Prof. Dr. Markus Gehrlein
Rn 32
a) Bis zur Verwertungsreife ist der Sicherungsgeber bei einer stillen Sicherungszession berechtigt (§§ 185 I, 362 II; BGH WM 14, 1009 Rz 18), die sicherungshalber abgetretene Forderung im eigenen Namen ggf unter vorheriger Ausübung eines Gestaltungsrechts im Rahmen der Sicherungszweckabrede (Pal/Grüneberg § 398 Rz 25), die idR auf den normalen Geschäftsbetrieb abstellt, auch per Lastschrift einzuziehen, dabei Leistung an sich zu verlangen, gerichtlich in gewillkürter Prozessstandschaft geltend zu machen u im Wege der Zwangsvollstreckung durchzusetzen (BGHZ 120, 387, 395; NJW 80, 2527, 2528; 89, 1932, 1933; 99, 2110, 2111; 01, 231; 02, 1568, 1569). Zur Abtretung ist der Sicherungsgeber nicht befugt. Mit der Einziehung erlischt die Forderung, auch bei Einziehung über ein Konto bei einer anderen Bank (BGHZ 206, 52 Rz 16 f; NJW 16, 1092 Rz 14). Ein Verzugsschaden bemisst sich nach der Person des Sicherungsgebers (BGHZ 128, 371, 378; WM 97, 2171, 2172).
Rn 33
Der Sicherungsgeber verliert seine Einziehungsbefugnis mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens zugunsten des Insolvenzverwalters (§ 166 II InsO), nicht bereits mit Stellung des Insolvenzantrags (BGHZ 144, 192, 198 f; WM 06, 1018, 1019) oder der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters (BGH WM 10, 662 Rz 20 ff). Auch der Widerruf der Einziehungsermächtigung, den der Sicherungsnehmer in Wahrnehmung berechtigter Belange aussprechen darf (BuB/Huber Rz 4/595p), beendet das Einziehungsrecht des Sicherungsgebers. Erfolgt der Widerruf ohne einen berechtigten Grund, ist er zwar wirksam (BGHZ 82, 283, 290f), verstößt aber gg die Sicherungsabrede u verpflichtet den Sicherungsnehmer ebenso wie eine vorzeitige Offenlegung zum Schadensersatz (BGH NJW 94, 2754f [BGH 14.06.1994 - XI ZR 210/93]).
Rn 34
Bei einer offenen oder offengelegten Sicherungszession muss der Sicherungsgeber Leistung an den Zessionar verlangen (BGHZ 32, 67, 71; 96, 151, 155; NJW 81, 678, 679; 89, 1932, 1933; 90, 1117; 95, 3186; 99, 2110, 2111), sofern er nicht zusätzlich zur Einziehung ermächtigt ist. Zur Factoringzession ist der Sicherungsgeber nicht befugt (BGHZ 75, 391, 397; 82, 283, 288f).
Rn 35
b) Nach Verwertungsreife, dh nicht bereits mit Fälligkeit, sondern bei Verzug des Sicherungsgebers mit der Erfüllung der gesicherten Forderung (str RGZ 142, 139, 141; BGHZ 108, 98, 106 (naheliegend); BFH NVwZ 84, 468, 469; MüKo/Roth § 398 Rz 108; aA wohl BGH NJW-RR 95, 1369; L/B/S/Haertlein 27. Kap Rz 2), darf der Sicherungsnehmer die Sicherungsabtretung offen legen u die Forderung einziehen bzw anderweitig verwerten. Die Verwertung muss analog §§ 1234, 1273 II grds unter Fristsetzung zuvor angedroht werden (BuB/Huber Rz 4/600d). Er kann dabei im Wege der Drittschadensliquidation auch einen Verzugsschaden des Zedenten liquidieren (BGHZ 128, 371, 378; NJW 06, 1662), einen eigenen Verzugsschaden nur in Höhe eines hypothetischen Schadens des Zedenten (Erman/Westermann § 398 Rz 36). Soweit der eingezogene Betrag die gesicherte Forderung übersteigt, hat er den Übererlös an den Sicherungsgeber herauszugeben (BGHZ 128, 371, 374; NJW 02, 2316, 2317; Celle WM 10, 1976, 1977).
Rn 36
c) Umsatzsteuer. Der einziehende Zessionar haftet dem Finanzamt gem § 13c I 1 UStG auch bei einer stillen Zession (BFH 244, 70, unter II.1.; WM 16, 1072 Rz 20) in Höhe der Umsatzsteuer, die im eingezogenen Betrag enthalten ist, falls der Zedent sie nicht entrichtet hat (dazu BuB/Huber Rz 4/601d ff; Ganter WM 06, 1081, 1086 f; Piekenbrock WM 07, 141 ff), es sei denn, die Forderung wurde vor dem 8.11.03 abgetreten (BFH WM 10, 38 Rz 13 ff).