Prof. Dr. Eckart Brödermann
Rn 6
IntGesR bestimmt das anwendbare nationale Gesellschaftsrecht für Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften (zu internationalprivatrechtlichen Aspekten von Personengesellschaften s Roth ZGR 14, 168), soweit sie mit eigener Organisationsstruktur nach außen hervortreten: zB KG, OHG und BGB-Außengesellschaften (Staud/Großfeld IntGesR Rz 777). Zu den Schwierigkeiten der materiell- und kollisionsrechtlichen Einordnung der neuartigen Erscheinungsform der sog Dezentralen Autonomen Organisation für die Nutzung von Blockchain-Technologie durch smart contracts vgl Aufderheide WM 22, 264. Für Gesellschaften ohne (bzw noch ohne) nach außen hervortretende Organisation ist das Vertragsstatut hingegen nach Art 3 ff ROM I bzw ex Art 27 ff EGBGB zu bestimmen (Staud/Magnus Art 4 ROM I Rz 568 ff bzw Staud/Magnus Art 37 EGBGB Rz 56). Dies gilt außerhalb des Ehegüterrechts (1) für BGB-Innengesellschaften (BGH NJW 09, 1482, 1482 f [BGH 10.02.2009 - VI ZR 28/08]; NZG 98, 500 [BGH 16.03.1998 - II ZR 323/96]; Staud/Großfeld IntGesR Rz 772; MüKoIPR/Kindler IntGesR Rz 290; Mankowski IPrax 21, 432, 439; zu Ehegatteninnengesellschaften Dörner ZEV 19, 309, 316; anzuknüpfen ist hier an die engste Verbindung iSv Art 4 IV ROM I mit dem Ort, an dem der gemeinsame Zweck hauptsächlich verfolgt wird); einschl (a) Kapitalgesellschaften in der Vorgründungsphase (s.u. Rn 10 unter I.1); (b) die Stille Gesellschaft iSv § 230 HGB (BGH NJW 04, 3706, 3708 [BGH 13.09.2004 - II ZR 276/02]; Spahlinger/Wegen/Spahlinger Rz 126; Blaurock in FS H.P. Westermann (08), 821, 827 ff); (2) für Gelegenheitsgesellschaften (Staud/Magnus Art 4 ROM I Rz 570 bzw Staud/Magnus Art 37 EGBGB Rz 56; diff MüKoIPR/Martiny (10) Art 37 Rz 51) und Kreditkonsortien (MüKo/IPR/Kindler IntGesR Rz 292 ff) sowie (3) für Ehegatteninnengesellschaften (BGH Urt v 10.6.15 – IV ZR 69/14, NZG 15, 1073; Wedemann IPRax 16, 252, Mayer IPRax 16, 353).
Rn 7
Bei Joint-Venture-Gesellschaften (Gemeinschaftsunternehmen) ist das Vertragsstatut für den vorbereitenden Grundlagenvertrag nach Art 3 ff ROM I bzw (für vor dem 17.12.09 gegründete Gemeinschaftsunternehmen, s Vor ex-Art 27–37 EGBGB Rn 1) ex Art 27 ff EGBGB zu ermitteln (Anhang zu Art 4 Rom I Rn 37; Staud/Magnus Art 4 ROM I Rz 575 ff bzw Staud/Magnus Art 28 EGBGB Rz 634; Münch-GesR/Drinhausen Bd 6 § 38 Rz 13 ff), iÜ ist aber das IntGesR anwendbar, wenn das Joint Venture zur Erreichung eines gemeinsamen Zwecks nach außen auftritt, zB durch eine eigene Struktur oder Teilnahme am Rechtsverkehr unter dem Namen des Joint Venture (s Staud/Großfeld IntGesR Rz 774 f; Spahlinger/Wegen/Spahlinger Rz 117; Göthel BB 14, 1475, 1478; diff mwN Staud/Magnus Art 28 EGBGB Rz 634). Zur Anknüpfung von Unternehmensverträgen nach §§ 291 ff AktG s Renner/Hesselbarth IPRax 14, 117.
Rn 8
Auf Grundstückgesellschaften ist nach Art 4 I lit c ROM I bzw (für vor dem 17.12.09 gegründete Grundstückgesellschaften, s Vor ex-Art 27–37 EGBGB Rn 1) ex Art 28 III EGBGB die lex rei sitae anzuwenden (Staud/Magnus Art 4 ROM I Rz 573 bzw Staud/Großfeld IntGesR Rz 772).
Rn 8a
Für das bisher nicht kodifizierte Stiftungskollisionsrecht ist auf die Grundsätze des IntGesR zurückzugreifen (BGH Urt v 8.9.16 – III ZR 7/15, NZG 16, 1187; dazu insgesamt Köhler, Das Kollisionsrecht der Stiftungen aus der Sicht des internationalen Privat- und Verwaltungsrechts (Diss 2011); Kindler NZG 16, 1335). Zu den Neuerungen im Stiftungsrecht ab 1.7.23 (§§ 80 ff BGB) s Hilser/Wagner/Wunderlich RIW 22, 796. Mit § 83a BGB enthält das deutsche Recht nunmehr auch ausdrücklich den im IntGesR bedeutsamen Begriff Verwaltungssitz.