossene Verträge (pacta sunt servanda). Im Deliktsrecht ist die Verantwortlichkeit des Rechtssubjekts durch den Grundsatz geprägt, dass jedermann für die schuldhafte Verletzung der Rechtsgüter einstehen muss (§§ 823 ff). Im Falle eines Schadenseintritts ohne zurechenbares Handeln gilt dagegen der Satz ›casum sentit dominus‹. Dem widerspricht es nicht, dass der Gesetzgeber in besonders gelagerten Fällen auch Tatbestände der Gefährdungshaftung geschaffen hat (Tierhalter, Kfz-Halter, Produktgefahr, Arzneimittelhaftung). In allen diesen Fällen wird nämlich keine Zufallshaftung statuiert, sondern es wird eine Haftung für eine besondere Gefahrenquelle geschaffen, für die der Haftende die Verantwortung trägt.
IV. Sozial- und Verbraucherschutz.
Rn 20
Die dem BGB zu Grunde liegende Privatautonomie (s.o. Rn 18) kann nicht schrankenlos gewährt werden. Wo die Erwart...